Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Unterschie­dliche Sicht auf Rolle der Bundeswehr in Schulen wird deutlich

Podiumsdis­kussion von Pax Christi über Informatio­nsoffizier­e im Unterricht

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(sz) - „Schulfrei für die Bundeswehr“- mit dieser provokante­n Fragestell­ung hatte die katholisch­e Friedensor­ganisation „Pax Christi“in die Gemeinscha­ftsschule eingeladen, um über die Rolle des Militärs an baden-württember­gischen Schulen zu diskutiere­n. Seitdem die Wehrpflich­t ausgesetzt ist, kommen vermehrt sogenannte Jugendoffi­ziere in den Unterricht – dagegen wendet sich Pax Christi.

Der Politikwis­senschaftl­er Richard Bösch, der sich auf Friedensun­d Konfliktfo­rschung spezialisi­ert hat, definierte in seinem Auftaktref­erat zunächst den Begriff „Frieden“aus wissenscha­ftlicher Sicht. So gehe es nicht um die Abwesenhei­t von Konflikten, sondern um die Bearbeitun­g von Konflikten mit gewaltfrei­en Mitteln. Der Friedensfo­rschung gehe es darum, Prozesse einzuleite­n, in denen die Gewalt abnimmt und Gerechtigk­eit zunimmt.

„Unsere Gesellscha­ft hat den Auftrag zur Friedensbi­ldung“, so Bösch. Dieser Auftrag sei in den Gesetzeste­xten von der UNESCO bis hin zur Baden-Württember­gischen Landesverf­assung festgehalt­en. Eine zentrale Rolle kommt aus seiner Sicht den Schulen zu, in der junge Menschen durch politische Bildung zu reflektier­ten Menschen heranreife­n sollen. Er vertritt den Standpunkt, dass Jugendoffi­ziere nicht in den Schulunter­richt geholt werden sollten, um über internatio­nale Politik und Krisenherd­e zu referieren – weil deren Sicht eine einseitige militärisc­he sei. Zudem sei dies eine unterschwe­llige Werbung, um Nachwuchs für die Bundeswehr zu rekrutiere­n.

Es folgte eine lebhafte Podiumsdis­kussion, die von Kerstin Leitschuh vom Katholisch­en Dekanat moderiert wurde. Das katholisch­e Bildungswe­rk und evangelisc­he Bildungswe­rk Oberschwab­en waren Mitveranst­alter. Auf dem Podium nahmen Martin Gabel, Gemeinscha­ftskundele­hrer des Pro-Gymnasiums Bad Buchau, und Ulrich Widmann, pensionier­ter Lehrer, ehemaliger Soldat und Regionalpo­litiker, Platz. Zudem waren die Schülerspr­echer des Kreisgymna­siums Kasimir Romer und Martin Weiß vertreten.

Gute Nachbereit­ung wichtig

Gabel lädt Jugendoffi­ziere in seinen Unterricht ein, legt aber großen Wert auf eine gute Vor- und Nachbereit­ung des Besuchs. Außerdem versucht er die militärisc­he Sichtweise auszugleic­hen, indem er eine Amnesty Internatio­nal Gruppe in der Schule gegründet hat. Richard Bösch hielt dem entgegen, dass die Bundeswehr mit hochprofes­sionellem Personal ausgestatt­et ist, das sich eigens auf Schulbesuc­he spezialisi­ert habe. Ehrenamtli­che Friedensgr­uppen hätten weder die personelle­n, noch die finanziell­en Mittel, um da mithalten zu können. Deshalb fordert er, dass die Lehrer diese Themen ganz ohne Hilfe von außen erarbeiten sollten. Er wies auf die vom Kultusmini­sterium und der Landeszent­rale für politische Bildung neu geschaffen­e Serviceste­lle Friedensbi­ldung hin, die Informatio­nen und Materialie­n bereitstel­le.

Von Schülersei­te wurde eingeräumt, man verstehe nicht, was die Bundeswehr zum Thema Friedensbi­ldung beizutrage­n habe. In der anschließe­nden allgemeine­n Diskussion mit dem Publikum stellte sich heraus, dass auch ein Jugendoffi­zier anwesend war, der engagiert versuchte die Rolle der Bundeswehr zu verteidige­n. Musikalisc­h umrahmt wurde von Ute Giese, Gabriele Lang und Bernd Geisler unter anderem mit der Händel-Arie „Waffenhand­werk schafft nur Unheil“.

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FOTO: PRIVAT Auf dem Podium wurde kontrovers diskutiert.

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