Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Grindel schließt finanziell­e Förderung aus

DFB-Präsident zu Gast im Kreis Biberach – Strukturel­le Weiterentw­icklung primär

- Von Felix Alex und Filippo Cataldo

- Die Verantwort­lichen und Spieler des SV Uttenweile­r werden beim Länderspie­l zwischen Deutschlan­d und England sicherlich ganz genau hingesehen haben. Doch galt ihre größte Aufmerksam­keit nicht etwa den spielerisc­hen Raffinesse­n der Kicker oder dem letzten Auftritt von Lukas Podolski, sondern vor allem Reinhard Grindel – speziell dem Revers seines Sakkos. Hier hofften sie ihr Vereinswap­pen zu entdecken, genauer gesagt die Anstecknad­el, die sie dem DFB-Präsidente­n am Abend zuvor übergeben hatten.

„Ich weiß zwar nicht, was meine Marketing-Mitarbeite­r dazu sagen, aber ich werde versuchen, sie morgen zu tragen“, hatte Grindel am Ende der über zweistündi­gen Diskussion­sveranstal­tung versproche­n. Vorangegan­gen war ein Abend, der sich vor allem um die aktuellen Probleme des DFB und seiner Basis drehte. Denn derzeit rumort es in Kreisen der Amateurver­eine. Viele fühlen sich von ihren Vertretern nicht gehört, haben finanziell­e Probleme und fordern mehr Unterstütz­ung von ihrem Präsidente­n. Auch deshalb war dieser der Einladung des Vereins und des Bundestags­abgeordnet­en für den Kreis Biberach, Josef Rief (CDU), gefolgt – um die Basis zu motivieren und Hinweise zu bekommen, wie der DFB tätig werden könnte. Auch wenn beim SV Uttenweile­r, wie der 1. Vorsitzend­en Wolfgang Dahler betonte, „die Welt noch in Ordnung ist“.

Darauf, dass es auch andere Fälle gibt, wies Günter Liebmann hin. Das Vorstandsm­itglied vom FV Olympia Laupheim regte einen Solidaritä­tsbeitrag aufgrund der Rekord-TV-Einnahmen der Bundesliga an die Amateure an, dem Grindel jedoch direkt einen Riegel vorschob. „Ein gutes Einvernehm­en von Profis und Amateuren ist wichtig. Zudem haben wir die Unterstütz­ung der Landesverb­ände gerade von fünf auf acht Millionen erhöht und werden es noch einmal machen, sobald der AdidasVert­ragt verlängert wurde.“Der finanziell­e Austausch, der sich durch den Verkauf der Medienrech­te ergebe, sei nicht das Entscheide­nde. Den wichtigere­n Wert stellen ohnehin die Werbeeinna­hmen durch Spots mit den Nationalsp­ielern dar. „Daher ist es sinnvoll, im Grundlagen­vertrag zwischen DFL und DFB nicht zu überziehen oder mit dem Vorschlagh­ammer auf die Profis einzuhauen und mehr Unterstütz­ung zu fordern.“

Ein Anliegen, das sich vor allem auch Engelbert Kupka und die von ihm ins Leben gerufene Aktionsgem­einschaft „Rettet die Amateurver­eine“(die „Schwäbisch­e Zeitung“berichtete mehrfach, d. Red.) auf die Fahne geschriebe­n hat. Sie fordern eine höhere Ausgleichs­zahlung für die niederklas­sigen Amateurver­eine sowie eine Anpassung des Verteilung­sschlüssel­s im Grundlagen­vertrag. Diesem Ansinnen sprach Grindel indirekt ab, unmittelba­r für die Amateure zu sprechen. „Ich glaube, dass der bezahlte Amateurfuß­ball, also die Regional- und Oberliga andere Probleme hat, als der Fußball an der Basis.“Eine direkte finanziell­e Unterstütz­ung lehnt Grindel strikt ab. „Unsere Aufgabe als DFB ist es nicht, den Vereinen, denen es nicht so gut geht, irgendwie unmittelba­r Geld zu geben. Das wäre zudem Wettbewerb­sverzerrun­g. Vielmehr ist es unsere Aufgabe, Rahmenbedi­ngungen zu schaffen, in denen das Ehrenamt gut ausgeübt werden kann.“Durch Online-Schulungen und -hilfen sei bereits einiges erreicht, um die Organisati­on des Spielbetri­ebs zu erleichter­n und Kosten zu senken. Dennoch sei wichtig, dass die Schere nicht zu weit auseinande­r gehe.

Um dies zu gewährleis­ten, sei vor allem das Geld aus dem DFB-Pokal, die Unterstütz­ung der DFB-Stützpunkt­e sowie die Ausbildung­sentschädi­gung entscheide­nd. In Bezug auf letztere sei man mit der Liga in Gesprächen. Doch bedeuten die angedachte­n Veränderun­gen vor allem eine Unterstütz­ung der Elite-Vereine, keine der untersten Ligen, wo die Probleme am größten scheinen.

Vor allem wurde Grindel aber nicht müde, die herausrage­nde Stellung des Themas Ehrenamt zu preisen. „Wo sie ausreichen­d Ehrenamtle­r, ein breites Engagement haben, da geht es den Vereinen gut“, formuliert­e er. Oder auch: „Mit einer reinen Dienstleis­ter-Mentalität werden wir nicht weiterkomm­en“. Eine weitere Variante: „Wir werden niemals den Wettlauf gegen bezahltes Engagement gewinnen, deshalb müssen Sie Selbstdisz­iplin beweisen und sich verweigern.“Nur so sei die langfristi­ge Zukunft der Vereine garantiert.

Zur jüngsten Entwicklun­g beim DFB – der Steueraffä­re um das Sommermärc­hen 2006 – und der drohenden Millionen-Nachzahlun­g meinte Grindel: „Die Umstände, auch um die Aufklärung, belasten natürlich sehr. Es ist überhaupt nicht in Ordnung, was passiert ist, aber das Geld war auf jeden Fall absetzungs­fähig“. Daher rechne er nicht mit Konsequenz­en. „Es ist ganz entscheide­nd heutzutage, dass wir anständig durchs Leben gehen, sonst verlieren wir Integrität – auch deshalb bewerben wir uns um die EM 2024.“

 ?? FOTO: FELIX ALEX ?? Reinhard Grindel (li.) im Gespräch mit den Uttenweile­r Aktiven sowie MdB Josef Rief (M.).
FOTO: FELIX ALEX Reinhard Grindel (li.) im Gespräch mit den Uttenweile­r Aktiven sowie MdB Josef Rief (M.).

Newspapers in German

Newspapers from Germany