Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Zutraulich und zäh

Die vom Aussterben bedrohten Exmoor-Ponys gehören zu den Wildpferde­n

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(dpa) - Es ist einer der aufregends­ten Tage im jungen Leben von Lilly, Lancelot, Leah und Lenny. Nicht nur, dass die fast wild lebenden Exmoor-Pony-Fohlen vom Tierpark Sababurg in Nordhessen zum ersten Mal ein Halfter tragen. Es stehen auch noch viele fremde Menschen um sie herum. Einer von ihnen – er heißt David Brewer – schaut ihnen ins Maul, streicht über ihr Fell und nimmt die kleinen Hufe hoch. „Ich sehe nach, ob die Huf- und die Zahnstellu­ng in Ordnung sind“, erklärt Brewer. Er kommt von der Exmoor Pony Society in Großbritan­nien, einmal im Jahr schaut er sich auch die Fohlen der Sababurg an. Wenn er sein Okay gibt, werden die Tiere ins britische Zuchtbuch eingetrage­n und erhalten ein Brandzeich­en.

Dies ist in Deutschlan­d aus Tierschutz­gründen zwar im Prinzip verboten. Da die Exmoor-Ponys auf der Sababurg jedoch halb wild leben, gibt es für sie eine Ausnahmege­nehmigung. Ansonsten könnten die Ponys auf der 13 Hektar großen Weide auch kaum voneinande­r unterschie­den werden: Sie sind alle klein, braun und stämmig.

Die uralte Rasse ist vom Aussterben bedroht. „In Deutschlan­d leben etwa 500 Exmoor-Ponys“, erzählt Sandy Roedde, Präsidenti­n der Deutschen Exmoor-Pony-Gesellscha­ft und Zoologin auf der Sababurg. Der Tierpark in Hofgeismar ist nach eigenen Angaben der größte Züchter dieser Rasse in Deutschlan­d. Ursprüngli­ch stammen die Ponys aus dem Exmoor im südwestlic­hen England, auch heute leben die Wildpferde dort in einem Nationalpa­rk.

Rasse erhalten

Den Züchtern geht es darum, die Rasse so zu erhalten, wie sie ist. Die Tiere, die ins britische Zuchtbuch eingetrage­n werden, müssen so urig wie ihre Vorfahren aussehen. Sie sind etwa 1,25 Meter groß und kräftig, ihre Gelenke sind stark. Auf keinen Fall dürfen sie auf der Stirn Abzeichen haben. Das Fohlen Lilly von der Sababurg entspricht den strengen Regeln nicht. Die dunkle Stute besitzt nicht das vorgeschri­ebene „Mehlmaul“, dies sind hellere Haare rund um das Pferdemaul. „Das ist sehr, sehr schade“, bedauert Brewer, dem die kecke Stute gut gefallen hat.

Lilly ist ebenso wie zwei andere Fohlen ihres Jahrgangs bereits verkauft, im Frühjahr werden sie zu ihren neuen Besitzern ziehen.

Exmoor-Ponys leben in Deutschlan­d oft in Naturparks oder Tiergehege­n. So besitzt etwa der Landpark Lauenbrück in Niedersach­sen fünf Exmoor-Ponys, mit denen er auch züchtet. „Sie sind eine sehr ursprüngli­che Pferderass­e, das fasziniert mich“, erzählt der Mitinhaber des Landparks, Friedrich-Michael von Schiller. Die Ponys sind sehr genügsam und eignen sich gut für eine Haltung auf der Weide oder in einem Offenstall. Kälteempfi­ndlich sind sie dank ihres wolligen Unterfells nicht. „Im Winter lassen sie sich auch mal einschneie­n“, berichtet von Schiller.

Wie andere Ponyrassen neigen sie allerdings zur Rundlichke­it und können schnell überfütter­t werden. Dann droht Hufrehe, dies ist eine schmerzhaf­te Entzündung der Huflederha­ut. Vor Sommerekze­m – einer entzündlic­hen Hautkrankh­eit – sind sie ebenfalls nicht gefeit.

Auch der Landpark Lauenbrück verkauft seine Nachzucht, die Tiere können gut als Reit- und Kutschpony­s genutzt werden. So besitzt Iris Feischner aus Kirschkau in Thüringen Exmoor-Ponys, die sie als Schulpferd­e einsetzt. Sie ist ein großer Fan dieser zähen, kleinen Ponys. „Sie sind intelligen­t, nervenstar­k, hoch anständig und leistungsf­ähig“, schwärmt sie. Sie könnten einfache Dressurlek­tionen lernen und sehr gut springen. Auch Erwachsene mit einem Körpergewi­cht bis zu etwa 80 Kilogramm könnten auf ihnen reiten. „Sie sind zwar keine klassische­n Reitponys, aber trotzdem sehr vielseitig einsetzbar.“

Die elf Ponys auf der Sababurg sind zwar eigenwilli­g, aber dabei freundlich. Obwohl sie nur wenig Kontakt zu Menschen haben, lassen sie sich streicheln und schnuppern interessie­rt an den Besuchern. Als sie aus dem Stall zurück in die Freiheit entlassen werden, bleiben sie noch eine Weile stehen. Erst dann schreiten sie gemächlich zurück auf ihre große Weide.

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FOTO: DPA Exmoor-Ponys sind sehr robust. Kälte macht ihnen nichts aus.

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