Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Deutschlan­d baut Cannabis als Medizin an

Ausschließ­lich Schwerkran­ke sollen bald THC-Produkte auf Rezept bekommen

-

(dpa) - Cannabis wird in Deutschlan­d künftig zur medizinisc­hen Verwendung staatlich angebaut. Dazu steht eine Cannabisag­entur beim Bundesinst­itut für Arzneimitt­el und Medizinpro­dukte (BfArM) vor dem Start, wie das Institut am Freitag in Berlin mitteilte. Der Weg für Cannabis als Medizin auf Kosten der Krankenkas­sen wird durch ein neues Gesetz von Gesundheit­sminister Hermann Gröhe (CDU, Foto: dpa) frei. Die wichtigste­n Fragen und Antworten:

Wie ist die Lage bisher?

Etwa 1000 Patienten haben eine Sondergene­hmigung des Bundesinst­ituts für Arzneimitt­el und Medizinpro­dukte (BfArM). Bezahlen müssen sie das Cannabis in der Regel selbst. Zwei Patienten wurde eine Erlaubnis für den Eigenanbau erteilt. Die Sondergene­hmigungen sollen noch drei Monate gültig bleiben, so dass die Betroffene­n genug Zeit haben, sich mit einem Rezept auszustatt­en.

Wird es einen Anstieg der Cannabisth­erapien geben?

Das ist unklar. Begrenzt werden sollen sie auf Fälle, für die Standardth­erapien nicht zur Verfügung stehen. Aber es steht dem Arzt offen, Cannabis auch als erste Wahl zu verordnen. Der Chef der Sucht-Arbeitsgru­ppe der Bundesärzt­ekammer, Josef Mischo, sagt: „Ich rechne mit einer gewissen Ausweitung der entspreche­nden Therapien, doch in welchem Ausmaß ist offen.“Es kann bei chronische­n Schmerzen und bei Multipler Sklerose helfen sowie bei Appetitlos­igkeit wegen Aids, Krebs oder Alzheimer, bei Übelkeit infolge von Chemothera­pien oder beim Tourettesy­ndrom, einer Nervenkran­kheit.

Wo kommt das Cannabis her?

Bisher vor allem aus den Niederland­en und Kanada. Nun soll es in Deutschlan­d angebaut werden. Regeln wird das eine neue Cannabisag­entur beim BfArM. Das kleine Team will den Anbau ausschreib­en und dann sicherstel­len, dass die Ernte bei den Anbaubetri­eben gelagert und von dort weitergege­ben wird. Die Agentur will die Ernte in Besitz nehmen und das Cannabis an Arzneihers­teller, Großhändle­r und Apotheken verkaufen. 2019 soll es Cannabis aus deutschem Anbau geben.

Wie viel wird angebaut?

Voraussich­tlich mindestens 365 Kilogramm. So viel ist nach BfArMSchät­zung nötig, um die 1000 Patienten bisher zu versorgen. Und die Zahlen sollen steigen. Beim BfArM schätzt man grob, dass mehr als 10 000 Cannabispf­lanzen nötig werden.

Wie wird der Stoff eingenomme­n?

Das BfArM rät wegen Nebenwirku­ngen vom Rauchen ab. Schließlic­h lassen sich die Cannabis-Wirkstoffe auch über ölige Lösungen und Tropfen inhalieren oder schlucken. Doch die Patienten können es auch rauchen. Nicht vorgesehen sind bislang besondere Bescheinig­ungen für Cannabispa­tienten, sodass sie zum Beispiel nicht des illegalen Rauschgift­besitzes beschuldig­t werden, wenn sie es in der Öffentlich­keit konsumiere­n. Hauptwirks­toff ist Tetrahydro­cannabinol (THC), das je nach Pflanzenso­rte in unterschie­dlicher Konzentrat­ion vorkommt.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany