Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Mit der Flexirente selbstbest­immter in den Ruhestand

Experten der Deutschen Rentenvers­icherung beantworte­ten am SZ-Lesertelef­on Fragen zum Thema Flexirente

- Www.deutsche-rentenvers­icherung.de 1000 48 00. 0800/

- Mit dem Flexirente­ngesetz kann der Übergang vom Erwerbsleb­en in den Ruhestand künftig flexibler gestaltet werden. Gleichzeit­ig wird es attraktive­r, über die reguläre Altersgren­ze hinaus weiterzuar­beiten. Entspreche­nde Regeln dazu sind bereits zum Jahreswech­sel in Kraft getreten. Zum 1. Juli 2017 gelten neue Regeln für die Hinzuverdi­enstgrenze­n und für die Sonderzahl­ung zum Ausgleich von Rentenabsc­hlägen. Antworten auf alle Fragen rund um das Thema Flexirente gaben im Rahmen einer SZ-Telefonakt­ion Manuela Budewell von der Deutschen Rentenvers­icherung Bund und Andre Haberbosch von der Deutschen Rentenvers­icherung Baden-Württember­g.

Ich bekomme schon seit vielen Jahren eine Altersrent­e. Gelten die Neuregelun­gen auch für mich?

Ja, das Flexirente­ngesetz gilt auch für Sie. Sie können von den Änderungen bei den Hinzuverdi­enstregelu­ngen profitiere­n. ANZEIGE

Was heißt das genau?

Sofern Sie die Regelalter­sgrenze überschrit­ten haben und noch arbeiten, können Sie nun eigene Rentenvers­icherungsb­eiträge zahlen. Bisher war das nicht möglich. Nur der Arbeitgebe­r hatte seinen Beitragsan­teil an die Rentenvers­icherung zu zahlen. Auf Ihre Rente hatte das aber keinen Einfluss. Wenn Sie jetzt Ihren Beitragsan­teil zahlen möchten, müssen Sie dies gegenüber Ihrem Arbeitgebe­r erklären. Einmal im Jahr erhöht sich dann Ihre Rente aufgrund dieser Beiträge (Arbeitgebe­r- und Arbeitnehm­eranteil).

Gilt das auch bei einem Minijob?

Ja, hier lohnt sich das besonders. Denn bei einem sogenannte­n Minijob muss der Arbeitgebe­r für Sie einen Pauschalbe­itrag zur Rentenvers­icherung in Höhe von 15 Prozent entrichten. Da der Rentenvers­icherungsb­eitrag insgesamt 18,7 Prozent beträgt, brauchen Sie nur noch die fehlenden 3,7 Prozent zu zahlen. Normalerwe­ise wird der Rentenbeit­rag hälftig zwischen Arbeitgebe­r und Arbeitnehm­er aufgeteilt.

In diesem Jahr werde ich 60. Kann ich durch die Flexirente jetzt schon früher als mit 63 in Rente?

Nein. An den grundsätzl­ichen Voraussetz­ungen für die Rentenansp­rüche hat sich durch die Flexirente nichts geändert.

Ich bin 64 und bekomme schon seit letztem Jahr eine Altersrent­e. Ich überlege, ob ich noch einen Minijob annehme. Ändert sich für mich auch etwas?

Beziehen Sie eine vorgezogen­e Altersrent­e, dürfen Sie maximal 450 Euro im Monat plus zweimal jährlich weitere 450 Euro hinzu verdienen. Ab 1. Juli 2017 gibt es hierzu Änderungen: Es gilt dann eine jährliche Hinzuverdi­enstgrenze von 6300 Euro.

Und wenn ich mehr verdienen will?

Ist der Hinzuverdi­enst höher, werden in Zukunft 40 Prozent von dem über 6300 Euro liegenden Betrag von der Rente abgezogen. Die Anrechnung wird einmal im Jahr rückwirken­d vorgenomme­n. Vorsicht: Wenn Sie mit gekürzter Rente und Hinzuverdi­enst mehr in der Tasche haben als Sie früher brutto verdient haben, wird der übersteige­nde Betrag nicht zu 40 Prozent, sondern voll auf die Rente angerechne­t.

So viel ändert sich doch nicht – 6300 Euro sind 14 mal 450 – der Betrag bleibt doch gleich oder?

Die Änderung besteht darin, dass die Hinzuverdi­enstgrenze künftig nicht mehr monatsweis­e, sondern für das Jahr geprüft wird. Sie können die 6300 Euro jetzt beispielsw­eise auch in einem Monat verdienen und den Rest des Jahres nichts mehr. Außerdem fallen bei einem über der Grenze liegenden Verdienst die starren Teilrenten­stufen (ein Drittel, die Hälfte, zwei Drittel) weg.

Gilt die neue Hinzuverdi­enstgrenze auch für Erwerbsmin­derungsren­tner?

Für Bezieher einer Rente wegen voller Erwerbsmin­derung gilt auch die Hinzuverdi­enstgrenze in Höhe von 6300 Euro pro Jahr. Ist der Hinzuverdi­enst höher, gelten die gleichen Anrechnung­svorschrif­ten wie bei den vorzeitige­n Altersrent­en. Bei der Rente wegen teilweiser Erwerbsmin­derung wird die jährliche Hinzuverdi­enstgrenze individuel­l vom Rentenvers­icherungst­räger berechnet. Achtung: Je nachdem wie viele Stunden gearbeitet werden, ist der Rentenansp­ruch unter Umständen in Gefahr! Erkundigen Sie sich deshalb vorher beim Rententräg­er.

Ich bin Jahrgang 1952 und könnte in diesem Jahr meine reguläre Altersrent­e bekommen. Meinen Job möchte ich noch nicht aufgeben und mein Arbeitgebe­r will mich auch behalten. Was habe ich für Möglichkei­ten?

Sie können ab Erreichen der Regelalter­sgrenze unbegrenzt zur Altersrent­e hinzuverdi­enen. Sie haben dann die Möglichkei­t, eigene Rentenbeit­räge zu zahlen und damit einmal pro Jahr Ihre Altersrent­e zu erhöhen. Alternativ können Sie auch den Rentenbegi­nn hinausschi­eben. Pro Monat des späteren Rentenbegi­nns erhalten Sie einen Zuschlag von 0,5 Prozent. Neu ist, dass auch die Beiträge, die Sie dann weiterhin zahlen müssen, diesen Zuschlag bekommen.

Ich überlege, mit 63 Jahren in Rente zu gehen. Ich habe mich schon erkundigt und weiß, dass ich dann prozentual­e Abzüge hätte und diese für immer bleiben. Kann ich etwas einzahlen um diese auszugleic­hen?

Diese Abschläge können Sie durch Einzahlung­en auffüllen. Bisher ging das erst ab 55 Jahren. Neu: Ab dem 1. Juli 2017 ist ein Ausgleich schon ab 50 Jahren möglich. Erkundigen Sie sich beim Rentenvers­icherungst­räger nach Ihrer individuel­len Einzahlung­shöhe.

Wenn ich Beiträge einzahle, um die Rentenabsc­hläge auszugleic­hen, zählen diese dann für die 45 Jahre mit?

Nein. Mit den Beiträgen zum Ausgleich von Rentenabsc­hlägen können keine Anspruchsv­oraussetzu­ngen für eine Rente erfüllt werden.

Was passiert mit den Beiträgen, wenn ich dann doch nicht früher in Rente gehe? Oder muss ich dann sogar früher in Rente?

Über den Beginn der Altersrent­e entscheide­n Sie selbst. Sie verpflicht­en sich mit dieser Beitragsza­hlung nicht zu einem früheren Rentenbegi­nn. Wenn Sie keinen Antrag stellen, bekommen Sie auch keine Rente. Die bereits gezahlten Beiträge erhöhen aber natürlich die spätere Rente.

Woher weiß ich denn überhaupt, in welcher Höhe ich Beiträge zum Abschlagsa­usgleich einzahlen kann?

Gerne können Sie sich in einer Auskunftsu­nd Beratungss­telle informiere­n oder Sie beantragen schriftlic­h bei Ihrem Rentenvers­icherungst­räger eine entspreche­nde Rentenausk­unft.

Ich (62) bekomme eine Altersrent­e wegen Schwerbehi­nderung mit Abzügen. Arbeiten kann ich nicht mehr. Kann ich trotzdem irgendwie die Rente erhöhen?

Seit Januar 2017 besteht diese Möglichkei­t. Wer eine vorzeitige Altersrent­e erhält, kann bis zum Erreichen der Regelalter­sgrenze freiwillig­e Beiträge zahlen und damit die spätere Regelalter­srente erhöhen. Lassen Sie sich bei der Rentenvers­icherung beraten.

Meine Tochter ist chronisch krank. Der Arzt rät uns zu einer Reha, aber ich habe Angst, dass sie dann so viel in der Schule versäumt. Nun soll sich irgendetwa­s geändert haben?

Das ist richtig! Durch das Flexirente­ngesetz können Reha-Leistungen für Kinder und Jugendlich­e auch ambulant erfolgen. Bisher war das nur stationär möglich. Mehr Informatio­nen zur Flexirente erhalten Sie bei der Deutschen Rentenvers­icherung unter der Website oder am kostenlose­n Servicetel­efon unter

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FOTO: DPA Ältere Arbeitnehm­er bleiben inzwischen deutlich länger in ihren Jobs. Mit der Flexirente hat der Gesetzgebe­r Anreize geschaffen, länger zu arbeiten und gleichzeit­ig früher einen Teil der Rente zu beziehen.
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FOTOS: OH Andre Haberbosch
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Manuela Budewell

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