Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Unbekanntes Bangladesch
Die radelnde Weltreisende Annemarie Klein nimmt die nächste Etappe ihrer Vortragsreihe in Angriff
- Indien, Nepal, Sri Lanka: Annemarie Klein, die radelnde Weltreisende aus Altheim, hat die Besucher ihrer Vortragsreihe schon zu vielen exotischen Orten mitgenommen. In diesem Jahr geht die Reise nach Bangladesch – ein für Europäer weitgehend unbekanntes Land, bitterarm, in das sich kaum je ein Tourist verirrt. Erste Etappe der Vortragsreihe ist am Freitag, 24. März, Bad Buchau.
Sieben Jahre lang war Annemarie Klein unterwegs: von Altheim bis zum Slope Point in Neuseeland, 44 561 Kilometer, durch 22 Länder und drei Erdteile – allein, als Frau, auf dem Fahrrad. Als Klein im Februar 2009 wieder in ihre oberschwäbische Heimat zurückkehrte, hatte sie 15 000 Fotos und unzählige Erinnerungen im Gepäck.
Daran lässt die Krankenschwester, die mittlerweile in Blönried wohnt, schon seit Jahren die Besucher ihrer Vorträge teilhaben. Denn wie ihre Weltradtour meistert sie auch ihre Vortragsreihe „Allein mit dem Fahrrad ans Ende der Welt“in Etappen: Jedes Jahr steht ein anderes Reiseziel im Mittelpunkt.
Inzwischen hat Klein etliche „Mitreisende“, die sie jedes Jahr auf ihrer Weltreise in Bildern ein Stück begleiten. Aber es ist auch möglich, bei einer bestimmten Etappe zuzusteigen. In diesem Jahr ist das sogar besonders einfach: „Diesmal mache ich eine ausführliche Rückschau und einen Ausblick, was noch kommt“, sagt Klein. Denn bei ihrer Vortragsreihe hat sie jetzt etwa die Hälfte der Strecke gemeistert.
Ein Leben im Elend
Der aktuelle Tourteil umfasst Kalkutta und die indische Inselgruppe der Andamanen, wo sich Klein auf ihrer anstrengenden Weltreise eine kleine „Auszeit“genommen hatte. Vor allem aber steht Bangladesch im Mittelpunkt – ein Land, das so gut wie gar nicht touristisch erschlossen und vor allem als Standort einer ausbeuterischen Textilindustrie bekannt ist.
Auch Annemarie Klein hat während ihres 50-tägigen Aufenthalts ein „bitterarmes“Land kennengelernt. Morgens strömen die Näherinnen in Scharen zu den Fabriken. Am Straßenrand klopfen Frauen und Kinder von Hand Steine, die für den Straßenbau verwendet werden. „Die Menschen sind ziemlich ausgemergelt“, erzählt Klein. Aufgefallen sei ihr der „traurige, leere Gesichtsausdruck“vor allem der Erwachsenen. In den überfüllten Städten dominieren „Dreck und Gestank“.
Schönere, vor allem ruhigere Seiten Bangladeschs bekam die radelnde Weltreisende auf dem Land zu sehen. Unterwegs habe sie einen deutschsprachigen Bangladeschi kennengelernt, der sie mit in sein Heimatdorf genommen habe. Die Gastfreundschaft, Großzügigkeit und Warmherzigkeit gerade der armen Menschen habe sie auch hier, wie so oft auf ihrer Reise, überwältigt. Mitgenommen habe sie aus Bangladesch, „das Leben so anzunehmen wie es ist“, sagt Klein.
Wie „vom Mond gefallen“
Auch wenn mangelnde Sprachkenntnisse oft eine Hürde darstellten, sei es als Reisende per Rad gar nicht so schwer, mit der Bevölkerung in Kontakt zu kommen – ganz im Gegenteil: Als Europäerin war Klein immer von einer Traube neugieriger Menschen umringt. „Ich kam mir vor, wie ein Filmstar. Die sitzen dir auch fast auf der Haut. Die Menschen haben mich angesehen, als ob ich gerade vom Mond gefallen wäre.“
Besonders kurios: Weil sie sportliche, weite Kleidung und ihre Haare gerade kurz trug, wurde sie von den Bangladeschi als Mann betrachtet. In dem muslimischen Land ist eine Frau in Hosen, die auch noch ganz alleine unterwegs ist, schlichtweg undenkbar. „Also habe ich sie einfach in dem Glauben gelassen.“