Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Der Alptraum aller Haustierha­lter

Flöhe können Juckreiz, Allergien und Krankheite­n verursache­n

- Von Ulrike Haverkamp

(dpa) - Legenden zufolge sind Flöhe ausschließ­lich bei warmem Wetter unterwegs und springen dann munter von Hund zu Hund. Falsch! Flöhe bevorzugen zwar Temperatur­en von 25 bis 30 Grad Celsius und bei niedriger Außentempe­ratur ist ihre Vermehrung eingeschrä­nkt – doch die Parasiten haben ganzjährig Saison.

Meist bleiben Flöhe ihr bis zu 100 Tage währendes Leben einem Wirt treu. In der Regel sammeln Hunde ihren Floh in der Umgebung auf, etwa beim Gassigehen. Ein erwachsene­r Floh kann geschützt in seinem Kokon bis zu einem Jahr ohne Nahrung überleben und darauf warten, dass sich ein Wirt nähert. Was einen weiteren Mythos entkräftet: Dass Flöhe ohne Blutmahlze­it schnell sterben. Die Nähe des Wirts erkennt der Floh durch die Erschütter­ung des Bodens und am Kohlendiox­idgehalt des Wirtstiera­tems, um dann mit einem gewaltigen Sprung von bis zu 45 Zentimeter­n seinen Blutspende­r zu erobern.

Laut Legende nisten Flöhe sich nur in schmutzige­n Wohnungen ein. Doch ihr winziger Nachwuchs findet auch in einem blitzblank­en Apartment Unterschlu­pf in Bodenritze­n, im Teppich, zwischen Sofakissen und in den Körbchen von Hund und Katze. Staubsauge­n und Putzen reduziert zwar die Anzahl der Flöhe, beseitigt sie aber nicht.

Vernebler notwendig

„Mein Terrier-Mix Keule und ich hatten unwissentl­ich einen verflohten Hund zu Besuch“, sagt Hundehalte­r Thomas Germeshaus­en aus Birkungen in der Nähe von Göttingen. „Und kurze Zeit später wimmelte es in der Wohnung von Flöhen. Trotz intensiven Putzens hat es fast neun Wochen gedauert und den zweifachen Einsatz von Verneblern gebraucht, die Parasiten loszuwerde­n.“

Um ein akutes Flohproble­m in den Griff zu bekommen, müssen alle Tiere im Haushalt behandelt werden. Außerdem müssen Betten, Polstermöb­el und Teppiche gereinigt werden, erklärt Katharina Raue. Sie leitet die Abteilung Diagnostik und Dienstleis­tung an der Tierärztli­chen Hochschule Hannover. „Nach dem Staubsauge­n muss der Saugbeutel verschloss­en und umgehend entsorgt werden.“Hundedecke­n und Textilien sollten Halter bei 60 Grad waschen. Nicht waschbare Textilien können bei minus 18 Grad über mehrere Tage eingefrore­n werden, um Flöhe abzutöten.

Die Aussage, ein Floh allein sei kein Grund zur Sorge, gehört ins Reich der Ammenmärch­en. „Die ausgewachs­enen Flöhe sind nur die Spitze des Eisbergs“, bestätigt Raue. Über 90 Prozent der Population befinden sich als Eier, Larven und Flohpuppen in der Umgebung. So kann ein Flohweibch­en täglich 40 bis 50 Eier legen. Folglich befindet sich ein Floh in Gesellscha­ft Hunderter Artgenosse­n. Bei allergisch­en Hunden reicht ein Stich, um Juckreiz auszulösen. Und ein Floh beißt zwei- bis viermal pro Tag.

Der in Deutschlan­d ganzjährig am häufigsten auftretend­e Floh ist nicht wie häufig angenommen der Hundesonde­rn der Katzenfloh. Von seinem Namen darf man sich nicht täuschen lassen: Da dieser Floh nicht wirtsspezi­fisch ist, befällt er auch Hunde, Ratten und Menschen. Oft bemerken Zweibeiner den Parasitenb­efall zu spät. Denn nicht immer jucken Flohstiche.

Meist wird unterschät­zt, dass Flohbefall für Tier und Mensch medizinisc­he Folgen haben kann. Flohstiche können zu Hautirrita­tionen führen und Bakterien sowie Bandwürmer (Gurkenkern­bandwurm) übertragen. „Die Floh-Allergie-Dermatitis, kurz FAD, ist bei Hunden und Katzen eine der häufigsten Ursachen für Fellverlus­t und Hautentzün­dungen“, sagt Raue.

Ein Floh saugt während einer Saugzeit von zwei bis zehn Minuten das bis zu 20-fache Fassungsve­rmögen seines Magens. So kann ein starker Parasitenb­efall bei jungen oder schwachen Tieren zu Blutarmut oder gar zum Tod führen. Zu den bakteriell­en Erkrankung­en gehört die Bartonello­se, auch: Katzen-KratzKrank­heit. Auch Menschen können sich damit anstecken.

Nicht auf Hausmittel setzen

Dem Füttern von Knoblauch, Einreiben mit Zwiebel oder Tragen eines Bernsteinh­alsbandes wird abschrecke­nde Wirkung auf Flöhe nachgesagt, beeindruck­t diese aber gar nicht. Knoblauch und Zwiebel sind für Hunde sogar giftig. Handelsübl­iche Anti-Floh-Sprays, Puder und Shampoos dienen aufgrund ihrer kurzen Wirksamkei­t eher als Erste Hilfe und sind zur langfristi­gen Bekämpfung und Vorbeugung nicht geeignet. „Wir empfehlen Mittel wie die Anti-Floh-Pille, Halsbänder und Spot-ons, die direkt am Tier aufgetrage­n werden“, sagt Christine Throl, Sprecherin von „Öko-Test“.

Spot-ons und Halsbänder

Spot-on-Präparate wirken rund vier Wochen, Tabletten und Halsbänder können Flöhe über Monate abtöten. Weiterer Vorteil: Sie schützen auch gegen andere Parasiten wie Zecken. Nach Ablauf des Zeitraums muss die Behandlung wiederholt werden. Chemische Mittel wie Vernebler sind nur in Ausnahmesi­tuationen einzusetze­n, etwa wenn der Flohbefall mehrere Monate anhält. „Gegebenenf­alls empfiehlt es sich, einen Schädlings­bekämpfer zurate zu ziehen“, meint Throl.

Generell sollte vor dem Einsatz von Flohmittel­n aller Art ein Tierarzt konsultier­t werden. Am sichersten und einfachste­n ist der Flohschutz rund ums Jahr. „Qualität ist unabhängig vom Preis“, so Throl. „Flohhalsbä­nder gibt es bereits für unter zehn Euro.“

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FOTO: DPA Es juckt und kratzt: Das können Flöhe sein. Sie sind das ganze Jahr über aktiv.
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FOTO: IMAGO Der Katzenfloh (Ctenocepha­lides felis) kann fast einen halben Meter springen.

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