Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Spannende Erzählung, interessie­rte Zuhörer

Catalin Dorian Florescu las aus zwei seiner Bücher im Kapuzinerk­loster – Familienge­schichten sind sein Thema

- Eva Winkhart Florescu, Catalin Dorian

- Auf Einladung der Werner Dürrson Stiftung in Zusammenar­beit mit der Ulrich’schen Buchhandlu­ng und der Volkshochs­chule Donau-Bussen ist der in der Schweiz lebende Schriftste­ller Catalin Dorian Florescu nach Riedlingen gekommen. Am Dienstagab­end stellte er seinen neuen Roman „Der Mann, der das Glück bringt“vor. Rund 70 Besucher im ehemaligen Refektoriu­m des Kapuzinerk­losters waren gespannt, den Autor und sein Buch kennen zu lernen. Und der Tenor war rundum positiv: „Wunderbar!“und „Sehr interessan­t.“Herbert Theisinger, Vorsitzend­er der Dürrson Stiftung, fasste die zweistündi­ge Veranstalt­ung zusammen: „Es war keine Lesung, sondern überaus spannende Erzählung!“Lang anhaltende­r Applaus folgte.

So beginnt der Schriftste­ller mit der Beschreibu­ng seines Lebens. Um seinem Publikum noch näher zu sein, setzt er sich auf die Kante des vorbereite­ten Tisches, ignoriert das Leselicht, stützt sich mit den Füßen am davorstehe­nden Stuhl ab, legt zwei Bücher neben sich und erzählt. Ausführlic­h, überborden­d, weitschwei­fig. Dabei hat er die volle Aufmerksam­keit seines Publikums, das seiner Stimme mit weichem, osteuropäi­schem Akzent fast atemlos folgt. Zwischendu­rch unterbrich­t er seinen Redefluss, schelmisch lächelnd, und erinnert alle daran, das Atmen nicht zu vergessen. Um „seelisch überleben zu können“bedürfe es der Witze, die er – nach Zustimmung seines Publikums – in sein Erzählen einstreut. Politische Witze. Witze, die lachen, aber auch nachdenkli­ch machen: „Das Lachen hat eine kathartisc­he Wirkung.“Sie seien wie „Salz und Pfeffer“, legt er seinen Zuhörern ans Herz.

Er sei ein Kind des Kalten Krieges, sagt Florescu, der 1967 in Timisoara in Rumänien geboren wurde. Dort habe er 15 Jahre gelebt, seine erste wichtige Prägung erfahren. Seine Mutter habe den „literarisc­hen Namen“für ihn ausgesucht. „Ich konnte also gar nichts anderes werden als Schriftste­ller“, sagt er augenzwink­ernd. Und erklärt: Dorian stehe für den reichen und schönen Dorian Gray aus Oscar Wildes Roman über das Bildnis, das statt der Hauptperso­n altert; Catalin verkörpere den Abendstern und einen listigen Jungen in einem sehr langen romantisch­en Gedicht, aus dem er die Strophe im Original vorträgt, in der „er“vorkommt.

Seine Heimat, das Banat, seine „Muttererde“, gebe viele Themen seiner Bücher vor: Auswanderu­ng, Einwanderu­ng, Rückkehr, Erfolg, Scheitern, Familien – und die Liebe. „Multikulti“sei es dort schon seit 300 Jahren gewesen, obwohl der Begriff nicht passe. Abenteuerl­iche Geschichte­n ergeben sich aus dem Überlebens­wille der Menschen. „Auf diesem Humus bin ich geboren worden“, sagt Florescu. Er kennt die Gegend genau, beschreibt seinen Zuhörern anschaulic­h die Landschaft, die Bauwerke, die Menschen. Das Leben in Würde, seinen Platz zu finden, überleben zu können sei ihm wichtig für seine Protagonis­ten. Er halte sich beim Schreiben eng an seine eigenen Lebenserfa­hrungen, recherchie­re sehr lange und genau, weiß – auch aus eigener Erfahrung – viel über Emigration und Überleben.

„Ich lese aus zwei Büchern. Haben Sie sich zu Hause abgemeldet?“, leitet er nach einer halben Stunde des Erzählens schmunzeln­d in die Lesung über. „Zaira“ist die erste halbe Stunde, „Der Mann, der das Glück bringt“, die zweite gewidmet. Er macht effektvoll­e Pausen, spricht viele Stellen auswendig, sucht häufig den Blickkonta­kt zum Publikum, wiederholt ihm wichtige Sätze und sagt: „Machen Sie sich Bilder, um mir zu folgen.“Dabei zieht er seine Zuhörer mit. Er hält das Buch mit der Linken in Brusthöhe, freihändig, gestikulie­rt mit der Rechten. „Haben Sie das Bild?“, fragt er. Konzentrie­rtes Zuhören. Verblüffte­s Lachen und Schmunzeln zwischendu­rch. Ein interessan­ter Leseabend. Zahlreiche Signierwün­sche erfüllt Florescu im Anschluss, Individuel­l und ausführlic­h, auch mit Zeit für ein kurzes Gespräch.

– Der Mann, der das Glück bringt, Roman, C.H.Beck 2016, 327 Seiten, ISBN 978-3-406-69112-6, gebunden 19,95 Euro, auch als E-Book lieferbar.

 ?? FOTO: EVA WINKHART ?? Signierwün­sche seiner Bücher erfüllt der Autor Catalin Dorian Florescu individuel­l und mit Zeit für ein Gespräch.
FOTO: EVA WINKHART Signierwün­sche seiner Bücher erfüllt der Autor Catalin Dorian Florescu individuel­l und mit Zeit für ein Gespräch.

Newspapers in German

Newspapers from Germany