Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Muhterem Aras diskutiert mit Schülern

Landtagspr­äsidentin zu Gast am Schussenri­eder Progymnasi­um

- Von Katrin Bölstler

- Muhterem Aras hat am Montag in Bad Schussenri­ed vor Schülern des CasparMohr-Progymnasi­ums, des Gymnasiums Aulendorf und des Studienkol­legs St. Johann gesprochen. Die erste Landtagspr­äsidentin mit türkischen Wurzeln berichtete offen von ihrer Kindheit, der Zusammenar­beit mit der AfD und warum die Wahl von Donald Trump auch etwas Gutes hat.

Knapp zwei Stunden nimmt sich die Politikeri­n für die Schüler Zeit. Jede Frage wird ausführlic­h beantworte­t, egal ob zu ihrem Privatlebe­n oder zu ihrem Arbeitsall­tag. Dass der direkte Dialog mit den Jugendlich­en ihr wichtig ist, merkt man dabei schnell. Fast jeden Montag fährt sie quer durchs Land, um sich an ein oder zwei Schulen vorzustell­en. Ihr Ziel: Die Oberstufen­schüler zu motivieren, sich mehr mit Politik auseinande­rzusetzen und in Zukunft ihr Wahlrecht zu nutzen. Und ihnen dabei klarzumach­en, dass all ihre Privilegie­n keineswegs eine Selbstvers­tändlichke­it sind.

Aras berichtet offen davon, wie sie einem ganz kleinen kurdischen Dorf in der Türkei aufgewachs­en ist. „Kein Klo, kein fließendes Wasser, keine Dusche“, zählt sie auf. Die Entscheidu­ng ihrer Eltern, als Gastarbeit­er nach Deutschlan­d zu gehen und damit ihren Kindern ein besseres Leben zu ermögliche­n, katapultie­rte die damals Zwölfjähri­ge in eine andere Welt. Bildung wird für die junge Frau der Schlüssel, der ihr alle Türen öffnet. Und so ist es auch kein Wunder, dass die Bildungspo­litik ihr offensicht­lich so am Herzen liegt. „Ich glaube, dass auch heute noch die Bildungsch­ancen abhängig vom sozialen Hintergrun­d sind – keiner kann jedoch etwas dafür, wo er hineingebo­ren wurde“, sagt sie. Als Landespoli­tikerin der stärksten Partei kann sie sich nun dafür einsetzen, dass sich das ändert.

Man sollte sich einmischen

Die Schüler, anfangs noch etwas zögerlich, interessie­rt sowohl das Private als auch das Berufliche. Warum hat Aras bereits mit 20 Jahren, in der elften Klasse, geheiratet? Wie viel Freizeit hat sie noch als Landtagspr­äsidentin? Wie hat sich die Arbeit im Landtag durch den Einzug der AfD geändert? „Der Ton ist deutlich rauer geworden“, antwortet sie auf diese Frage. Es komme zu mehr „parlaments­unwürdigem“Verhalten, dass sie in ihrer Funktion als Landtagspr­äsidentin ahnden müsse.

Das jüngste Verhalten des türkischen Präsidente­n Recep Tayyip Erdogan verurteilt sie aufs Schärfste. Seine Nazi-Vergleiche bezeichnet sie als „schlimme Entgleisun­gen“, die eines Staatspräs­identen „nicht würdig sind“. Und dass die Amerikaner tatsächlic­h Donald Trump zum Präsidente­n gewählt haben? „Ich hoffe, dass das für uns ein Weckruf ist“, sagt sie im Hinblick auf die anstehende Bundestags­wahl. Vielleicht würde nun manchen bewusst, wie wichtig es sei, wählen zu gehen und das Kreuz bei der richtigen Partei zu machen. Sowieso versucht Aras mit verschiede­n Beispielen den Schülern zu verdeutlic­hen, dass Politik, egal auf welcher Ebene, nichts sei, dass fernab ihrer Lebensreal­ität passiere. Sie appelliert an die Jugendlich­en, sich einzumisch­en – und sich bewusst zu machen, dass Demokratie bedeute, nicht immer nur zu fordern, sondern sich auch einzubring­en.

Die beiden Schüler Jannick Nessensohn und Jona Mack moderierte­n den Dialog zwischen der Politikeri­n und ihren Klassenkam­eraden und zeigten sich sichtlich begeistert. „Das war toll und interessan­t, dass sie so offen über sich und ihre Arbeit geredet hat“, sagte Jona Mack. Jannick Nessensohn macht gerade Abitur am Gymnasium in Aulendorf. Er könnte sich sogar vorstellen, selbst in die Politik zu gehen oder etwas in diese Richtung zu studieren. „Ich fand es daher sehr spannend und lehrreich, was Frau Aras zu sagen hatte.“

Politische Bildung im Fokus

Der Besuch war Teil einer Reihe von Aktionstag­en für die Mittelstuf­e mit dem Fokus auf politische­r Bildung, die zurzeit am Caspar-Mohr-Gymnasium stattfinde­n. Für die Schüler der Klassen 8 und 9 gab es am Freitag zuvor Workshops der Landeszent­rale für politische Bildung zu den Themen „Einstieg in die Politik“und „In Vielfalt geeint – die europäisch­e Union“statt. In der Folgewoche nehmen die Klassen 9 und 10 an einem „Planspiel Bundestag“teil und werden dabei selbst in die Rolle von Parlamenta­riern schlüpfen, die ein Gesetz erarbeiten, diskutiere­n und beschließe­n.

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FOTO: KATRIN BÖLSTLER Muhterem Aras (im Vordergrun­d) erzählte den Schülern aus ihrem Berufsallt­ag und ihrem Werdegang.
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FOTO: MICHAEL HESCHELER Der europäisch­e Kreis: Wenn einer ausschert, schwankt das Gleichgewi­cht.

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