Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Özdemir plädiert für Abzug aus Türkei
Grünen-Chef will Bundeswehrsoldaten zurückholen – Kampf gegen Verfassungsänderung
- Im anhaltenden diplomatischen Streit mit der Türkei fordert Grünen-Chef Cem Özdemir die Bundesregierung auf, die deutschen Soldaten, die im Rahmen des Nato-Einsatzes gegen den „Islamischen Staat“(IS) in Incirlik stationiert sind, so schnell wie möglich zurückzuholen. „Wir sind unerwünscht. Die Bundesregierung sollte aufhören, sich demütigen zu lassen und sich anschließend noch zu bedanken“, sagte Cem Özdemir im Interview mit der „Schwäbischen Zeitung“. „Es gibt andere, die würden sich über unsere Präsenz freuen, beispielsweise Zypern oder Jordanien. Deshalb sollte man die Soldaten so schnell wie möglich aus der Türkei holen.“Die Türkei sei in Sicherheitsfragen kein verlässlicher Partner mehr.
Özdemir, Spitzenkandidat der Grünen bei der Bundestagswahl, warf Präsident Recep Tayyip Erdogan vor, „die Deutschtürken in Geiselhaft“zu nehmen. Schuld an dieser Entwicklung habe auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). „Frau Merkel hat viel dazu beigetragen, dass sich Herr Erdogan an das Kuscheln gewöhnt hat. Unser Ziel muss es sein, dass Erdogans Hetze und die Abschaffung der Demokratie bei Deutschtürken keine Akzeptanz findet, selbst wenn sie seiner islamischkonservativen Politik zuneigen. Dazu gehört, dass wir Religionslehrer und Imame hier ausbilden, damit sie nicht verlängerter Arm ausländischer Staaten werden“, so Özdemir.
Dem Referendum in der Türkei blickt der Vorsitzende der Grünen mit großer Sorge entgegen. „Erdogan wird auch im Fall eines Neins nicht an der Mittelmeerküste spazieren gehen, sondern alles tun, um nicht von der Macht zu lassen“, sagte Özdemir, der mit einem Video auf Facebook dafür wirbt, die Verfassungsänderung abzulehnen. „Bitte sagt Nein“, wendet sich Özdemir an die 1,4 Millionen Türken in Deutschland, die noch bis 9. April abstimmen können. Das Video wurde bis dato 950 000-mal aufgerufen, auf Facebook spricht man von einer Reichweite von 2,3 Millionen.