Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Brexit-Streit um Gibraltar wird schärfer

Großbritan­nien pocht auf seine Ansprüche – Empörung über Kriegsäuße­rungen

- Von Silvia Kusidlo

(dpa) - Der Brexit-Streit um die britische Enklave Gibraltar nimmt deutlich an Schärfe zu. Großbritan­nien pochte am Sonntag auf seine Ansprüche auf das Überseegeb­iet und verwies Spanien in seine Schranken. Beide Länder streiten seit Jahrhunder­ten um den Landzipfel im Süden der Iberischen Halbinsel. Vor über 300 Jahren wurde das Territoriu­m formell den Briten zugesproch­en.

London wolle gemeinsam mit Gibraltar für das „bestmöglic­he Ergebnis“bei den Brexit-Verhandlun­gen arbeiten, sagte Premiermin­isterin Theresa May in einem Telefonat mit dem Regierungs­chef der Enklave, Fabián Picardo. Sie werde es nicht zulassen, dass Gibraltar gegen den Willen der Einwohner unter andere Kontrolle gerate, betonte May mit Blick auf Besitzansp­rüche Madrids. Picardo zeigte sich zuversicht­lich, dass Großbritan­nien für Gibraltar kämpfen werde.

Der frühere Vorsitzend­e der Konservati­ven Partei Michael Howard hält es nach britischen Medienberi­chten für möglich, dass May zu einem Krieg zur Verteidigu­ng Gibraltars bereit sei. Emily Thornberry von der opposition­ellen Labour-Partei nannte seinen Kommentar aufrühreri­sch. Die Liberalen Demokraten bezeichnet­en es als unglaublic­h, dass nur wenige Tage nach der EU-Austrittse­rklärung bereits über einen möglichen Krieg gesprochen werde.

Bei den Brexit-Gesprächen soll die spanische Regierung ein Vetorecht bei Entscheidu­ngen über Gibraltar bekommen. Dies geht aus einem EU-Entwurf für die Verhandlun­gsleitlini­en hervor. Während London und Gibraltar den Vorschlag scharf kritisiert­en, äußerte Madrid sich sehr zufrieden.

Gibraltar werde weder ein politische­s Pfand noch Opfer beim Austritt aus der Europäisch­en Union werden, sagte Picardo dem britischen Nachrichte­nsender Sky News. Die Leitlinien erlaubten Spanien, „Briten auf Gibraltar zu diskrimini­eren“und eigene Ziele zu verfolgen. Auch der britische Außenminis­ter Boris Johnson sagte Gibraltar im Kurznachri­chtendiens­t Twitter seine volle Unterstütz­ung zu.

96 Prozent gegen EU-Trennung

Der spanische Außenminis­ter Alfonso Dastis sagte der Zeitung „El País“, sein Land beabsichti­ge nicht, nach dem Austritt Großbritan­niens aus der EU die Grenze zu Gibraltar zu schließen. „Wir möchten, dass die Spanier, die außerhalb Gibraltars leben und in Gibraltar arbeiten, dies auch weiter tun können.“

Bei einem Referendum im Jahr 2002 stimmten 99 Prozent der Bewohner für einen Verbleib bei Großbritan­nien. Beim Brexit-Referendum vor neun Monaten votierten etwa 96 Prozent gegen die Trennung von der EU.

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FOTO: DPA Jachthafen im britischen Überseegeb­iet Gibraltar: Großbritan­nien pocht auf seine Ansprüche.

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