Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Familienpolitik wird Wahlkampfthema
CSU prüft Steuererleichterungen, SPD stellt heute Konzept für Familienarbeitszeit vor
- Mit der Familienpolitik entdecken Union und SPD gerade ein altes Wahlkampfthema neu. „Ich habe mit der Kanzlerin mehrfach darüber gesprochen, es soll ein starkes Maßnahmenpaket für eine familienpolitische Offensive in Deutschland geben“, kündigte CSU-Chef Horst Seehofer am Sonntag an.
In der Union laufen die Vorbereitungen für das gemeinsame Programm zur Bundestagswahl. Wie kaum ein anderes Thema lässt sich mit Familienpolitik das eigene gesellschaftspolitische Profil schärfen und bei der Mittelschicht punkten. In der Union wird es unverändert als Fehler angesehen, dass man nach der Bundestagswahl 2013 der SPD das Familienministerium überlassen hatte. Dort setzt sich Manuela Schwesig geschickt in Szene – ähnlich wie einst die heutige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU), die das Politikfeld zwischen 2005 und 2009 mit Vorstößen für Elterngeld, Vätermonate und Kita-Ausbau besetzte.
Geht es nach CSU-Chef Seehofer, braucht die Union bei der Bundestagswahl ein umfassendes familienpolitisches Programm. Derzeit prüfe seine Partei unter anderem Einmalzahlungen für junge Paare – etwa zur Anschaffung von Kinderwagen oder für andere Babyausstattung. Darüber hinaus sind Steuererleichterungen im Gespräch – ein sogenanntes „Kindersplitting“. Demnach würde am bisherigen Ehegattensplitting festgehalten. Der steuerliche Kinderfreibetrag würde allerdings deutlich erhöht. Ein Punkt, den die Union bereits im Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2013 hatte. Zur zwischenzeitlich in Aussicht gestellten Angleichung von Kinder- und Erwachsenenfreibetrag ist es aber bisher nicht gekommen. Die Einführung eines Bildungskontos für Kinder, geringere Sozialbeiträge für Familien mit geringen Einkommen und eine schrittweise Abschaffung der Kita-Gebühren sind weitere Punkte, die laut Seehofer von der CSU geprüft werden. Würden alle Punkte umgesetzt, käme es zu einer milliardenschweren Entlastung für Familien.
Kritik von den Grünen
Die Grünen sehen die familienpolitischen Pläne der Union kritisch. Ihre zuständige Abgeordnete Franziska Brantner monierte, Kinderfreibeträge anzuheben helfe nur jenen Familien, die viel verdienten. Katja Kipping (Die Linke) warf der CSU „das Vortäuschen von Familienfreundlichkeit“vor. CDU und CSU weigerten sich, sich ernsthaft im Kampf gegen Kinderarmut zu engagieren,
Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) will heute ein Konzept für eine Familienarbeitszeit in Deutschland vorstellen. Ein im vergangenen Sommer von ihr präsentiertes Modell sieht die Einführung eines Familiengeldes von bis zu 300 Euro monatlich vor, das für bis zu 24 Monate bis zum achten Lebensjahr des Kindes in Anspruch genommen werden könnte. Voraussetzung ist aber, dass beide Eltern sich gleichermaßen um Beruf, Familie und Haushalt kümmern. Wenn sowohl Vater als auch Mutter zwischen 28 und 36 Wochenstunden arbeiten, bekämen sie als Unterstützung das Familiengeld.
SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz hat in den vergangenen Wochen immer wieder die vollständige Abschaffung der Gebühren für Kita und Kindergarten als Ziel genannt. Dies sei für viele Familien eine größere Entlastung als manche Steuerreform. Auf den Bund kämen nach einer Studie der TU Dortmund rund 3,5 Milliarden Euro an Kosten zu. In der Vergangenheit hat die SPD mehrfach angekündigt, die steuerliche Familienförderung auf den Prüfstand zu stellen. Am Splittingvorteil für bestehende Ehen soll zwar festgehalten werden. Aber für die Zukunft will die SPD Kinder unabhängig davon fördern, in welcher Familienform sie aufwachsen.