Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Am Ende eine Demütigung
Der FC Bayern steigert sich in der zweiten Halbzeit und gewinnt auch bei Arsenal 5:1 (0:1)
(fil) - Nein, als Betriebsausflug kann man die Reise des FC Bayern München nach London nicht bezeichnen. Einige hatten das Rückspiel im Champions-League-Achtelfinale ja so bezeichnet, nachdem die Münchner im Hinspiel 5:1 gewonnen hatten. Andere hatten sogar in den Archiven gewühlt und herausgefunden, dass Bayerns Trainer Carlo Ancelotti im Jahr 2004 mit dem AC Milan nach einem 4:1 im Hinspiel noch durch ein 0:4 ausgeschieden war in der Champions League.
Doch wer auf eine Sensation der Londoner spekuliert hatte, wurde arg enttäuscht: Dank fünf Toren in der zweiten Halbzeit gewann der FC Bayern auch das Rückspiel klar. Oder andersrum: Weil Arsenal in der zweiten Halbzeit wieder auseinanderfiel und fünf Gegentreffer kassierte, wurden sie wieder vom FC Bayern gedemütigt. Der Endstand: 1:5 (1:0) aus Sicht der Gunners. Déjà-vu statt Revanche. Fünf bayerische Watschn für den FC Arsenal und Trainer Arsène Wenger, für den wohl endgültig seine Abschiedstournee aus dem Norden Londons begonnen hat. Es spricht einiges dafür, dass der Elsässer, seit 1996 bei Arsenal, sich im Sommer eine neue Aufgabe suchen wird.
Die Bayern wirkten zwar zu Beginn etwas lasch und ein wenig pomadig. „Das Resultat passt nicht ganz zum Spiel“, sagte etwa Verteidiger Mats Hummels selbstkritisch, zu Beginn sei man im „Verwaltungsmodus“unterwegs gewesen. „Es war schwierig nach dem 5:1 im Hinspiel, die richtige Einstellung zu finden“, sagte auch Ancelotti. Doch bis auf eine 20-minütige Phase rund um Arsenals Treffer hatten die Münchner die Partie komplett im Griff. „Ich habe aber nicht daran gedacht, dass es noch kippen könnte“, sagte Keeper Manuel Neuer.
Auch nicht nach dem 0:1. Da hatte Theo Walcott so viel mit dem Po wackeln und so viele Schlenker in seinen unwiderstehlichen Sturmlauf einbauen können, wie er wollte. Er überrannte die gesamte Abwehr und schoss aus spitzem Winkel. Neuer konnte den Ball mit seinen hochgerissenen Händen nur noch ins Tor bugsieren (20.). In der 34. Minute wäre beinahe das 2:0 gefallen, wieder durch Walcott, wieder aus spitzem Winkel aus kurzer Distanz. Der Ball sprang ans Außennetz. Aufgegeben hatten sich die Gunners wahrlich nicht.
Bayern antwortete in der 38. Minute mit einer Chance von Robert Lewandowski, der den Ball aber nach Arjen Robbens direkten Zuspiel neben das Tor setzte.
Es war kein Spaziergang für die Münchner gewesen in der ersten Halbzeit. Doch dann glichen sie aus. Dank Robert Lewandowski. Oder besser: Dank Laurent Koscielny, der Lewandowski im Strafraum zu Fall brachte, dafür nach einiger Konfusion die Rote Karte bekam (der Schiedsrichter hatte eigentlich nur Gelb geben wollen, wurde aber vom Torrichter überstimmt, der den Stoß des Verteidigers als Notbremse wertete), und kaum, dass er vom Platz gegangen war, verwandelte Lewandowski den unstrittigen Elfmeter zum 1:1. Arsenal hätte nun noch vier Tore schießen müssen, um sich in die Verlängerung zu retten. Fünf, um weiterzukommen.
Der „Kas war bissn“, wie die Bayern sagen, die Sache war gelaufen. Zumal die Münchner jetzt wieder die totale Kontrolle über die Partie erlangten. Javi Martínez (61.) und Lewandowski hatten noch gute Chancen, die Führung zu erzielen. Das erledigte dann Arjen Robben in der 68. Minute: der Niederländer nahm dabei dem recht tölpelhaft verteidigenden Angreifer Alexis Sánchez den Ball im Strafraum einfach ab und netzte ein. Lewandowski traf dann kurz darauf den Pfosten. Besser machte es Douglas Costa, als er nach einem Solo zum 3:1 traf (78.).
Von Arsenal kam nun kaum mehr Gegenwehr, die ersten Zuschauer hatten, untypisch für England,bereits nach Lewandowskis Elfmeter das Stadion verlassen. Dann zerfiel Arsenal sogar. Arturo Vidal traf mit einem feinen Heber zum 4:1. Für Arsène Wenger und die Seinen wurde es wieder zum Debakel. Und dann zum Déjà-vu: Douglas Costa leitete einen langen Pass von Renato Sanches weiter, Vidal traf zum zweiten Mal.