Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Uniklinik will mehr Hebammen ausbilden
Geburtshelferinnen klagen über schlechte Bezahlung und Überlastung
(sz/mö) - Die Akademie für Gesundheitsberufe des Universitätsklinikums Ulm wird künftig mehr Hebammen ausbilden: Innerhalb der nächsten drei Jahre wird die Anzahl der Ausbildungsplätze von derzeit 54 Plätze auf 108 verdoppelt. Statt eines Kurses werden ab dem 1. April 2017 zwei pro Jahr starten.
Ein Mangel an Hebammen wird in ganz Deutschland beklagt, in einigen Landkreisen ist die Unterversorgung mittlerweile gravierend. Hintergrund ist, dass immer mehr Hebammen ihren Beruf aufgeben. Die Geburtshelferinnen klagen über schlechte Bezahlung und Überlastung. Mütter und werdende Mütter finden oft keine Hebammen mehr, die sie betreuen können.
Bärbl Mielich (Grüne), Staatssekretärin im Stuttgarter Gesundheitsministerium, betonte im Herbst: „Von einer Eins-zu-eins-Versorgung für Gebärende, wie sie der Hebammenverband empfiehlt, sind wir weit entfernt – und wir entfernen uns immer weiter davon.“Eine einzige Hebamme müsse zum Teil drei und mehr Frauen gleichzeitig bei der Geburt betreuen. Das erhöhe das Risiko enorm – „denn 98 Prozent der Geburten finden im Krankenhaus statt“. Für eine bessere Personalausstattung in den Kliniken müssten die Akteure dann auch Geld in die Hand nehmen.
„Der Bedarf an ausgebildeten Hebammen ist da und auch an Bewerbungen mangelt es uns derzeit nicht“, erklärt der Akademiedirektor Karl-Heinz Tomaschko. „Es ist wichtig, jetzt zu reagieren, um dem Hebammenmangel entgegenzuwirken. Die Zahl der Ausbildungsplätze zu erhöhen war für uns ein logischer Schritt.“Von den zusätzlichen Ausbildungsplätzen werden zukünftig auch fünf weitere ausgesuchte Kliniken im süddeutschen Raum profitieren, bei denen die Hebammenschülerinnen den praktischen Teil ihrer Ausbildung absolvieren werden.
Ausbildung kombiniert mit Studium
Der theoretische Unterricht findet für alle in der Akademie für Gesundheitsberufe am Universitätsklinikum statt. „Unser Angebot wurde von den anderen Kliniken dankbar angenommen“, erklärt Elvira Hoffmann, Fachleitung der Hebammenschule. „Alle Regionen haben mit dem Hebammenmangel zu kämpfen, die Alternative wäre die Eröffnung eigener Ausbildungsstätten gewesen, was für die meisten Häuser weder finanziell noch strukturell zu stemmen ist.“
Und eine weitere Neuerung steht in der Akademie an: Ab Oktober diesen Jahres wird die Hebammenausbildung mit einem dualen Studium kombiniert. Die Akademie für Gesundheitsberufe setzt damit bereits jetzt die Vorgaben der EU-Richtlinie um, die ab 2020 eine akademische Hebammenausbildung in Deutschland vorsieht. Studium und Ausbildung sind in Ulm bereits seit 2013 dank einer Kooperation mit der DHBW Heidenheim und der Akademie möglich.
Das duale Studium beginnt nach dem ersten Ausbildungsjahr, die Regelstudienzeit beträgt drei Jahre, Praxis- und Studienphasen wechseln sich ab. Die Teilnehmer erhalten so innerhalb von vier Jahren eine abgeschlossene Ausbildung und einen B.Sc.-Abschluss. Die Ausbildungsvergütung wird während der gesamten vier Jahre gezahlt.