Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Großkreutz’ weggeworfene Karriere
VfB Stuttgart beendet nach Prügelaffäre Zusammenarbeit – Profi verkündet Pause vom Fußball
Jürgen Klopp
(Foto: dpa) Sorgenfalten auf die Stirn. „Wir haben keine Alternative, wir müssen liefern und eine Reaktion zeigen“, sagte der Coach des FC Liverpool vor dem Spitzenspiel gegen den FC Arsenal am Samstag. Eigentlich hilft den Reds nur ein Sieg gegen die Gunners – sonst droht der Traum von der Königsklasse schon im März zu platzen. „Die Qualifikation für die Champions League, das wäre zu 100 Prozent ein großer Erfolg“, sagte Klopp der „BBC“. Aber die Europa League, also eine Klasse tiefer, da „bin ich nicht sicher, ob ich das als Erfolg verkaufen könnte“, äußerte der frühere BVB-Trainer: „Es wäre okay und ein Schritt in die richtige Richtung.“Einen Zähler hinter Arsenal belegt Liverpool derzeit nur Platz fünf. „Wir spielen alle um unsere Zukunft, mich selbst eingeschlossen“, sagte Klopp. (SID)
Harald Strutz
(Foto: imago) stellt sich nicht zur Wiederwahl als Präsident des Bundesligisten Mainz 05. „Im Interesse meiner Familie und im Interesse des Vereins Mainz 05 habe ich den Entschluss gefasst, zur Wahl des Vereinsvorsitzenden von Mainz 05 bei der nächsten Mitgliederversammlung nicht mehr zu kandidieren“, erklärte der 66-Jährige. Strutz, der seit 1988 Präsident von Mainz 05 ist, steht seit Monaten in der Kritik. Vor einem Jahr war bekannt geworden, dass er als ehrenamtlicher Präsident seit Jahren eine Aufwandsentschädigung von 9000 Euro pro Monat sowie weitere 14 000 Euro für juristische Beratung erhält. Außerdem stand Strutz in der Kritik, weil sich die Umstrukturierung des Vereins über mehrere Monate hinzog und sie vermeintlich seinen eigenen Interessen dienen sollte. (dpa)
- Es war einmal ein Fußball-Weltmeister, der sich so nennen darf, obwohl er kein Spiel bei der Weltmeisterschaft absolvierte. Es war einmal ein sogenannter Kultkicker, Publikumsliebling und absoluter Teamplayer, der seine Rolle so interpretierte, dass er mit Jugendspielern bis weit in die Nacht hinein feiern ging und auch nicht scheute, als es handgreiflich wurde. Es war einmal Kevin Großkreutz, der nun vor den Trümmern seiner Karriere steht: Vertrag beim VfB aufgelöst, den Ruf massiv beschädigt, die Zukunft mehr als ungewiss.
Mit Tränen in den Augen saß der 28-Jährige am Freitag im Medienraum des VfB Stuttgart. Die Stimme brüchig, den Hinterkopf, den die Nachwirkungen der Prügelnacht zieren, mit einer Wollmütze verdeckt. Die Wangen von Kratzern gezeichnet. „Erst mal wollte ich mich bei meiner Familie und meinen Freunden dafür entschuldigen, dass sie sich so Riesensorgen gemacht haben. Ich bin froh, dass ich überhaupt noch hier bin“, flüsterte er mit tränenerstickter Stimme. „Ich werde jetzt erst mal ruhiger machen und möchte mit dem Profi-Fußball erst mal nichts mehr zu tun haben“, so der sechsmalige Nationalspieler. Zuvor hatte Zweitliga-Tabellenführer Stuttgart den Vertrag in Einvernehmen mit dem Spieler aufgelöst.
„Ich möchte nicht einfach so abhauen. Ich habe einen Fehler gemacht, der mir sehr leid tut“, sagte Großkreutz. Der Fehler, das war der nächtliche Ausflug des Defensivspielers in ein Stuttgarter Ausgehviertel, in dem er mit U17-Auswahlspielern des VfB in eine Schlägerei geraten und sich anschließend mit einer Kopfverletzung im Krankenhaus behandeln lassen musste. „Ich habe mich mit dem Verein identifiziert. Trotzdem ist es jetzt so gekommen. Ich kann mich dafür nur entschuldigen.“Worte, die ehrlich klingen, auch wenn sie nichts an den Tatsachen ändern.
Der Verein sei zwar erleichtert, dass der Spieler keine langfristigen gesundheitlichen Schäden davongetragen habe, die Vorgänge konnten aber „aus Sicht des VfB Stuttgart nicht folgenlos bleiben“, sagte Sportvorstand Jan Schindelmeiser.
Details aus den Gesprächen mit Großkreutz und dessen Berater nannte er nicht. Darüber wurde Stillschweigen vereinbart. „Gerade die Spieler der ersten Mannschaft haben eine besondere Vorbildfunktion für den Verein im Allgemeinen und unsere Jugendspieler im Besonderen“, sagte Schindelmeiser. „Dieser Rolle ist er nicht gerecht geworden.“Großkreutz wisse, dass er „großen Mist gebaut hat“.
Doch ist der aktuelle Tiefststand des Absturzes des Weltmeisters nur eine neue Dimension am Ende einer langen Vorgeschichte. Schon in der Vergangenheit haben ihm private Vorfälle zu schaffen gemacht. Zu seiner Glanzzeit bei Borussia Dortmund wurden ihm diese weitgehend verziehen. Etwa der angebliche Dönerwurf 2014 in der Kölner Innenstadt oder die Pinkelaffäre wenig später, als er im Anschluss an das gegen Bayern München verlorene DFB-Pokalfinale sich volltrunken in der Lobby eines Berliner Hotels erleichtert haben soll.
Beim BVB war Großkreutz unter Trainer Jürgen Klopp eine der Identifikationsfiguren schlechthin. Schon als Jugendlicher fieberte der 28-Jährige auf der legendären Südtribüne des Dortmunder Stadions mit und schaffte den Sprung vom Fan zum Fußballprofi. Auch sportlich überzeugte er.
Allen früheren Vorfällen zum Trotz, verpflichtete der VfB den ehemaligen Nationalspieler im Winter 2016. Unter Trainer Hannes Wolf war er Stammspieler. Fußballerisch überzeugte er zuletzt selten – auch weil er zwischenzeitlich verletzt war. Unter den VfB-Fans wird es sicher nicht wenige geben, die seinen Abgang bedauern. Wegen seiner offenen Art, die er auch in den sozialen Netzwerken pflegt, war er stets beliebt. Immer wieder postete er Bilder aus seinem Privatleben, gab sich alles andere als abgehoben und pflegte sein Image als Fußballarbeiter. Auch Schindelmeiser betonte, wie wichtig ihm die menschliche Komponente sei. „Auch wenn der Vertrag aufgelöst wurde, ist er noch immer unser Junge.“Doch der VfB Stuttgart braucht für den angestrebten Aufstieg in die Bundesliga Ruhe. Und ein Großkreutz, der, laut „Bild“-Zeitung am besagten Abend auch noch angetrunken im Bordell unterwegs gewesen sein soll, war tatsächlich nicht mehr zu halten.
Und der Sünder selbst denkt, zumindest jetzt nicht vordergründig an sich, sondern nun auch an die ehemaligen Mannschaftskollegen. „Dafür kann ich mich nur entschuldigen, auch bei der Mannschaft, dass so viel Unruhe reinkam jetzt. Deshalb ist es besser, dass jetzt mal Ruhe einkehrt und sie ihr Ziel erreichen können und aufsteigen werden und dass ich dann hoffentlich eingeladen werden und mit den Jungs den Aufstieg feiern kann.“Und noch einen Wunsch hat der gefallene Held: Ruhe für sich und seine Familie. „Das ist mir wichtig, bitte tut mir den Gefallen.“ Weitere aktuelle Nachrichten sowie einen Kommentar zum finden Sie unter: www.schwaebische.de/grosskreutz