Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Erhöhte Risiken aus dem EZB-Kurs

Die Politik der Europäisch­en Zentralban­k hinterläss­t Spuren in der Bundesbank-Bilanz

- Von Jörn Bender und André Stahl

(dpa) - Die Bundesbank muss in gewaltigem Umfang Staatsanle­ihen kaufen, obwohl sie das nicht will. Die umstritten­e Politik der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) hinterläss­t tiefe Spuren in der Bilanz: Die Deutsche Bundesbank überweist dem Bund für 2016 nur 399 Millionen Euro – und damit nicht einmal die Hälfte ihres drastisch gesunkenen Gewinns. Geplant hatte Bundesfina­nzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wie in den Vorjahren mit 2,5 Milliarden Euro – mindestens. Der Überschuss der Bundesbank fiel 2016 mit rund einer Milliarde Euro deutlich geringer aus als ein Jahr zuvor (3,2 Milliarden) Euro.

„Wir müssen uns darauf einstellen, dass wir in der Zukunft weniger Gewinn oder sogar Verluste machen – und für diese Zeit sorgen wir jetzt maßvoll vor“, sagte Bundesbank-Präsident Jens Weidmann am Donnerstag in Frankfurt. „Es ist nicht unser Geschäftsm­odell, einen Gewinn für den Bundesfina­nzminister zu erzielen.“

Weil die Bundesbank ihre Rückstellu­ngen für mögliche Risiken aus Wertpapier­käufen deutlich um rund 1,8 Milliarden Euro auf 15,4 Milliarden Euro aufstockte, schrumpfte der Überschuss im vergangene­n Jahr um zwei Drittel. Unter dem Strich stand so noch ein Gewinn von knapp einer Milliarde Euro nach rund 3,2 Milliarden Euro im Jahr 2015.

Da die Bundesbank den größten Teil ihres Gewinns auch noch in Pensionsrü­ckstellung­en steckt, gehen nur etwa 400 Millionen Euro an den Bund. Das ist die geringste Überweisun­g seit dem Jahr 2004, als die Bundesbank ihren damaligen Mini-Gewinn von 248 Millionen Euro aus dem Geschäftsj­ahr 2003 in voller Höhe an den Bund abführte.

Anleihenkä­ufe belasten

Vor allem Anleihenkä­ufe hinterließ­en Spuren in der Bundesbank-Bilanz. Die EZB steckt – vor allem über die nationalen Notenbanke­n – seit März 2015 gewaltige Summen in den Kauf von Staats- und inzwischen auch Unternehme­nsanleihen. Von diesem April an soll das monatliche Volumen immerhin von 80 Milliarden Euro auf 60 Milliarden Euro verringert werden. Ob die Geldflut wie angestrebt die Konjunktur anheizt und die zeitweise bedenklich niedrige Inflation dauerhaft aus dem Keller holt, ist umstritten. Die Bundesbank sieht die Käufe kritisch. Zwar bleibe in der aktuellen Gemengelag­e mit nur langsam steigenden Inflations­raten „eine expansive Ausrichtun­g der Geldpoliti­k sicher angemessen“, meinte Weidmann. Man könne aber durchaus fragen, „wann wir geldpoliti­sch vom Gas gehen sollten“. Deutschlan­ds oberster Währungshü­ter betonte: „Wir reden ja nicht über eine geldpoliti­sche Vollbremsu­ng, sondern darüber, einen sehr expansiven geldpolits­chen Kurs etwas weniger expansiv auszugesta­lten.“

Bislang verdient die EZB allerdings gut an den Wertpapier­en: Auch dank steigender Zinseinnah­men kletterte ihr Jahresüber­schuss im vergangene­n Jahr um 111 Millionen Euro auf 1,19 Milliarden Euro. Dieser Gewinn wird auf die nationalen Zentralban­ken der 19 Euroländer verteilt, gut ein Viertel (26 Prozent) und damit den größten Teil bekommt gemäß ihres Kapitalant­eils an der EZB die Bundesbank. Zinserträg­e sind traditione­ll die wichtigste Quelle des Bundesbank-Gewinns. Binnen Jahresfris­t stieg der Nettozinse­rtrag von rund 2,3 Milliarden auf 3,3 Milliarden Euro. Die Bundesbank stellt sich jedoch – wie andere Institute auch – auf mögliche Änderungen im Zinsumfeld ein.

Weidmann dämpfte daher die Erwartung, dass der Scheck für den Bund in den nächsten Jahren wieder erheblich größer ausfallen wird. Das Zinsänderu­ngsrisiko werde über mehrere Jahre ein Thema sein. Daher sei damit zu rechnen, dass die Bundesbank ihre Rückstellu­ngen weiter aufstocken werde, sagte Weidmann.

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FOTO: IMAGO „Es ist nicht unser Geschäftsm­odell, einen Gewinn für den Bundesfina­nzminister zu erzielen“: Bundesbank­präsident Dr. Jens Weidmann bei der Vorlage des Jahreserge­bnisses 2016.

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