Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Zur Person Präsident
Schon vor der Abstimmung am Montag im Budapester Parlament stand fest, dass János
Áder für eine zweite fünfjährige Amtsperiode zum Präsidenten Ungarns gewählt werden würde. Der 57-jährige Jurist hat weiterhin das Wohlwollen von Ministerpräsident Viktor Orbán – und das genügt bei den gegenwärtigen Mehrheitsverhältnissen.
Áder hat es in seiner ersten Amtsperiode nur in Ansätzen gewagt, Orbán die Stirn zu bieten: Er bemühte fünfmal das Verfassungsgericht gegen Regierungsentscheidungen und verweigerte 27 neuen Gesetzen seine Unterschrift – allerdings weniger aus inhaltlichen Gründen als vielmehr wegen formaler Fehler, womit er Orbán nur mäßig ärgerte. Ansonsten hieß Áder alles gut, wofür Ungarns Premier von der EU-Kommission gescholten wird: die Politisierung der Justiz, den Abbau der Demokratie, die Stimmungsmache gegen den „Staatsfeind“EU, die Asyl- und Migrationspolitik samt Befestigung der Grenze. Áder selbst war als Verfassungsexperte seit 2010 am Umbau Ungarns zu einer nationalkonservativen Autokratie maßgeblich beteiligt. Gleichwohl wollte Orbán ihn noch vor dem Jahreswechsel wegen seines bisschen Widerstandsgeists fallenlassen. Doch Umfragen, wonach Áder sich großer Beliebtheit erfreut, haben Orbán zum Umdenken bewegt.
Áder wurde 1959 in der Kleinstadt Csorna nahe der österreichischen Grenze geboren. Seine Familie zählte in kommunistischer Zeit zu den Privilegierten, der junge Mann konnte an der Budapester Eötvös-Lorant-Universität Jura studieren, wurde Rechtsanwalt und arbeitete bis kurz nach der Wende 1989 an einem staatlichen Forschungsinstitut. Er ist mit einer Richterin verheiratet und Vater von vier Kindern. 1988 zählte Áder zu den Gründungsmitgliedern der FideszBewegung unter dem damaligen antikommunistischen Studentenführer Orbán. Während dessen erster Regierung 1998-2002 war Ader mit 39 Jahren der jüngste Parlamentspräsident der ungarischen Geschichte. Damals bezog er noch herzhafter Gegenpositionen zu Orbán als heute, doch ist ihm das nicht gut bekommen: Er wurde als langjähriger Vizeparteichef kaltgestellt und als EuropaAbgeordneter nach Strassburg „verbannt“. 2012 kehrte er zurück, um Staatspräsident zu werden. Rudolf Gruber