Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Ich habe was, was du nicht hast
Debatten um Standorte von Kliniken, Schulen oder Pflegeheimen werden immer sehr emotional geführt. Das ist in zwei Kommunen im Südwesten derzeit sehr gut zu beobachten. Im Kreis Biberach geht es darum, wie zukunftsfähig ein sehr kleines Krankenhaus in Riedlingen ist. Der Streit ist so weit eskaliert, dass sich Minister und Landrat öffentlich Vorwürfe machen, Beteiligte sprechen von Fouls auch innerhalb des Kreises. In Tuttlingen setzen sich Verantwortliche mit Brandbriefen für ihr Polizeipräsidium ein. Solche Diskussionen sind aber zu bedeutend, um sie nach Kirchturminteressen zu führen. Das beliebte Spiel von Bürgermeistern und Abgeordneten heißt zu oft: „Ich habe was, was du nicht hast“– sei es ein Krankenhaus, ein Supermarkt oder ein Polizeipräsidium.
Zu Recht warnen Wissenschaftler, dass Gemeinden auf dem Land zum Aussterben verdammt sind, wenn sie unattraktiv werden. Zu viele Orte hängen an einem Arzt, einer Bank oder einer Apotheke in der Nähe. Und es wird weitere Diskussionen geben. Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) hat vor Kurzem ein sehr unbequemes Thema angerissen: die kleinen Schulen. Obwohl in der eigenen Partei ein heißes Eisen, hat Eisenmann ausgesprochen, was Fachleute längst konstatieren. Es fehlen nämlich Lehrer im Land, und es gibt ein flächendeckendes Qualitätsproblem. Beides Probleme, die sich an kleinen Schulen noch schlechter lösen lassen als an größeren. Zusammenlegungen wären da oft hilfreich.
Daher ist der Ansatz von Agrarminister Peter Hauk (CDU) der richtige. Er will Planern und Politikern ein Instrument an die Hand geben, mit dem sie Entscheidungen auf Grundlage von Daten treffen können. So lassen sich Debatten versachlichen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass Verantwortliche immer Mut brauchen, Bürgern Gewohntes wegzunehmen. Eine Klinikschließung ohne Proteste wird es nie geben. Für Alternativen werben, Wahrheiten aussprechen und Ärger aushalten, wenn es der Sache dient – darum kommt niemand herum.