Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Inklusion endet oft am Schultor

Für einen gehbehinde­rten Schüler drohte ein Exkursion schon am Bahnhof in Ehingen zu enden

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(meni) - Wer gehbehinde­rt ist und von Ehingen aus mit dem Zug fahren will, hat es mitunter schwer: Selbst wenn man die gewünschte Fahrt bei der Deutschen Bahn angemeldet hat, ist der Transport nicht immer sichergest­ellt. Das hat eine Schulklass­e des Ehinger Johann-Vanotti-Gymnasiums kürzlich erlebt. Die Bahn spricht von Störungen im Betriebsab­lauf, für den betroffene­n Schüler drohte kurz vor den Ferien ein Schulausfl­ug zu platzen.

Als Finn Kräutle vor ein paar Jahren ans Johann-Vanotti-Gymnasium kam, war schnell klar, dass man alles tun werde, um den gehbehinde­rten Jungen in den Schulallta­g zu integriere­n. „Wir waren nicht vorbereite­t, aber wir wollten das möglich machen“, sagt die Klassenleh­rerin Katja Schön. Gemeinsam mit den anderen Hauptfachl­ehrern des Jungen hat sich die Englisch-Lehrerin in Neckar-Gmünd an der Stephen-Hawking-Schule über die besonderen Anforderun­gen informiert. Zusätzlich organisier­te sie eine Fortbildun­g für das gesamte Kollegium. „Weil auch andere ihn mutmaßlich irgendwann in der Klasse haben werden“, sagt Katja Schön. In der Schule läuft inzwischen alles gut. Der Unterricht der Klasse findet im N-Bau statt. Dort gibt es neben einem Aufzug auch eine Behinderte­ntoilette. Zusätzlich unterstütz­t den Jungen eine sogenannte Schulbegle­iterin. „Aber sobald wir das Schulgebäu­de verlassen wollen, kommt es zu Problemen“, bedauert die Klassenlei­terin.

Exkursion in den Tiergarten

Für den 22. Februar hatte die Klasse eine Exkursion in den Ulmer Tiergarten geplant. Die Fahrt hatte die Lehrerin rechtzeiti­g bei der Deutschen Bahn angemeldet, um den Transport der Klasse in einem barrierefr­eien Zug sicherzust­ellen. Von der Bahn erhielt sie die Rückmeldun­g, dass man die Anmeldung erhalten habe und die Klasse wie geplant um 8.44 Uhr in Ehingen abfahren könne. Doch eine Stunde vor Abfahrt, so erzählt Katja Schön, kam der Anruf, dass der barrierefr­eie Zug an diesem Tag nicht fahre und es auch keine Möglichkei­t gebe, den Jungen nach Ulm zu bringen. „Es ist kein Personal vor Ort, es gibt keinen Lift und wenn ein alter Zug kommt, hat man Pech gehabt“, fasst die Englisch-Lehrerin frustriert zusammen. Auch die Rückfahrt strich die Bahn ersatzlos. Kurzfristi­g organisier­te die Lehrerin dann ein Taxi, damit Finn doch an der Exkursion teilnehmen konnte. „Er gehört zur Klasse und deswegen war für mich klar, dass er mit muss.“

Von Seiten der Bahn heißt es nun, dass es an diesem Tag zu Störungen im Betriebsab­lauf gekommen sei, die eine geänderte Wagenzusam­menstellun­g zur Folge gehabt hätten. „Das können wir leider nicht ausschließ­en.“Für Eltern und Schule kein Trost: Die Bahn hat sich bereiterkl­ärt, die Taxikosten zu übernehmen.

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