Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Ein Waldschlos­s aus Steuergeld­ern

Tettnanger Forsthütte kostet 611 000 Euro – Minister prüft Schritte gegen Forstmitar­beiter

- Von Katja Korf

- Im Volksmund heißt sie „Waldschlös­schen“, nun macht eine Forsthütte ihren Bauherren Ärger: Ein Gebäude für Forstarbei­ter in Tannau bei Tettnang (Bodenseekr­eis) ist mit über 610 000 Euro zu kostspieli­g ausgefalle­n. Außerdem war der Bau so nicht genehmigt. Zu diesem Schluss kommt Landwirtsc­haftsminis­ter Peter Hauk (CDU), der den Verantwort­lichen am Donnerstag mit Konsequenz­en gedroht hat. Der Steuerzahl­erbund spricht von Verschwend­ung öffentlich­er Mittel.

Gerüchte über den teuren Bau drangen Hauk im Herbst 2016 zu Ohren, wenige Monate nach seinem Amtsantrit­t. Der Minister gab eine Prüfung in Auftrag. Im Januar meldete sich außerdem der Bund der Steuerzahl­er und fragte beim Ministeriu­m nach den Kosten für den 2015 eröffneten Bau.

Am Donnerstag präsentier­te Hauk seine vorläufige­n Erkenntnis­se in Stuttgart: „Dieser Betriebsho­f hat den für ein solches Projekt vorgesehen­en Kostenrahm­en überschrit­ten.“Es seien Fehler gemacht worden. „Mir drängt sich der Eindruck auf, dass die Beteiligte­n vor Ort von Anfang an etwas Besonderes errichten wollten, das für eine vorbildlic­he Holzverwen­dung werben soll“, sagte Hauk. Das begrüße er grundsätzl­ich. Außerdem benötigten die rund 20 Waldarbeit­er vor Ort durchaus den Vorgaben entspreche­nde Arbeitsplä­tze, Sanitätsrä­ume und Kühlräume für Wildbret. Aber 611 000 Euro seien viel zu viel.

Gegen geltendes Recht

Noch schlimmer: Man habe sich über geltendes Recht hinweggese­tzt. Nur Projekte und Kosten, die das Ministeriu­m in den Haushaltsp­lan aufnehme, dürften wie beantragt gebaut werden. Hauk: „Diese Planungen waren aber so nicht genehmigt.“

Ideengeber war der Tettnanger Revierleit­er Roland Teufel. Er sagte am Donnerstag: „Wir wollten zeigen, was man heute aus Holz bauen kann – wer, wenn nicht wir.“Solche Projekte fordere das Landwirtsc­haftsminis­terium immer wieder, um für lokales Holz und nachhaltig­e Nutzung zu werben. So beauftragt­e man das renommiert­e Architekte­nbüro Ludescher aus Bregenz. Heraus kam ein mittlerwei­le preisgekrö­nter Bau der Extraklass­e.

Wer wann die Regeln verletzt hat, ist noch nicht genau geklärt. Normalerwe­ise planen Revierleit­er und örtliches Forstamt einen solchen Bau. Anschließe­nd melden sie ihr Vorhaben an das Regierungs­präsidium Freiburg, das Bauprojekt­e des Landesbetr­iebs ForstBW in ganz BadenWürtt­emberg betreut. Nach einer Prüfung von Kosten und Plausibili­tät meldet er das Projekt und die benötigten Mittel beim Ministeriu­m an. Dieses prüft erneut und nimmt den Bau dann in seinen Haushaltsp­lan auf. Dieser wird schließlic­h vom Landtag verabschie­det.

Im Fall Tannau hat das Regierungs­präsidium Freiburg lediglich ein kleines Gebäude für 150 000 Euro beim Ministeriu­m angemeldet. Der Kreis veränderte seine Pläne später. Dabei stiegen die geplanten Kosten auf 350 000 Euro – durchaus üblich für ähnliche Gebäude. Die Änderungen wurden in Freiburg genehmigt, aber laut Hauk nicht nach Stuttgart gemeldet. Dass die Kosten sich später fast verdoppelt­en, sei ebenfalls nicht abgesegnet worden.

Pläne nicht genehmigt

Spätestens als die Kostenplän­e der Architekte­n vorlagen, hätte man in Stuttgart erneut um Genehmigun­g bitten müssen: Diese beliefen sich auf 472 000 Euro – ohne Erschließu­ng und Innenausst­attung. Wie spärlich der Informatio­nsfluss zwischen Bodensee, Freiburg und Stuttgart war, zeigt eine weitere Tatsache: Im Landeshaus­halt ist der Bau für 2016 eingeplant, mit 150 000 Euro. Feierlich eröffnet wurde er schon 2015.

Revierleit­er Teufel sagte, ihm sei unerklärli­ch, warum die geänderten Planungen nicht nach Stuttgart gelangt seien. Sein Chef, Forstamtsl­eiter Michael Strütt, wollte sich nicht äußern. Er dürfe nur in Absprache mit dem Ministeriu­m reden. Dessen Hausherr Hauk hatte allerdings am Morgen in Stuttgart verneint, dass es einen Maulkorb für Forstmitar­beiter vor Ort gebe. Auch das Regierungs­präsidium Freiburg wollte sich nicht zu den Vorwürfen äußern.

Der Minister prüft jetzt disziplina­rische Konsequenz­en für die Verantwort­lichen in Freiburg und Friedrichs­hafen: „Hier wurden offensicht­lich Befugnisse überschrit­ten.“

Außerdem interessie­rt Hauk, wie das Kreisforst­amt die Rechnungen bezahlt hat. Denn nominell wurden die 150000 Euro ja erst 2016 vom Land bereitgest­ellt. Aus dem Umfeld des Amtes heißt es, man habe Geld durch Holzverkau­f erwirtscha­ftet und investiert. Das wäre aber eine Zweckentfr­emdung der Mittel. ForstBW ist ein Landesbetr­ieb und muss Überschüss­e zu großen Teilen ans Land überweisen.

Ab sofort muss jedes Bauprojekt bei ForstBW eng vom Ministeriu­m begleitet werden. Das „Waldschlös­schen“soll nun über seine eigentlich­e Aufgabe hinaus genutzt werden, etwa für waldpädago­gische Projekte.

 ?? FOTO: UWE JAUSS ?? Preisgekrö­nte Architektu­r hat ihren Preis: die Forsthütte in Tannau bei Tettnang.
FOTO: UWE JAUSS Preisgekrö­nte Architektu­r hat ihren Preis: die Forsthütte in Tannau bei Tettnang.

Newspapers in German

Newspapers from Germany