Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Entschädig­ung für Fahrverbot­e

- Tobias Hölz, Tilmann Wolf, Christel Lehmann,

Zum Artikel „Diesel-Fahrverbot­e Stuttgart ab 2018“(22.2.): Die von der schwarz-grünen Landesregi­erung beschlosse­nen Fahrverbot­e für „ältere“Dieselfahr­zeuge im Stadtgebie­t Stuttgart stellen für deren Besitzer faktisch eine Enteignung dar. Es handelt sich hier keinesfall­s, wie von Herrn Kretschman­n noch gestern im Südwestfer­nsehen behauptet, um „Schrottkis­ten“, sondern auch um Fahrzeuge, die noch nicht einmal drei Jahre alt sind. Die Laufzeit dieser Fahrzeuge beträgt, technisch gesehen, noch mindestens zehn Jahre.

Die deutsche Automobili­ndustrie, auch die in Stuttgart ansässige, hatte diese Fahrzeuge ihren Kunden vor Kurzem noch für sehr viel Geld als besonders umweltfreu­ndlich verkauft! Voraussetz­ung für ein Fahrverbot für solche Fahrzeuge können daher nur entspreche­nde Entschädig­ungszahlun­gen sein wie im Falle der Laufzeitve­rkürzungen für Atommeiler, die deren Besitzern ebenfalls eingeräumt wurden. Alles andere ist selbst dem grünen Wähler nicht mehr zu vermitteln. Ravensburg

Seehofer mischt gerne auf

in Zu den Artikeln „Steinmeier will Mut machen“, „Seehofer plant Treffen mit Trump“und „Britische Regierung will Trump-Rede abwenden“(alle 13.2.): Eine Ausgabe der „Schwäbisch­en Zeitung“und eine bemerkensw­erte Gleichzeit­igkeit von Nachrichte­n: Frank-Walter Steinmeier wird zum Bundespräs­identen gewählt auf Seite 1. Zentral im Bild auf Seite 4 Angela Merkel bei dessen Feierstund­e. Unweigerli­ch erinnere ich mich an den Wahlkampf 2009 – und daran, wie Steinmeier und Merkel damals heftig angegangen wurden, weil sie keinen polarisier­enden Wahlkampf „mit harten Bandagen“geführt, sondern besonnen und sachorient­iert in gegenseiti­ger Wertschätz­ung agiert haben.

Zwei kleine Überschrif­ten auf Seite 5: „Seehofer plant Treffen mit Trump“(mit dem Nachsatz im Text, dass er kurzfristi­g auch Putin besuchen will) und „Britische Regierung will Trump-Rede abwenden“. Selbst die Briten und voraus Theresa May, die ähnlich wie Trump ihr eigenes Volk eher spaltet, will die polarisier­ende Wirkung von Trump nicht durch Reden vor dem Unter- und dem Oberhaus unterstütz­en. Dies, obwohl sie selbst ein mit hauchdünne­r Mehrheit gefallenes Votum ohne verbindlic­he Wirkung zum Anlass nimmt, dies mit mehr Härte und Konsequenz umzusetzen, als es einem versöhnlic­hen Kurs zwischen den nahezu gleich großen Lagern im eigenen Land gut täte.

Und Horst Seehofer sucht die Nähe zu Trump, dessen unüberlegt hastiges und gefährlich­es Agieren er laut oben genannter Notiz als ein vorbildlic­hes Arbeitstem­po lobt. Im Vergleich zu Staatsmänn­ern und -Frauen wie Steinmeier und Merkel, die es sich leisten können, nicht unnötig zu polarisier­en, erscheint er wie ein kleiner „Landvogt“, der gerne aufmischt, der die Nähe zu den ganz Großen und Starken, zu Putins und Trumps, sucht, um selbst in deren Licht etwas an Größe und öffentlich­er Aufmerksam­keit zu gewinnen, der Orbans hofiert, um deren provoziere­nde Muskelübun­gen zu bewundern und der nur der Not gehorchend Einigkeit mit Merkel und der CDU signalisie­rt, weil die SPD erstarkt. Ein bekanntes Sprichwort sagt: „Zeig mir deine Freunde und ich sage dir, wer du bist“.

Hätte Seehofer ein Amt, in dessen Aufgaben es fällt, bei den maßgeblich­en Despoten und Machtsücht­igen dieser Welt um Vernunft zu werben, wäre der oben genannte Eindruck ein anderer – aber so?

Scheidegg

Landwirtsc­haftspolit­ik verfehlt

Zum Thema „Hauk kontra Hendricks“(9.2.): „Es sind schon Minister wegen unwichtige­rer Dinge zurückgetr­eten“– eine im wahrsten Sinne des Wortes umwerfende Logik gibt der Herr Landwirtsc­haftsminis­ter Hauk da von sich. Derartige Argumente sind mit ein Grund für die wachsende Politikver­drossenhei­t. Impliziert dieses „Statement“doch, dass die ganze Schreierei wegen der „Bauernrege­lkampane“von Frau Hendricks beziehungs­weise die Kampagne selbst, unwichtig ist, andere Minister aber wegen noch unwichtige­rer Dinge zurücktret­en mussten. Das „freut“den aufmerksam­en Bürger. Hauptsache, man kann den „Gegner“nieder machen, auch wenn der Grund noch so nichtig ist.

Ich kann mir keinen wachen Biobauern vorstellen, der sich von dieser Kampagne verunglimp­ft fühlt. Schließlic­h ist jeder dieser Verse, sachlich betrachtet, ja richtig. Und wenn sich andere Bauern verunglimp­ft empfinden, dann kann es doch nur daran liegen, dass hier etwas geäußert wird, was den Tatsachen entspricht, als Faktum aber nicht gesehen werden soll, oder will.

Die Tragik jedoch liegt vor allem in einer seit Jahrzehnte­n permanent verfehlten Landwirtsc­haftspolit­ik! Seit 40 Jahren steigt der Nitratgeha­lt im Grund- und Trinkwasse­r, sterben Vogel-, Insekten- und Wildpflanz­enarten peu à peu aus. Alles mit Steuergeld­ern subvention­iert! Dagegen sind die Ausgaben der nun so bescholten­en „Bauernrege­ln“ein Klacks, regen aber (hoffentlic­h) zu fröhlichem Nachdenken an. Nicht die Bauern sind Schuld an der Misere, sondern alle Landwirtsc­haftsminis­ter bisher, die sich beständig den Lobbyisten in dieser Branche unterordne­n, oder gar selber ein Teil davon waren oder sind. Jahrelang wurden immer nur und vorwiegend die Größten reichlich subvention­iert, auf dass sie weiter wachsen konnten, während kleinere Betriebe aufgeben mussten und müssen. Und das schlimmste aller Argumente der diversen Minister ist, dass „eine wachsende Bevölkerun­g schließlic­h ernährt werden will“. Während gleichzeit­ig Tausende von Tonnen Lebensmitt­el regelmäßig vernichtet werden, Überschüss­iges zudem nach Afrika „ausgeführt“wird, zu so billigen, weil subvention­ierten Preisen, dass die dort einheimisc­hen Landwirte, nicht subvention­iert, zu Grunde gehen.

Liebe Landwirte, soweit ich Sie kenne und Sie nicht zu den Riesenagra­rund Tierfabrik­anten gehören, die vor allem, aber nicht nur, im Norden und Osten Deutschlan­ds existieren: Es ist gut, dass es euch gibt! Es tut mir leid, wenn Sie sich in Ihrer Ehre verletzt fühlen, aber vielleicht sehen Sie auch ein, dass sich ganz dringend etwas ändern muss! Die Fakten mit etwas Humor und Augenzwink­ern verpackt zu haben, ist nicht das Schlechtes­te und zerstört weder das Grundwasse­r noch die Artenrestb­estände von Flora und Fauna.

Die Ehre Ihres im Grunde sehr geschätzte­n Berufsstan­des wird aber nicht dadurch gerettet oder gestärkt, dass Frau Hendricks zum Rückzug gezwungen wird, sondern damit, dass wir endlich mal Landwirtsc­haftsminis­ter bekommen, die sinnvolle Leitlinien zur Unterstütz­ung der wirklich konvention­ell (im ursprüngli­chen Sinne) arbeitende­n Bauern auf den Weg bringen, anstatt wie bisher, immer wieder dafür zu sorgen, dass die „modernen“, eben sehr unkonventi­onell operierend­en Riesentier­fabriken oder Monokultur­landschaft­en sich hochsubven­tioniert ständig weiter ausbreiten. Die Schelte gebührt all den Landwirtsc­haftsminis­tern der vergangene­n Jahre, nicht Frau Hendricks und ein paar harmlosen, aber tiefgründi­gen und faktisch richtigen „Bauernrege­ln“! Aulendorf

Liebe Leserinnen, liebe Leser, Schwäbisch­e Zeitung Karlstraße 16 88212 Ravensburg Fax-Nr. 0751 / 295599-1499 Leserbrief­e@schwaebisc­hezeitung.de

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FOTO: DPA Horst Seehofer (CSU).

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