Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Gitarren unter Artenschutz
Palisander ist bei Instrumentenbauern beliebt – Seit Jahresbeginn gelten strenge Auflagen
- Es trägt die geheimnisvollen Namen Dalbergia, Jacaranda oder Rosewood. Umgangssprachlich ist das Edelholz eher als Palisander bekannt. Durch illegale Abholzungen in Südamerika und Asien wurde der Bestand in den vergangenen Jahren stark dezimiert. Nachdem die Unterart Rio-Palisander (Dalbergia nigra) bereits seit 1992 unter Artenschutz steht, hat die Welt-Artenschutzkonferenz Cites seit Anfang des Jahres nun auch alle anderen Palisander-Arten unter Schutz gestellt. Das Problem: In beinahe jeder Gitarre steckt zumindest ein kleiner Teil an Palisander.
Der bloße Besitz eines solchen Instrumentes ist zwar vollkommen in Ordnung. Sobald man die Gitarre aber verkaufen möchte, wird es kompliziert. Das trifft jeden einzelnen Gitarrenbesitzer, besonders aber die kommerziellen Händler. „Praktisch alle Gitarren bestehen aus Palisander“, sagt Gitarrenbauer Andreas Dill, der seit knapp 30 Jahren in Weingarten seinen Gitarrenladen führt. „Selbst das Griffband von einer 29-Euro-Ukulele.“
Nur fünf seiner rund 400 Gitarren enthalten keinen Palisander. Da der 52-Jährige jede einzelne Gitarre nun katalogisieren und Buch führen muss, bedeutet der Artenschutz für ihn jede Menge Arbeit. „Es dauert einfach immer länger an der Kasse. Wir müssen von jedem Kunden die Adresse aufnehmen“, erklärt er.
In wenigen Wochen hat Dill schon 14 Seiten mit 270 Einträgen gefüllt. Auch das verlangen die neuen Vorgaben – zumindest in Deutschland. „Das gibt es nur in Deutschland, nirgendwo anders in der EU“, sagt Dill. Jede einzelne Gitarre müsse sich zuordnen lassen. „Es geht darum, den Weg vom Urwald bis ins Gitarrengeschäft nachvollziehen zu können.“
Mehrarbeit an Weihnachten
Neuerdings braucht es auch eine Bestätigung, dass die Gitarre auf legalem Wege gekauft wurde. Daher musste sich Dill für all seine 400 Gitarren, die er vor 2017 erworben hatte, einen Nachweis beim Regierungspräsidium Tübingen (RP) holen – rund 20 Stunden Arbeit. Sogar an Weihnachten musste er deshalb in seinen Gitarrenladen. „Im Dezember mache ich ein Fünftel meines Jahresumsatzes und musste nun noch mein ganzes Lager auf den Kopf stellen“, erinnert er sich und bezeichnet den Umstellungstermin 31. Dezember als „total idiotisch“.
Versand in die Schweiz eingestellt
Für das Regierungspräsidium hat er dagegen nur lobende Worte übrig. „Das war völlig unkompliziert. Die sind sehr vernünftig“, sagt er. „Die haben unglaublich viel Mehrarbeit.“So reicht aktuell noch eine formlose E-Mail an das RP mit einem Beleg, wie der Rechnungskopie, einer Seriennummer oder einem alten Foto. „Man ist völlig frei, wie man den Nachweis führt“, sagt RP-Pressesprecher Simon Kistner. Kann man nachweisen, dass die Gitarre vor 2017 gekauft wurde, bekommt man ein formloses Schreiben des RPs.
Franz Böhmer vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) erklärt, die Intention des neuen Gesetzes sei, den professionellen Handel mit Palisander besser zu kontrollieren. Bei Privatpersonen braucht es erst ab zehn Kilogramm Palisander für die Einfuhr in die EU offizielle Genehmigungen. „Es geht nur um die Prüfung der Legalität. Wir werden die Gitarrenbesitzer nicht kriminalisieren.“Dennoch beeinträchtigen die Vorgaben Gitarrenhändler wie Dill. Er hat bislang immer auch einige Gitarren in die Schweiz geschickt. Da diese nicht zur EU gehört, braucht es nun eine Ausfuhrgenehmigung. Diese stellt das BfN aus und verlangt dafür 15 Euro pro Genehmigung. In absehbarer Zeit wird zudem eine Einfuhrgenehmigung nötig sein, die wiederum 80 Franken kosten soll.
Damit steigen die Zusatzkosten auf mehr als 90 Euro. Hinzu kommt die zunehmende Bearbeitungszeit, die durch die Ausstellung der Genehmigungen entsteht. Durch den bürokratischen Mehraufwand können die Gitarren erst Wochen nach dem Kauf verschickt werden.
Kritik an Kommunikationspolitik
In diesem Zusammenhang kritisiert Dill auch die Kommunikationspolitik des Bundesamtes für Naturschutz. Er selbst erfuhr von den Plänen über persönliche Kontakte Mitte November. Offiziell sei er aber erst am 12. Dezember in einem Brief der Branchenvertreter darüber informiert worden, so Dill. Und das, obwohl der Beschluss bereits im Oktober gefasst wurde. Das sieht auch Simon Kistner vom Regierungspräsidium ähnlich. „Das Ganze ist ein wenig unglücklich gelaufen – gerade in der Kommunikation mit den Bürgern“, sagt er. „Die Meldung hätte eigentlich vorher erfolgen sollen.“
Das bewertet man beim Bundesamt für Naturschutz anders. Bereits vor dem Beschluss im Oktober habe man auf der Internetseite des BfN darüber berichtet, dass es Änderungen geben könnte, sagt Böhmer. Auch seien entsprechende Landesbehörden, Gremien und Verbände informiert worden. Zwar seien einige Mitteilungen „relativ spät rausgegangen“, allerdings: „Dass wir nicht jeden Musikalienhändler kennen, möge man uns verzeihen.“Dennoch sieht auch Böhmer ein: „Klar hätten wir mehr machen können. Eine Pressekonferenz wäre vielleicht eine Idee gewesen.“ Wie Andreas Dill mit dem Thema umgeht, sehen Sie in einem Video unter: www.schwaebische.de/palisander