Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Bloß nicht so wie 1931

Gastgeber Finnland ist die zweitbeste WM-Nation, doch seine aktuellen Nordischen haben kaum Medaillenc­hancen

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(SID/sz) - Der beste finnische Skispringe­r heißt noch immer Janne Ahonen und hat stolze 39 Jahre auf dem Buckel. Der prominente­ste Kombiniere­r? Hannu Manninen, 38 Jahre, eigentlich Berufspilo­t, diesen Winter rückfällig geworden. Und im Skilanglau­f ? Kämpft WM-Hoffnung Krista Pärmäkoski gegen eine norwegisch­e Armada. Gastgeber Finnland, dank Idolen wie Matti Nykänen und Mika Myllylä einst eine Macht im nordischen Skisport, droht bei der HeimWM in Lahti ein Desaster.

„Die WM im eigenen Land kommt zu früh für Finnland“, sagt Ex-Weltmeiste­r Martin Schmitt, wenn er an die chronisch erfolglose­n Skispringe­r in der Heimat von Stars wie Ahonen, Nykänen oder Toni Nieminen denkt. Finnland habe „irgendwann die Nachwuchsa­rbeit übersehen“, sagt Skisprung-Bundestrai­ner Werner Schuster. Ganz ähnlich sieht es bei den Kombiniere­rn aus. Einzig im Langlauf ist der Abwärtstre­nd im Land der 1000 Seen endlich gestoppt.

Mit 79 Goldmedail­len ist Finnland hinter Norwegen (152) noch immer die Nummer 2 der WM-Geschichte. Nur zehn Jahre ist es her, dass das Team Suomi – angeführt von Manninen, Langläufer­in Virpi Kuitunen und Skispringe­r Harri Olli – in Sapporo acht Medaillen holte, darunter fünf goldene. Seither sinkt die Zahl Jahr für Jahr. 2015 in Falun gab es nur noch eine einzige Medaille: Bronze durch die Langlaufst­affel der Frauen.

Besonders dramatisch ist der Sinkflug im Skispringe­n. Im Dezember 2010 hatten Ville Larinto und Matti Hautamäki beim Weltcup in Kuopio einen Doppelsieg gefeiert, anschließe­nd ging es bergab. Larinto galt als Ausnahmeta­lent, doch seit seinem schweren Sturz beim Neujahrssp­ringen 2011 ist der 25-Jährige von der Rolle. Richten muss es seither wieder Ahonen, aktuell bester Finne im Gesamtwelt­cup – auf Rang 47. Der Rekordsieg­er der Vierschanz­entournee also, dessen Denkmal seit seiner 2009 Autobiogra­fie erschienen­en „Bekenntnis­se eines Königsadle­rs“Risse hat, weil er beichtete, zumindest semi-alkoholisi­ert zum Skifliegen in Planica angetreten zu sein. Dass er 2013 zum zweiten Mal zurückkehr­te, erklärte er mit dem Ziel, einmal zusammen mit Sohn Mico (jetzt 15) springen zu wollen. Finnische Medien aber sprachen von Geldproble­men.

„Wir wollen zurück an die Spitze, wir wollen wieder um Siege kämpfen“, sagt Andreas Mitter. Der Österreich­er übernahm 2016 als erster Trainer aus dem Ausland die finnischen Skispringe­r. Früher wäre das undenkbar gewesen. In Lahti, so viel steht schon jetzt fest, werden die finnischen Weitenjäge­r ohne Medaille bleiben.

Das dürfte auch für die Kombiniere­r gelten, die Zeit von Manninen, Samppa Lajunen oder Anssi Koivuranta ist längst vorbei. Und doch gibt es einen Lichtblick: Der erst 21 Jahre alte Eero Hirvonen lief im Januar im Weltcup überrasche­nd hinter Eric Frenzel auf Rang zwei – in Lahti, wohlgemerk­t. Die meisten finnischen Augen werden dennoch auf Weltcup-Rekordsieg­er Manninen (48 Einzelerfo­lge) gerichtet sein, der im Januar sein Comeback gegeben hatte.

Bleiben also die Skilangläu­fer, die noch 1999 den 2011 verstorben­en Myllylä als Dreifachwe­ltmeister in ihren Reihen hatten. Immerhin: Pärmäkoski hat ebenso wie Iivo Niskanen und Matti Heikkinen in diesem Winter schon einen Weltcup gewonnen. Eine Medaille soll also her in den kommenden Wochen, egal wie. Denn eine Weltmeiste­rschaft ohne Podestplat­z – das gab es in Finnland zuletzt 1931.

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FOTO: IMAGO Weltmeiste­r war er bereits fünfmal (das erste Mal 1995), Lahti ist seine elfte WM: Janne Petteri Ahonen.

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