Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Tempo 130 auf A 81 soll Raser ausbremsen
Landesregierung erarbeitet rechtliche Grundlage für Geschwindigkeitsbegrenzungen
- Auf der Autobahn 81 zwischen Singen und Stuttgart wird es bald Tempolimits geben. Darauf hat sich die grün-schwarze Landesregierung nach Informationen der „Schwäbischen Zeitung“in einer Verhandlungsrunde am Mittwoch in Stuttgart verständigt. Am Gespräch waren Verkehrspolitiker beider Fraktionen sowie Vertreter aus Verkehrsund Innenministerium beteiligt. Damit legt die Koalition zugleich einen Streit bei, der weit über die gemeinsame Regierungszeit zurückreicht.
Auf einem Teilstück der A 81 soll künftig Tempo 130 gelten. Die Grünen hatten hierfür die gesamte, etwa 30 Kilometer lange Strecke zwischen dem Kreuz Hegau und dem Dreieck Bad Dürrheim im Blick. Die CDU hat sich jedoch dagegen gewehrt. Der Beschluss sieht nun vor, dass Tempo 130 zwar in beiden Fahrtrichtungen bestehen soll, nicht aber auf der gesamten Strecke. Nach einem Jahr soll der Erfolg der Tempolimits evaluiert werden.
Grund für die Beschränkung sind vor allem die Autorennen, die auf diesem Teilstück gehäuft vorkommen – und die Gefahr für alle anderen Verkehrsteilnehmer, die von diesen Rennen ausgeht. Nicht selten sollen daran Autos mit Schweizer Nummernschildern beteiligt sein. Die Polizei hat auf dem Streckenabschnitt der A 81 zwischen Sommer 2014 und Winter 2015 insgesamt 26 Autorennen gezählt. Die Dunkelziffer schätzen die Behörden deutlich höher ein.
Instrument für Sanktionen
Die Rennen laufen meist so ab: Zwei Autos fahren nebeneinander und sperren damit den folgenden Verkehr, um zwei anderen Autos vor ihnen ein freies Rennen zu ermöglichen. Bisher können nur die beiden hinteren Autofahrer wegen Nötigung belangt werden. „Aber die vorderen beiden Fahrzeuge kann man eigentlich ohne Geschwindigkeitsbeschränkung nicht sanktionieren“, erklärt Hermino Katzenstein, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion. Tempo 130 gebe der Polizei ein Instrument an die Hand, um die Raser sanktionieren zu können. „Ich habe den Eindruck, dass wir nun einen erfreulichen Schritt weitergekommen sind“, so Katzenstein am Mittwoch.
Das Ringen um Tempolimits reicht weit zurück. Noch zu Zeiten der grün-roten Landesregierung war ein Modellversuch mit Tempo 120 angedacht – wie auch auf einem Allgäuer Teilstück der A 96 (siehe Kasten). Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) wehrte sich allerdings gegen das Ansinnen.
Der Streit darüber, wer ein Tempolimit anordnen darf, endete einige Monate vor der Landtagswahl. Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) kündigte den Start des Versuchs für Mai 2016 an. Unterstützt wurde er dabei unter anderem von Bürgermeistern und Bürgerinitiativen gegen Verkehrslärm. Eine Mehrheit der CDU im Landtag hatte den Modellversuch hingegen vehement bekämpft. Die Befürchtung der Kritiker: Der Modellversuch könnte den Grünen als erster Schritt hin zu generellen Tempolimits auf Autobahnen im Land dienen. Nach der Landtagswahl und dem Einstieg der CDU in die Landesregierung hat sich Hermann von dem Projekt verabschiedet. Das Verkehrsministerium berief sich auf ein vom Land selbst in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten, das die rechtliche Grundlage des Pilotversuchs infrage stellte.
Strecken sollen kurz sein
Die Ministerien für Verkehr und Inneres sollen nun die rechtliche Grundlage für die Tempolimits erarbeiten. Und zwar „schnellstmöglich“, wie ein Sprecher des Verkehrsministeriums sagt. „Wir müssen etwas machen, wenn wir wissen, dass hier ein Risiko besteht.“Darauf pocht auch die stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Nicole Razavi. Aufgrund der Gefahrenlage sei ein Handeln der Verwaltung nötig. „Wenn wir schon nicht umhinkommen, dass wir wegen der Raser Tempolimits brauchen“, sagt sie, „dann ist für uns ganz wichtig, dass die Strecken möglichst kurz sind.“Genau das sollen die Ministerien gemeinsam mit der Polizei nun erarbeiten.