Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Moderner, flexibler, familienfreundlicher
Vorträge zur familienbewussten Arbeitswelt zeigen Modelle zur Teilzeitarbeit
- Zu einer Tagung für Personalverantwortliche zum Thema „Zukunftsmodell Teilzeit“hat Familynet am Donnerstagnachmittag eingeladen. Im Tagungsraum der Firma Linzmeier in Riedlingen stellten drei Referenten den Teilnehmern verschiedene Aspekte der Teilzeitarbeit vor. Kleine und mittelständische Unternehmen sollen dabei Handreichungen und Unterstützung bekommen, ihren Mitarbeitern Möglichkeiten zu bieten, Familie und Beruf zu vereinbaren.
Der erste Referent des Nachmittags, Dr. Ufuk Altun vom Institut für angewandte Arbeitswissenschaft in Düsseldorf, zeigte dazu Organisationskonzepte und Umsetzungsmodelle. Mitarbeiter müssten für diese Aufgaben ebenso geschult werden: „Das ist auch für die Führungskraft eine neue Herausforderung.“Neue Arbeitszeitmodelle seien notwendig und zahlreiche Unternehmen bereits aktiv, denn: „An gut qualifizierte Mitarbeiter kommt man nicht übers Geld.“Andere Attraktivitäten müssten geboten werden – und die Teilzeitarbeit sei eine davon. Sie gewinne an Bedeutung je nach Lebensphase: für die Kindererziehung, für Weiterbildung, für die Versorgung der eigenen Eltern oder kranker Angehöriger, auch für Hobbies. Die Menschen wollten arbeiten – aber nicht alle in starren Modellen. So könnten Unternehmen moderner, agiler, familienfreundlicher werden.
Altun stellte verschiedene Modelle der Teilzeitarbeit vor: das „klassische Modell“mit einer fünf-TageWoche jeweils am Vormittag oder am Nachmittag; oder vier Tage zu 60 Prozent und einem freien Tag; oder zwei Tage Vollzeit, zwei Tage frei, ein Tag zur Hälfte; oder sechs Monate in Vollzeit zum halben Gehalt und sechs Monate frei bei Weiterbezug des halben Gehaltes; oder über das Jahr verteilt in unterschiedlichen Blöcken; oder teilweise mit Anwesenheit im Büro, teilweise mit der Arbeit von zu Hause aus als Telearbeit oder per Home Office. Abhängig von der Position, der Art der Arbeit, der Auftragslage.
Im Schichtbetrieb sei die Teilzeitarbeit ebenso möglich wie bei Führungskräften, führte Altun aus. Die Leistungsmotivation werde dadurch höher, auch die Identifikation mit dem Unternehmen. „Auf meine Bedürfnisse und Belange wird eingegangen“, stellten Beschäftigte fest, so Altun. Eine Win-win-Situation würde geschaffen für beide Parteien: das Unternehmen wie die Beschäftigten. Arbeitnehmer erhielten ihre gewünschte Flexibilität und das Unternehmen könne seine hochqualifizierten Beschäftigten halten – in Zeiten von Fachkäfteengpässen – und spare so Geld und Aufwand für Neueinstellungen. Transparenz, Offenheit und allgemeine Information aller Beteiligten gegenseitig sei notwendig bei der Einführung von neuen Arbeitszeitmodellen. Allerdings brauchten die neuen Strukturen Mut, Zeit und ein Umdenken. Auch in Zusammenarbeit mit Betriebsrat und Gewerkschaften. Und: Es gebe keine allgemein gültige Struktur; jede Regelung müsste individuell auf Unternehmen und Person zugeschnitten sein.
23 Frauen und ein Mann, Führungskräfte aus den Personalabteilungen von Unternehmen zwischen Ulm und Überlingen, waren gespannt auf aktuelle Informationen. Lara Scheu von einem Ingenieurunternehmen in Überlingen mit vielen Teilzeitkräften erhoffte sich Einblicke in der für sie neuen Thematik. Veronika Laub, stellvertretende Beauftragte für Personalwesen in einem Betrieb des öffentlichen Dienstes in Sigmaringen, möchte auf den neuen Stand gebracht werden. Über ihre Anwesenheit bei der Fachtagung sagte Lisa Bareth von einem Maschinenbauunternehmen in Bad Saulgau: „Damit wir die Info aktuell weitergeben können.“Und ihre Kollegin Andrea Reischmann ergänzte, dass Eltern- und Teilzeit vermehrt gewünscht werde von den Mitarbeitern.
Andreas Linzmeier, Geschäftsführer des gastgebenden Unternehmens, nannte in seiner Begrüßung die Zahlen für seinen Bereich: Zwölf Prozent der 300 Beschäftigten der Firma Linzmeier arbeiteten zurzeit mit einem reduzierten Stundenkontingent, darunter ein Mann. Da sie im „männerlastigen“Bauwesen tätig seien, gebe es hier nur 70 Frauen – von ihnen sind vier werdende Mütter – und 34 arbeiteten in Teilzeit. In Elternzeit befinden sich drei Männer und drei Frauen. Eine steigende Zahl von Männern wünsche jedoch eine Teilzeitanstellung. Und den Wünschen sollte ein Unternehmen nachgeben, um nicht auf qualifizierte Mitarbeiter verzichten zu müssen.
Nach der Pause informierte Marcel Petermann vom Ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend über die Aspekte Elternzeit und Partnerschaftsbonus. Frank Goll von der Agentur für Arbeit in Ulm sprach über Maßnahmen und Möglichkeiten des Wiedereinstiegs.