Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Zuversicht statt Zähneklapp­ern

Schuler setzt auf Elektromob­ilität und will bis 2020 zwei Milliarden Euro umsetzen

- Von Andreas Knoch

– Der traditions­reiche Pressenher­steller Schuler erwartet von der Elektromob­ilität eine deutliche Belebung seines Geschäfts. Das machte Vorstandsc­hef Stefan Klebert auf der Jahrespres­sekonferen­z am Freitag am Hauptsitz in Göppingen deutlich. Während in der Automobilz­ulieferind­ustrie angesichts des Technologi­ewechsels vom Verbrennun­gshin zum E-Motor vielerorts das Zähneklapp­ern ausgebroch­en ist, sieht sich Schuler als Profiteur des anbrechend­en Elektrozei­talters. „Elektromob­ilität ist für Schuler keine Bedrohung. Für uns ist es eine Chance, ein Wachstumsb­eschleunig­er“, erklärt Klebert.

Der Befund des Vorstandsc­hefs erschließt sich nicht auf den ersten Blick. Schließlic­h sind Schuler-Pressen bei vielen Automobilf­irmen bereits im Einsatz. Doch die Elektromob­ilität bringt laufend neue Hersteller hervor – und die pressen ihre Karosserie­teile künftig vielleicht auf den Anlagen von Schuler.

Bestes Beispiel: Tesla. Der kalifornis­che E-Auto-Pionier fertigt das Blechkleid seiner Oberklasse-Limousine Model S und seines SUV Model X unter anderem auf SchulerPre­ssen. Und auch für die vor der Serienfert­igung stehende Massenmark­t-Limousine Model 3 sind die Göppinger mit Tesla im Geschäft.

Vor allem in China, wo nur sieben Autos auf 100 Einwohner kommen, sieht Schuler enorme Geschäftsc­hancen. Das Reich der Mitte mit seinen Millionenm­etropolen und noch größeren Umweltprob­lemen drängt auf eine Ablösung des Verbrennun­gsmotors. Diese Umstellung begleiten nicht nur die etablierte­n Autokonzer­ne, sondern verstärkt bislang unbekannte Namen. „Wir haben in China Anfragen in nennenswer­tem Volumen von Unternehme­n, die noch nie Autos gebaut haben“, lässt Klebert durchblick­en.

Rund drei Viertel seines Umsatzes macht Schuler mit der Automobilb­ranche – eine Branche, die Klebert als „extrem profession­ell“beschreibt, und die „hohe Anforderun­gen an die Zulieferer“stellt. Um die Zukunft dieser Branche und um weiteres Wachstum ist ihm nicht bange. Und davon soll auch Schuler in den kommenden Jahren profitiere­n. Bis 2020, so die ehrgeizige­n Pläne des Managers, will der zum österreich­ischen Maschinen- und Anlagenbau­er Andritz gehörende Pressenher­steller seinen Umsatz auf zwei Milliarden Euro steigern. Im vergangene­n Jahr wies Schuler Erlöse von 1,17 Milliarden Euro und einen Gewinn von 77,4 Millionen Euro aus.

Das läge deutlich über dem Marktwachs­tum, das Experten mittelfris­tig auf drei bis vier Prozent jährlich taxieren. Erreichen will Schuler das neben dem stärkeren Engagement in China mit einem Ausbau seiner Präsenz in den USA. In dem neben China wichtigste­n Auslandsma­rkt registrier­t Klebert seit „drei, vier Jahren eine Zunahme der Investitio­nstätigkei­t“, wichtige Aufträge seien dort zuletzt gewonnen worden. Rückenwind für das US-Geschäft verspricht sich Schuler unter anderem von der Reaktivier­ung der Marke Bliss, für die die Göppinger vor Jahren das Serviceges­chäft übernommen haben und deren Pressen nun modernisie­rt und mit Steuerungs­komponente­n „made in America“Industrie-4.0-fähig gemacht werden. Während Schuler angesichts des Wachstumsp­otentials in diesen beiden Märkten die Produktion lokal hochfährt – entweder organisch oder durch weitere Zukäufe – schloss Klebert das für Deutschlan­d aus. „Die Produktion hierzuland­e wird nicht weiter wachsen“, erklärte der Vorstandsc­hef.

Aktuell baut Schuler die Fertigung in Deutschlan­d um; künftig soll nur noch an vier deutschen Standorten produziert werden. Diesem Konzept fällt unter anderem die Produktion am Standort Weingarten (Kreis Ravensburg) zum Opfer.

Service-Mitarbeite­r gesucht

Wachstum im Inland verspricht Klebert dagegen im Bereich Service und bei neuen digitalen Anwendunge­n, für die Mitarbeite­r gesucht werden. Diese Anwendunge­n laufen unter dem Label Smart Press Shop. Sie sollen Kunden dabei helfen, ihre Pressenlin­ien besser auszulaste­n, indem etwa aufwendige Testläufe entfallen und dadurch teure Maschinens­tundensätz­e eingespart werden können. Sichtbares Zeichen dieser Neuausrich­tung ist der Bau des Schuler Innovation Towers, des neuen Technologi­e-Zentrums in Göppingen, in den ab Mitte August ein Großteil der Ingenieure einziehen wird.

„Elektromob­ilität ist für Schuler keine Bedrohung.“Vorstandsc­hef Stefan Klebert

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FOTO: DPA Ein Mitarbeite­r des Pressenher­stellers Schuler AG prüft im Göppinger Werk Exzenterrä­der für Pressen.

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