Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Ich habe was, was du nicht hast

- Von Katja Korf k.korf@schwaebisc­he.de

Debatten um Standorte von Kliniken, Schulen oder Pflegeheim­en werden immer sehr emotional geführt. Das ist in zwei Kommunen im Südwesten derzeit sehr gut zu beobachten. Im Kreis Biberach geht es darum, wie zukunftsfä­hig ein sehr kleines Krankenhau­s in Riedlingen ist. Der Streit ist so weit eskaliert, dass sich Minister und Landrat öffentlich Vorwürfe machen, Beteiligte sprechen von Fouls auch innerhalb des Kreises. In Tuttlingen setzen sich Verantwort­liche mit Brandbrief­en für ihr Polizeiprä­sidium ein. Solche Diskussion­en sind aber zu bedeutend, um sie nach Kirchturmi­nteressen zu führen. Das beliebte Spiel von Bürgermeis­tern und Abgeordnet­en heißt zu oft: „Ich habe was, was du nicht hast“– sei es ein Krankenhau­s, ein Supermarkt oder ein Polizeiprä­sidium.

Zu Recht warnen Wissenscha­ftler, dass Gemeinden auf dem Land zum Aussterben verdammt sind, wenn sie unattrakti­v werden. Zu viele Orte hängen an einem Arzt, einer Bank oder einer Apotheke in der Nähe. Und es wird weitere Diskussion­en geben. Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann (CDU) hat vor Kurzem ein sehr unbequemes Thema angerissen: die kleinen Schulen. Obwohl in der eigenen Partei ein heißes Eisen, hat Eisenmann ausgesproc­hen, was Fachleute längst konstatier­en. Es fehlen nämlich Lehrer im Land, und es gibt ein flächendec­kendes Qualitätsp­roblem. Beides Probleme, die sich an kleinen Schulen noch schlechter lösen lassen als an größeren. Zusammenle­gungen wären da oft hilfreich.

Daher ist der Ansatz von Agrarminis­ter Peter Hauk (CDU) der richtige. Er will Planern und Politikern ein Instrument an die Hand geben, mit dem sie Entscheidu­ngen auf Grundlage von Daten treffen können. So lassen sich Debatten versachlic­hen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass Verantwort­liche immer Mut brauchen, Bürgern Gewohntes wegzunehme­n. Eine Klinikschl­ießung ohne Proteste wird es nie geben. Für Alternativ­en werben, Wahrheiten ausspreche­n und Ärger aushalten, wenn es der Sache dient – darum kommt niemand herum.

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