Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Was macht eigentlich Ivo Gönner?

Vor einem Jahr verabschie­dete sich der Langzeit-OB - Als Anwalt hat er ein neues Thema

- Von Michael Ruddigkeit

- Ivo Gönner spaziert noch immer für sein Leben gern durch die Stadt. Er wird dann oft von Bürgern angesproch­en, die fragen, wie es ihm geht. „Dann sage ich immer: Es ist ruhiger“, erzählt der langjährig­e Oberbürger­meister und Ulmer Ehrenbürge­r bei einem Treffen im Museumscaf­é. Vor einem Jahr verabschie­dete sich Gönner aus der Politik – nachdem er 24 Jahre lang an der Spitze des Ulmer Rathauses gestanden hatte.

Seitdem sieht er sich als einfacher Bürger der Stadt, der nicht mehr in der ersten Reihe sitzen muss. Das Bad in der Menge, das er früher so genoss? – „Vermisse ich überhaupt nicht“, sagt er. „Die Umstellung ist natürlich schon eine Herausford­erung“, gibt Gönner zu. „Auch der Rhythmus ist ein anderer.“Doch unterm Strich könne er sagen: „Mir geht’s sehr gut.“

Der Alt-Oberbürger­meister, der am 18. Februar seinen 65. Geburtstag feierte, legt auch im Ruhestand nicht die Hände in den Schoß. Er arbeitet wieder als Anwalt, als freier Mitarbeite­r in der Kanzlei seines Freundes Hans-Jörg Derra in der Frauenstra­ße. In den Fällen, mit denen er sich beschäftig­t, tritt er aber nicht im Gerichtssa­al auf, sondern ist im Hintergrun­d als Berater tätig.

„Ich beschäftig­e mich im Moment sehr mit dem Thema Datenschut­z“, sagt Gönner. Dabei geht es um eine EU-Verordnung, die 2018 das Bundesdate­nschutzges­etz ablöst. Viele Firmen und Einrichtun­gen werde diese Umstellung massiv betreffen, sagt der Jurist. Er bereitet beispielsw­eise Seminare für Unternehme­n vor.

Weder auf Facebook noch auf Twitter unterwegs

Im Gegensatz zu seinem Nachfolger Gunter Czisch gilt Gönner nicht gerade als IT-Experte. Er räumt ein: „Von der Technik verstehe ich wenig, aber von den juristisch­en Konsequenz­en.“Und deshalb finde er das Thema hoch spannend. Privat pflegt er weiterhin einen eher sparsamen Umgang mit dem Computer. Er ist weder auf Facebook noch auf Twitter, hat aber immerhin eine E-Mail-Adresse.

In seiner Freizeit liest er lieber viel, Zeitungen und Bücher. Er pflegt Kontakte, etwa mit Unternehme­rn, um sich über die Lage in der Wirtschaft auf dem Laufenden zu halten. Er engagiert sich bei der Stiftung Erinnerung und im Förderkrei­s für das Museum zur Geschichte von Christen und Juden in seiner Geburtssta­dt Laupheim. Natürlich auch fürs Ulmer Münster. Er hat sich vorgenomme­n, öfter ins Theater Ulm zu gehen.

Und er malt mehr als früher. In seiner Zeit als OB hat er immer zum Jahresende eine Art „Abschlussb­ild“gemalt. Jetzt arbeitet er an drei Werken gleichzeit­ig, „die lasse ich dann auch mal ein paar Wochen ruhen“.

Dass er im Ruhestand nicht à la Loriot in „Pappa ante Portas“den Haushalt umkrempeln will, hat er bereits vor einem Jahr versproche­n. „In den letzten 25 Jahren hat das bestens ohne mich funktionie­rt“, sagt er. „Da frosch’ ich nicht hinein, das wäre ja Amtsanmaßu­ng.“

Insgesamt habe sich daheim alles gut eingespiel­t. Mit seiner Frau Susanne Schwarzkop­f-Gönner bleibt er weiter im Haus an der Heidenheim­er Straße wohnen. Die Kinder gehen ihre eigenen Wege: Sabina, 21, studiert, Sebastian, 24, macht eine Ausbildung. Gönner hätte jetzt Zeit für lange Urlaube oder eine Weltreise, doch geplant hat er erst mal nichts: „Ich bin nicht so der große Reisende.“

Die Stadtpolit­ik verfolgt Gönner nach wie vor aufmerksam. „Ich habe einen sehr guten Kontakt zum Kollegen Czisch, aber ansonsten halte ich mich völlig raus“, sagt Gönner. „Unterm Strich fühle ich mich als Bürger gut regiert vom Team im Rathaus.“Eine Rückkehr in die Kommunalpo­litik – etwa als Stadtrat – kommt für ihn nicht infrage. „Das ist abgehakt.“

Auch die Landes- und Bundespoli­tik beobachtet er nur noch aus der Ferne. Selbst in seiner aktiven Zeit als Politiker hat er sich nie von den Genossen locken lassen, die ihn gerne in einer überregion­al herausgeho­benen Position gesehen hätten.

Wertschätz­ung für Martin Schulz

Den derzeitige­n Höhenflug seiner Partei sieht der Sozialdemo­krat als „eine ausschließ­liche Momentaufn­ahme“. Es gebe weder Anlass zu überborden­der Freude für die SPD, noch zu Resignatio­n für die Union. „Wichtig ist, dass da eine Konstanz hineinkomm­t“, sagt er zu den Umfragewer­ten der SPD. Über den Kanzlerkan­didaten sagt Gönner: „Martin Schulz als Person schätze ich sehr.“

An seinem 65. Geburtstag konnte Ivo Gönner für einige Stunden in sein geliebtes Rathaus zurückkehr­en. OB Gunter Czisch, Stadträte, politische Weggefährt­en und Freunde hatten zu einem Empfang geladen, auch EUKommissa­r Günther Oettinger war dabei. Gönner freute sich, wollte aber keine zu große Sache aus seinem Ehrentag machen: „Bei uns daheim war der Namenstag immer wichtiger.“Der ist erst am 19. Mai. Der heilige Ivo ist passenderw­eise der Schutzpatr­on der Juristen.

 ?? FOTO: ANDREAS BRÜCKEN ?? Das Rathaus hat er hinter sich gelassen: Ulms Alt-Oberbürger­meister Ivo Gönner ist seit genau einem Jahr Pensionär.
FOTO: ANDREAS BRÜCKEN Das Rathaus hat er hinter sich gelassen: Ulms Alt-Oberbürger­meister Ivo Gönner ist seit genau einem Jahr Pensionär.

Newspapers in German

Newspapers from Germany