Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Mit der Flexirente selbstbestimmter in den Ruhestand
Experten der Deutschen Rentenversicherung beantworteten am SZ-Lesertelefon Fragen zum Thema Flexirente
- Mit dem Flexirentengesetz kann der Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand künftig flexibler gestaltet werden. Gleichzeitig wird es attraktiver, über die reguläre Altersgrenze hinaus weiterzuarbeiten. Entsprechende Regeln dazu sind bereits zum Jahreswechsel in Kraft getreten. Zum 1. Juli 2017 gelten neue Regeln für die Hinzuverdienstgrenzen und für die Sonderzahlung zum Ausgleich von Rentenabschlägen. Antworten auf alle Fragen rund um das Thema Flexirente gaben im Rahmen einer SZ-Telefonaktion Manuela Budewell von der Deutschen Rentenversicherung Bund und Andre Haberbosch von der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg.
Ich bekomme schon seit vielen Jahren eine Altersrente. Gelten die Neuregelungen auch für mich?
Ja, das Flexirentengesetz gilt auch für Sie. Sie können von den Änderungen bei den Hinzuverdienstregelungen profitieren. ANZEIGE
Was heißt das genau?
Sofern Sie die Regelaltersgrenze überschritten haben und noch arbeiten, können Sie nun eigene Rentenversicherungsbeiträge zahlen. Bisher war das nicht möglich. Nur der Arbeitgeber hatte seinen Beitragsanteil an die Rentenversicherung zu zahlen. Auf Ihre Rente hatte das aber keinen Einfluss. Wenn Sie jetzt Ihren Beitragsanteil zahlen möchten, müssen Sie dies gegenüber Ihrem Arbeitgeber erklären. Einmal im Jahr erhöht sich dann Ihre Rente aufgrund dieser Beiträge (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil).
Gilt das auch bei einem Minijob?
Ja, hier lohnt sich das besonders. Denn bei einem sogenannten Minijob muss der Arbeitgeber für Sie einen Pauschalbeitrag zur Rentenversicherung in Höhe von 15 Prozent entrichten. Da der Rentenversicherungsbeitrag insgesamt 18,7 Prozent beträgt, brauchen Sie nur noch die fehlenden 3,7 Prozent zu zahlen. Normalerweise wird der Rentenbeitrag hälftig zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgeteilt.
In diesem Jahr werde ich 60. Kann ich durch die Flexirente jetzt schon früher als mit 63 in Rente?
Nein. An den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Rentenansprüche hat sich durch die Flexirente nichts geändert.
Ich bin 64 und bekomme schon seit letztem Jahr eine Altersrente. Ich überlege, ob ich noch einen Minijob annehme. Ändert sich für mich auch etwas?
Beziehen Sie eine vorgezogene Altersrente, dürfen Sie maximal 450 Euro im Monat plus zweimal jährlich weitere 450 Euro hinzu verdienen. Ab 1. Juli 2017 gibt es hierzu Änderungen: Es gilt dann eine jährliche Hinzuverdienstgrenze von 6300 Euro.
Und wenn ich mehr verdienen will?
Ist der Hinzuverdienst höher, werden in Zukunft 40 Prozent von dem über 6300 Euro liegenden Betrag von der Rente abgezogen. Die Anrechnung wird einmal im Jahr rückwirkend vorgenommen. Vorsicht: Wenn Sie mit gekürzter Rente und Hinzuverdienst mehr in der Tasche haben als Sie früher brutto verdient haben, wird der übersteigende Betrag nicht zu 40 Prozent, sondern voll auf die Rente angerechnet.
So viel ändert sich doch nicht – 6300 Euro sind 14 mal 450 – der Betrag bleibt doch gleich oder?
Die Änderung besteht darin, dass die Hinzuverdienstgrenze künftig nicht mehr monatsweise, sondern für das Jahr geprüft wird. Sie können die 6300 Euro jetzt beispielsweise auch in einem Monat verdienen und den Rest des Jahres nichts mehr. Außerdem fallen bei einem über der Grenze liegenden Verdienst die starren Teilrentenstufen (ein Drittel, die Hälfte, zwei Drittel) weg.
Gilt die neue Hinzuverdienstgrenze auch für Erwerbsminderungsrentner?
Für Bezieher einer Rente wegen voller Erwerbsminderung gilt auch die Hinzuverdienstgrenze in Höhe von 6300 Euro pro Jahr. Ist der Hinzuverdienst höher, gelten die gleichen Anrechnungsvorschriften wie bei den vorzeitigen Altersrenten. Bei der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung wird die jährliche Hinzuverdienstgrenze individuell vom Rentenversicherungsträger berechnet. Achtung: Je nachdem wie viele Stunden gearbeitet werden, ist der Rentenanspruch unter Umständen in Gefahr! Erkundigen Sie sich deshalb vorher beim Rententräger.
Ich bin Jahrgang 1952 und könnte in diesem Jahr meine reguläre Altersrente bekommen. Meinen Job möchte ich noch nicht aufgeben und mein Arbeitgeber will mich auch behalten. Was habe ich für Möglichkeiten?
Sie können ab Erreichen der Regelaltersgrenze unbegrenzt zur Altersrente hinzuverdienen. Sie haben dann die Möglichkeit, eigene Rentenbeiträge zu zahlen und damit einmal pro Jahr Ihre Altersrente zu erhöhen. Alternativ können Sie auch den Rentenbeginn hinausschieben. Pro Monat des späteren Rentenbeginns erhalten Sie einen Zuschlag von 0,5 Prozent. Neu ist, dass auch die Beiträge, die Sie dann weiterhin zahlen müssen, diesen Zuschlag bekommen.
Ich überlege, mit 63 Jahren in Rente zu gehen. Ich habe mich schon erkundigt und weiß, dass ich dann prozentuale Abzüge hätte und diese für immer bleiben. Kann ich etwas einzahlen um diese auszugleichen?
Diese Abschläge können Sie durch Einzahlungen auffüllen. Bisher ging das erst ab 55 Jahren. Neu: Ab dem 1. Juli 2017 ist ein Ausgleich schon ab 50 Jahren möglich. Erkundigen Sie sich beim Rentenversicherungsträger nach Ihrer individuellen Einzahlungshöhe.
Wenn ich Beiträge einzahle, um die Rentenabschläge auszugleichen, zählen diese dann für die 45 Jahre mit?
Nein. Mit den Beiträgen zum Ausgleich von Rentenabschlägen können keine Anspruchsvoraussetzungen für eine Rente erfüllt werden.
Was passiert mit den Beiträgen, wenn ich dann doch nicht früher in Rente gehe? Oder muss ich dann sogar früher in Rente?
Über den Beginn der Altersrente entscheiden Sie selbst. Sie verpflichten sich mit dieser Beitragszahlung nicht zu einem früheren Rentenbeginn. Wenn Sie keinen Antrag stellen, bekommen Sie auch keine Rente. Die bereits gezahlten Beiträge erhöhen aber natürlich die spätere Rente.
Woher weiß ich denn überhaupt, in welcher Höhe ich Beiträge zum Abschlagsausgleich einzahlen kann?
Gerne können Sie sich in einer Auskunftsund Beratungsstelle informieren oder Sie beantragen schriftlich bei Ihrem Rentenversicherungsträger eine entsprechende Rentenauskunft.
Ich (62) bekomme eine Altersrente wegen Schwerbehinderung mit Abzügen. Arbeiten kann ich nicht mehr. Kann ich trotzdem irgendwie die Rente erhöhen?
Seit Januar 2017 besteht diese Möglichkeit. Wer eine vorzeitige Altersrente erhält, kann bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze freiwillige Beiträge zahlen und damit die spätere Regelaltersrente erhöhen. Lassen Sie sich bei der Rentenversicherung beraten.
Meine Tochter ist chronisch krank. Der Arzt rät uns zu einer Reha, aber ich habe Angst, dass sie dann so viel in der Schule versäumt. Nun soll sich irgendetwas geändert haben?
Das ist richtig! Durch das Flexirentengesetz können Reha-Leistungen für Kinder und Jugendliche auch ambulant erfolgen. Bisher war das nur stationär möglich. Mehr Informationen zur Flexirente erhalten Sie bei der Deutschen Rentenversicherung unter der Website oder am kostenlosen Servicetelefon unter