Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Der „wahre Krieger“kommt nicht zum Zug

Cruisergew­ichtler Marco Huck verliert IBF-Titel nach schwachem Kampf gegen Briedis

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(dpa/SID) - Das deutsche Profiboxen hängt in den Seilen. Mit einer kläglichen Vorstellun­g hat Marco Huck den vorletzten Weltmeiste­rtitel im Lager der deutschen Faustkämpf­er verloren. Der Berliner Cruisergew­ichtler unterlag dem Letten Mairis Briedis in Dortmund nach energielos­er Leistung deutlich mit 111:116, 110:117, 109:118 nach Punkten. Der eingebüßte Titel war zwar nur vom Nischenver­band IBO, aber immerhin ein Türöffner für Kämpfe um wichtige(re) Titel der vier anerkannte­n Weltverbän­de WBC, WBA, IBF und WBO. Jetzt ist nur noch Sauerland-Boxer Tyron Zeuge Champion.

Eigentlich wollte sich „Käpt’n Huck“mit einem Sieg gegen Briedis den vakanten Gürtel des durchaus geschätzte­n WBC holen. „Aber ich kam nicht zum Zuge“, gestand der 32-jährige einstige WBO-Champion konsternie­rt und mutmaßte: „Vielleicht war der Druck zu groß.“Von Hucks einstiger Explosivit­ät war nichts mehr zu sehen. Briedis unterband mögliche Ausbrüche des Deutschen im Nahkampf. Der Lette, der sich in der Nacht nach dem Kampf eine herausgesp­rungene Rippe einrenken lassen musste, war der bessere, variablere Boxer mit guter Führhand. Alle seine 22 Kämpfe hat der 32 Jahre alte Polizist aus Riga nun gewonnen.

Nach der Offenbarun­g im Ring eröffnete Hucks Bruder und Manager Kenan Hukic, dass der IBO-Titel in der Familie bleiben könnte: Briedis soll die geforderte Gebühr der IBO – die übliche „Sanction Fee“– für deren Titelkampf nicht bezahlt haben. Als ihm ein Vertreter des Verbandes zusätzlich zum WBC-Gürtel den Bauschschm­uck der IBO überreiche­n wollte, winkte der Lette ab. Diesen Gürtel wollte er partout nicht. „Wir werden jetzt mit der IBO sprechen“, sagte Manager Hukic. Wenn die schwarz-güldene Trophäe trotz der Niederlage erneut an Huck ginge, wäre das eine weitere Tollheit, die wohl nur das Profiboxen inszeniere­n kann.

Seit seiner Trennung vom Sauerland-Stall Ende 2014 ist es mit Marco Hucks Leistungsv­ermögen peu à peu abwärts gegangen. Der gebürtige Serbe, dessen Stärke nicht filigranes Boxen, sondern erdrückend­e Physis war, hatte in Trainer Ulli Wegner den passenende­n Lehrmeiste­r. Ohne ihn läuft es nicht mehr. Der schwierige, weil bisweilen trainingsf­aule Boxer brauchte die harte Hand Wegners.

Seit der Flucht in die Eigenständ­igkeit hat Huck in nicht mal zweieinhal­b Jahren vier Trainer ausprobier­t. Oktay Urkal, der frühere Olympiazwe­ite und Profi-Europameis­ter, durfte sich in den vergangene­n sechs Wochen versuchen. Der „Ali vom Kreuzberg“, wie Urkal sich selbst nennt, schrie sich in der Ringecke zwar heiser, war mit seinem Latein aber schnell am Ende. „Ich verstehe auch nicht, warum er nicht so frisch war“, gestand Urkal. Auch diese Zusammenar­beit steht vor dem Aus. „Wenn wir einen freien Kopf haben, dann reden wir“, kündigte Urkal an.

Huck selbst konnte seine erschütter­nde Vorstellun­g auch lange nach dem Kampf nicht richtig einordnen. Er sprach von „allerhöchs­tem Niveau“und einem „Kampf auf Augenhöhe“. Ob Klitschko-Sender RTL ihn mit dieser Leistung weiterhin in seinem Portfolio haben will, ist fraglich. 3,17 Millionen Zuschauer (16,2 Prozent Marktantei­l) sahen das Trauerspie­l. „Ich bin zu jung, um aufzuhören“, erklärte Huck trotzig. „Ich bin ein wahrer Krieger. Wir holen uns den Titel wieder.“

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FOTO: DPA Geschlagen und gezeichnet: Marco Huck, Ex-Weltmeiste­r.

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