Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Engel aus der Leitstelle als Lebensretter
Oliver Lufts telefonische Anweisungen halfen, als Damian Walosczyk einen Herzinfarkt erlitt
- Die integrierte Rettungsleitstelle im DRK-Zentrum in Biberach ist nicht nur dafür zuständig, um bei eingehenden Notrufen sofort die Rettungskräfte loszuschicken. Seit mehr als einem Jahr sind die Disponenten in der Leitstelle auch darin geschult, die Anrufer anzuleiten, wie sie selbst Soforthilfe leisten, bis der Rettungswagen eintrifft. Damian Walosczyk aus Biberach hat dies im vergangenen Herbst das Leben gerettet.
Es ist Montag, der 24. Oktober, am frühen Nachmittag: Damian Walosczyk, der in Biberach als katholischer Diakon tätig ist, hat seinen freien Tag. Während er in der Garage sein Motorrad winterfest macht, kocht seine Frau Ilona oben in der Wohnung das Mittagessen.
Nach dem Essen klagt der 62-Jährige über Schmerzen im Oberbauch. „Ich dachte erst, es sei die Bauchspeicheldrüse, weil ich da vor Jahren mal eine Entzündug hatte“, sagt Damian Walosczyk. Seine Frau will den Arzt anrufen, aber er winkt ab: „Das geht wieder weg, habe ich gesagt und bin wieder runter in die Garage.“
Die Schmerzen allerdings werden schlimmer. Damian Walosczyk geht wieder in die Wohnung und wählt die Notrufnummer. In der Biberacher Rettungsleitstelle nimmt Disponent Oliver Luft den Anruf entgegen. „Ich habe mir schon gedacht, dass es etwas Ernstes ist. Männer rufen in solchen Situationen nicht sofort den Notruf an“, ist seine Erfahrung. Noch während er den Anruf entgegennimmt, alarmiert er im Hintergrund Notarzt und Rettungswagen.
Plötzlich bewusstlos
„Ich hatte gerade Personalien und Adresse aufgenommen, als es in der Leitung plötzlich rumpelte“, erzählt Luft. Es ist der Moment, in dem Damian Walosczyk in seiner Wohnung bewusstlos zusammenbricht. Seine Frau Ilona sitzt ihm gegenüber und bekommt Panik. „Ich sah ihn auf dem Boden liegen, das Telefon neben ihm und wusste nicht, was ich machen sollte.“
Geistesgegenwärtig nimmt sie den Hörer. Am anderen Ende ist immer noch Oliver Luft, der die Lage instinktiv richtig einschätzt. An seinem Arbeitsplatz hat er ein Tablet aktiviert, das ihm Punkt für Punkt Anweisungen anzeigt, die er jetzt an Ilona Walosczyk weitergibt. Jede Sekunde ist jetzt kostbar, um Wiederbelebungsmaßnahmen einzuleiten.
„Kontrollieren Sie den Puls“, sagt Luft zu Ilona Walosczyk. „Ich war so aufgeregt, dass ich erst gar nicht wusste, was ich tun soll. Aber er hat mit einer beruhigenden Stimme immer wieder zu mir gesprochen und mir versichert, dass der Notarzt schon unterwegs ist“, sagt sie.
Als nächsten Schritt leitet Luft die Ehefrau an, eine Herzmassage zu machen. Er schildert ihr, wo am Oberkörper ihres Mannes sie drücken muss und in welchem Rhythmus – 100 mal pro Minute. Was Ilona Walosczyk wie eine halbe Ewigkeit vorkommt, sind in Wirklichkeit nur etwa fünf Minuten, dann stehen bereits die Rettungssanitäter vor der Haustür. Kurz darauf kommt auch der Notarzt. Sie setzen die Wiederbelebung fort.
Irgendwann schlägt Damian Walosczyks Herz wieder und er wird in die Klinik gebracht. Noch auf dem Weg dorthin wird er für eine Operation vorbereitet, bei der ihm mehrere Stents gesetzt werden. Denn die Schmerzen, die er spürte, bevor er bewusstlos wurde, hatten einen schweren Herzinfarkt angekündigt.
Wie ideal die Rettungskette in seinem Fall funktioniert hat, erfährt der 62-Jährige erst nach einigen Tagen, als er wieder bei Bewusstsein ist. „Jeder Siebte überlebt einen solchen Infarkt nicht und nur einer von 100 kommt ohne bleibende Schäden davon. Das haben mir Ärzte und Schwestern gesagt“, so Damian Walosczyk. Das Einzige, an was er sich nicht mehr erinnern kann, ist die Zeit direkt vor dem Infarkt.
Er ist dankbar dafür, wie gut in seinem Fall die Abläufe funktioniert haben. „Die einen sagen, es ist Schicksal, andere sagen mir, ich hätte Glück gehabt. Ich sage mir, Gott hat viele Engel. In diesem Fall waren es meine Frau und Herr Luft.“