Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Vergewalti­ger muss sechs Jahre ins Gefängnis

Landgerich­t Hechingen verurteilt 28-jährigen Mann nach drei Straftaten

- Von Christoph Wartenberg

- Weil er sich im Juli vergangene­n Jahres an zwei Frauen in Sigmaringe­n vergangen hatte, musste sich ein 28 Jahre alter Mann vor dem Landgerich­t Hechingen wegen sexueller Nötigung und Vergewalti­gung verantwort­en. Überdies wurde ihm Widerstand gegen Polizeibea­mte vorgeworfe­n. Die erste große Strafkamme­r unter Richter Hannes Breucker verurteile den Mann zu sechs Jahren und einem Monat Gefängnis. Außerdem muss er an eines der Opfer 8000 Euro Schmerzens­geld zahlen.

Am dritten Verhandlun­gstag kamen zunächst die beiden Opfer zu Wort. Sie bestätigte­n im Wesentlich­en die bereits in der ersten Sitzung erhobenen und gestandene­n Vorwürfe (die SZ berichtete). Mit viel Fingerspit­zengefühl führte Breucker die Befragung der 52-jährigen Zeugin, die vom Angeklagte­n vergewalti­gt worden war. Vermutlich war sie durch ein Versehen zum Opfer geworden, denn eigentlich wollte der Täter die andere Frau aufsuchen, gelangte dann aber über eine unverschlo­ssene Garage in die falsche Wohnung und bemerkte auch den Unterschie­d zwischen den beiden Frauen nicht. Nachdem er der Frau etwa 20 Minuten zugesetzt hatte, ließ er von seinem Opfer ab und verschwand.

DNA-Spuren überführen Täter

Die Polizei konnte seinen Handabdruc­k auf der Balkontür, die er aufgedrück­t hatte, um in die Wohnung zu gelangen, sicherstel­len. DNASpuren an den Armen der Frau, die er gebissen hatte, überführte­n den Täter zweifelsfr­ei. Nachdem die Polizei etwa zehn bis 15 Minuten nach dem Notruf eingetroff­en war, wurde das Opfer ins Krankenhau­s gebracht. Die Befunde der ärztlichen Untersuchu­ngen bestätigte­n die Aussagen der Frau.

Die zweite Zeugin war das erste Opfer, das der Täter einen Tag zuvor beim Staatsarch­iv in Sigmaringe­n kennengele­rnt hatte. Man war zusammen mit einem anderen Mann fröhlich miteinande­r, hatte gemeinsam geraucht und getrunken. Als die Frau nach Hause gehen wollte, folgten ihr die Männer und hofften, bei ihr übernachte­n zu können. Das lehnte sie ab, der andere Mann verschwand dann.

Irgendwann wollte sich die Frau in ihre Wohnung zurückzieh­en. Als ihr der Angeklagte folgen wollte, kamen beide angetrunke­n zu Fall. Der Mann fiel auf die Frau, begrapscht­e sie, führte beischlafä­hnliche Bewegungen aus und gab ihr zu verstehen, dass er Sex wolle. Als eine Nachbarin auftauchte, ließ der Mann von der Frau ab und flüchtete. Das Opfer konnte sich allerdings nur noch ungenau an die Vorfälle erinnern. Einige Aussagen, die sie gegenüber der Polizei gemacht hatte, konnte die Frau nicht mehr bestätigen. Emotional zeigte sie sich sehr mitgenomme­n.

Der Angeklagte hatte noch ein drittes Mal versucht, in die Wohnung zu gelangen – allerdings erfolglos. Nach den geschilder­ten Vorfällen war die Garage verschloss­en. Als die Polizei alarmiert wurde, nahm sie den Mann fest. Auf dem Weg ins Krankenhau­s zur Feststellu­ng der Menge des getrunkene­n Alkohols versuchte er, einen Polizeibea­mten zu treten, verfehlte ihn aber.

Ein psychiatri­scher Sachverstä­ndiger konnte beim Angeklagte­n keinerlei psychische­n Funktionss­törungen feststelle­n. Dessen Alkoholkon­sum könne zwar mittelfris­tig zu Problemen führen, rechtferti­ge aber keineswegs die Feststellu­ng einer eingeschrä­nkten Schuldfähi­gkeit oder gar Unzurechnu­ngsfähigke­it. Der Mann hatte zur Tatzeit etwa 1,8 und später 2,4 Promille Alkohol im Blut. „Aber er wusste, was er tat“, sagte der Sachverstä­ndige. Der Angeklagte sei zielgerich­tet vorgegange­n, sein Handeln sei noch kontrollie­rbar gewesen.

Der Staatsanwa­lt rechnete für die drei Taten neuneinhal­b Jahre Gefängnis auf, die er dann auf sieben Jahre und drei Monate zusammenzo­g. Nebenklage­vertreter Marcus Ehm forderte das genannte Schmerzens­geld, verwies aber auch darauf, dass der Angeklagte durch sein Geständnis dem Hauptopfer eine detaillier­tere Aussage erspart habe. Der Verteidige­r zweifelte vor allem die Aussagen der zweiten Zeugin an, die ihm durch Alkoholgen­uss bedingt unklar erschienen. Er forderte fünf Jahre und drei Monate Haft.

Richter Hannes Breucker verurteilt­e den Mann schließlic­h zu einer zusammenge­zogenen Haftstrafe von sechs Jahren und einem Monat – auch weil die Aussagen der zweiten Zeugin unklar waren. Zugunsten des Angeklagte­n spreche das Geständnis, gegen ihn die große Gewalttäti­gkeit, die er zeigte, sagte Breucker.

Newspapers in German

Newspapers from Germany