Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Beeindruckende künstlerische Umsetzung
Bruder-Klaus-Visionenweg soll dazu anregen, eigenen Lebenssituationen nachzuspüren
- 2017 wird der 600. Geburtstag des Schweizer Friedensheiligen Niklaus von Flüe gefeiert. Dies hat die Stefanus-Gemeinschaft in Heiligkreuztal zum Anlass genommen, ihn mit einem Visionenweg zu würdigen – verehrt sie ihn doch neben dem Heiligen Stefanus als Namensgeber als ihren zweiten Patron. Segnung und offizielle Einweihung ist am Sonntag, 2. April, um 10.15 Uhr nach der Heiligen Messe, die um 9 Uhr beginnt.
Diesen feierlichen Akt nimmt Monsignore Heinrich-Maria Burkard vor, der sich eng verbunden weiß mit den Kunstwerken und ihren Aussagen. „Die künstlerische Darstellung der Visionen des heiligen Niklaus von Flüe will Menschen dazu einladen, nach den wegweisenden Visionen für ihr eigenes Leben zu fragen.“Dass er den Menschen nicht nur in seiner Zeit zwischen 1417 und 1487 etwas zu sagen hatte, sondern dass dies auch noch heute gilt, soll der Visionenweg aufzeigen.
Ideengeber war Pfarrer Peter Schmid, vor Burkard geistlicher Beirat der Stefanus-Gemeinschaft. In einem Gespräch für ein Kunstbuch, das zur Einweihung herausgegeben wurde, erinnerte er an den Gründer der Gemeinschaft Alfred Lange und seine Verehrung für Bruder Klaus, die nach einer Wallfahrt in dessen Wirkungsstätte und Heimat Flüeli 1952 zur Benennung als zweiter Patron der Gemeinschaft führte. Dem ersten Hausgeistlichen, Pfarrer Bruno Bernhard Zieger, ist zu verdanken, dass Reliquien von Bruder Klaus im Kapitelsaal des Klosters eingemauert wurden.
Im Bruder-Klaus-Museum in Sachseln begegnete Pfarrer Schmid 2008 Reliefs des Künstlers Alois Spichtig zu den Visionen und war von ihnen sehr beeindruckt. Der Geistliche nahm mit dem Künstler Kontakt auf. Die erste Idee, die Visionen des Bruders Klaus für Heiligkreuztal in Glasfenstern auszudrücken, wurde verworfen. Der Künstler schlug Halbreliefs für die 16 Nischen in der inneren Klausurmauer vor. 2010 wurden der Stefanus-Gemeinschaft erste Entwürfe vorgelegt. Dank des finanziellen Engagements der Stefanus-Gemeinschaft Liechtenstein konnte am 11. September 2012 mit der Turmvision die erste Station aufgestellt werden. Alois Spichtig, der bereits 85 Jahre alt war, zog 2011 den jungen Künstler Toni Halter aus Giswil im Kanton Obwalden in der Schweiz hinzu und betraute ihn mit der Umsetzung seiner Entwürfe. So konnte Halter, Jahrgang 1973, das Werk Spichtigs nach dessen Tod im Juli 2014 in seinem Sinne weiterführen und vollenden.
Pfarrer Schmid zeigte sich bereits damals davon überzeugt, dass der Visionenweg Heiligkreuztal zu einem Bruder-Klaus-Zentrum machen werde, wie es „keines sonst auf der Welt so gibt“. Auch sein Nachfolger Heinrich-Maria Burkard ist sich sicher: „Die Art der Anlage, der künstlerischen Gestaltung darin und das Flair hier werden sicher viele Menschen ansprechen .“
Beide äußerten diese Gedanken in Interviews gegenüber Dagmar FrickIslitzer für das Kunstbuch „Visionen, die das Herz öffnen“. Seit 2014 gehört die Liechtensteinerin dem Rat der Stefanus-Gemeinschaft in Heiligkreuztal an und hat seither die Projektleitung für den Bruder-Klaus-Visionenweg inne. Dies bedeutete für sie – im Verbund mit den Verantwortlichen vor Ort – auch, auf Sponsorensuche zu gehen. Kleine und große Spenden ermöglichten die Verwirklichung, führt Dr. Stephan Fuchs aus, Bildungsleiter der Stefanus-Gemeinschaft in Heiligkreuztal.
Als Glücksfall wird gewertet, welche Menschen mit ihren Talenten sich für den Visionenweg engagiert haben: allen voran die beiden Künstler Alois Spichtig und Toni Halter, Monsignore Burkard, der alte Quellen – zum Beispiel in Schwyzerdütsch – in eine zeitgemäße Sprache übersetzte, die Medienbeauftragte Tanja Schweikart, die manche zu theologisch geratene Beschreibung vereinfachte und Sorge für die Präsenz des Visionenweges in Printmedien und im Internet trug und nicht zuletzt Dagmar Frick-Islitzer als Kulturvermittlerin.
Der Bruder-Klaus-Visionenweg in Heiligkreuztal berührt künstlerisch und spirituell. Gestaltet vorwiegend aus einem mineralisch-biologischen Material und farblich eher dezent und sich an der denkmalgeschützten Mauer orientierend, wird in 16 Reliefs auf Erscheinungen Niklaus von Flües eingegangen. Sie zeigen den Stern am Himmel als vorgeburtliche Vision, den Turm in der Ranftschlucht als Fingerzeig für Ratsuchende, die bedrohte Lilie als Hinweis darauf, dass Besitz und Statusdenken die Sehnsucht nach Gott „frisst“, die Feuerflammen als Zeichen dafür, wie schwer es ist, mit Ehre und Macht umzugehen und nicht verführbar zu werden.
Spitze, blutrote Stacheln stehen für das Verletzende im Leben von Bruder Klaus. Das Kreuz in der sechsten Vision dokumentiert sein Leiden an der Hartherzigkeit und Boshaftigkeit der Menschen. Das dreifache Alleluja und das bedrängte Herz verdeutlichen große Spannungen zwischen Gut und Böse. Das Tuch mit dem Veronica-Antlitz wird auch als Verweis auf die großherzige Liebe seiner Frau Dorothea erkannt. In der „drängenden Wolke“wird die Gegenwart Gottes symbolisiert.
Nach der zehnten Vision, in einem Stadttor mit einem spitzen Strahl dargestellt, beschließt Niklaus von Flüe, keine feste Nahrung mehr zu sich zu nehmen und in die Heimat zurückzukehren. Buchstaben eines Gebetes füllen die elfte Nische. Die vier Lichter von Ranft führen den Pilger an den Ort, an dem er sich niederlässt. Eine einzige Explosion von Strahlen geben die 13. Vision wieder, das „verschreckende Gottesantlitz“.
Im 15. Jahrhundert, in dem Bruder Klaus lebte, bewegte die Menschen die Frage, „was verbindet eigentlich zuinnerst die Welt?“. Die Künstler haben die Antwort mit einem Rad gegeben. Das vorletzte Kunstwerk stellt vier weiß gehaltene Dreiecke dar mit den Symbolen der Taube für den Heiligen Geist, die Segenshand Gottes und das Kreuz für Jesus Christus. Der Visionenweg endet mit einem Brunnen. Er soll verdeutlichen: In mir selbst liegt die verborgene Quelle des Lebens.