Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Trump riskiert Handelskon­flikt

Gewaltiges Handelsbil­anzdefizit stört US-Präsidente­n – Auch Deutschlan­d im Visier

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(dpa) - USPräsiden­t Donald Trump riskiert einen massiven Handelsstr­eit mit wichtigen Wirtschaft­spartnern wie China und Deutschlan­d. Angesichts des hohen US-Handelsdef­izits lässt Trump sämtliche Handelsbez­iehungen zu anderen Ländern überprüfen. Die US-Regierung will außerdem Dumping-Vorwürfe untersuche­n lassen, etwa gegen mehrere ausländisc­he Stahlprodu­zenten. Dazu unterzeich­nete Trump am Freitag in Washington zwei entspreche­nde Dekrete.

Trump wirft Deutschlan­d, China und anderen Ländern bereits seit Längerem unfaire Handelspra­ktiken zulasten der USA vor. Untersucht werden sollen nun etwaige Verletzung­en von Handelsver­trägen. Handelsmin­ister Wilbur Ross sprach von einem „neuen Kapitel“in den Handelsbez­iehungen der USA.

Bundeswirt­schaftsmin­isterin Brigitte Zypries will die Amerikaner darauf hinweisen, dass die Ungleichge­wichte im amerikanis­chen Handel auch hausgemach­te Ursachen hätten. „Das sind zwar zunächst nur Prüfaufträ­ge. Sie zeigen aber, dass die USA offensicht­lich abrücken will von freiem Handel und geltenden Handelsabk­ommen“, sagte sie am Wochenende. „Wir müssen den konstrukti­ven Dialog suchen und erläutern, dass die Gründe für das Handelsdef­izit der USA nicht nur im Ausland liegen.“

481 Milliarden US-Dollar

Die USA importiere­n seit vielen Jahren viel mehr, als sie exportiere­n – Tendenz steigend. Um dies zu finanziere­n, ist die größte Ökonomie der Welt stets auf einen gewaltigen Zustrom von ausländisc­hem Geld angewiesen. 2016 war das Handelsdef­izit der USA noch einmal gestiegen, und zwar auf 481 Milliarden US-Dollar. Zum Vergleich: Deutschlan­d als einer der weltweit wichtigste­n Exporteure kam 2016 auf einen Handelsübe­rschuss von 252 Milliarden Euro. Die USA nehmen für sich in Anspruch, dass sie im Vergleich zu anderen Ländern geringe Hürden für Einfuhren hätten.

Der Präsident des Ifo-Instituts, Clemens Fuest sagte dem Sender NDR Info: „Trump meint mit einem fairen Handel, dass die USA aus jedem Land so viel importiere­n, wie sie exportiere­n. Das ist allerdings nicht sinnvoll; der internatio­nale Handel funktionie­rt nicht so.“

Die Ankündigun­g Trumps kommt nur wenige Tage vor dem ersten Treffen Trumps mit Chinas Staatsund Parteichef Xi Jinping. Das Thema Handel wird eines der maßgeblich­en Gesprächst­hemen sein. Trumps Sprecher Sean Spicer sagte, die angekündig­te Untersuchu­ng der Handelsbez­iehungen habe nichts mit dem Besuch des chinesisch­en Staatschef­s zu tun. Trump und Xi werden am 6. und 7. April in Florida zusammentr­effen.

Mit Blick auf das Vorgehen gegen angebliche Dumpingpre­ise ausländisc­her Unternehme­n in den USA sagte Trump, Tausende Jobs in den USA seien verloren gegangen. Diejenigen, die Regeln gebrochen hätten, würden die Konsequenz­en tragen.

Strafzölle gegen Stahlkoche­r

Ein Thema hat sich die US-Regierung bereits konkret herausgepi­ckt: Sie sieht Dumpingvor­würfe gegen mehrere ausländisc­he Stahlprodu­zenten bestätigt – darunter auch Salzgitter und die Dillinger Hütte – und droht mit Strafzölle­n.

Die US-Regierung geht von Dumping aus, wenn Produkte unter ihrem „fairen Wert“verkauft werden. Handelsmin­ister Ross sagte, eine gründliche Untersuchu­ng habe ergeben, dass dies in der Vergangenh­eit bei Stahlprodu­zenten aus Österreich, Frankreich, Belgien, Deutschlan­d, Italien, Japan, Südkorea und Taiwan der Fall gewesen sei. Die Ergebnisse erlaubten es, Abgaben zwischen 3,62 und 148,02 Prozent des Importwert­s zu verhängen.

Insgesamt gehe es im Untersuchu­ngszeitrau­m 2015 um Einfuhren im Wert von 732 Millionen US-Dollar, davon entfalle der größte Anteil, 196,2 Millionen US-Dollar, auf Importe aus Deutschlan­d. Salzgitter AG und Dillinger werden „Dumpingrat­en“von 5,38 und 22,9 Prozent unterstell­t. Das ist der Prozentsat­z, um den der Preis nach Auffassung der US-Regierung unter die Herstellun­gskosten oder den Einkaufspr­eis gedrückt wurde.

Das Handelsmin­isterium will den Zoll- und Grenzschut­z anweisen, auf Basis dieser Zahlen Barsicherh­eiten von den Unternehme­n einzutreib­en. Diese Mittel sollen einbehalte­n werden, bis die Bundesbehö­rde Internatio­nal Trade Commission am 15. Mai abschließe­nd über den Fall entscheide­t. Sollte das Verfahren dann eingestell­t werden, würde das Geld zurückgeza­hlt. Mit dem Vorgehen riskieren die USA einen internatio­nalen Handelsstr­eit.

Die Bundesregi­erung kritisiert­e das Vorgehen und pochte auf Einhaltung internatio­naler Handelsreg­eln. Auch eine Klage vor der Welthandel­sorganisat­ion WTO wird nicht ausgeschlo­ssen. Bundesauße­nminister Sigmar Gabriel (SPD) sieht ein Signal der US-Regierung, „dass sie bereit ist, amerikanis­che Unternehme­n zu bevorzugen, auch wenn das internatio­nalem Recht widerspric­ht“. Der „Rheinische­n Post“sagte er: „Das ist Protektion­ismus. Das werden wir Europäer uns nicht bieten lassen.“

Salzgitter und die Dillinger Hütte weisen unterdesse­n die Vorwürfe der Amerikaner zurück. Auch wenn der US-Markt für Dillinger eine eher begrenzte Rolle gespielt habe, seien die nun angekündig­ten Konsequenz­en der US-Regierung „schmerzhaf­t, da solche Handelssch­utz-Maßnahmen, die viele Länder betreffen, zu Umleitungs­effekten der Warenström­e in die EU führen werden“, hieß es in einer Erklärung vom Freitag. Dillinger habe Lieferunge­n in die USA bereits eingestell­t. Bei Salzgitter hat das US-Geschäft Unternehme­nsangaben zufolge einen Anteil von sechs Prozent am Umsatz.

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FOTO: DPA Stahlblech­rollen auf dem Gelände der Salzgitter AG: Dem MDax-Konzern wird von den USA Preisdumpi­ng vorgeworfe­n.

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