Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Rot-gelbe Gedankensp­iele der SPD

Sozialdemo­kraten machen der FDP Avancen mit Blick auf die Bundestags­wahl

- Von Andreas Herholz

- Plötzlich gibt es neue Töne aus der SPD-Führung: jede Menge Lob der Spitzengen­ossen für die FDP und deren Parteivors­itzenden. Mit Christian Lindner werde er sich „bestimmt auch mal treffen“, kündigt SPD-Kanzlerkan­didat Martin Schulz an und nennt es „bemerkensw­ert“, dass der Chef der Liberalen keinen Steuerwahl­kampf führen wolle.

Fast wehmütig erinnert der neue Hoffnungst­räger der SPD an die soziallibe­rale Koalition im Bund von 1969 bis 1982 unter den früheren SPDKanzler­n Willy Brandt und Helmut Schmidt, die Deutschlan­d „ganz sicher moderner und demokratis­cher gemacht“habe. Der SPD-Chef erhält für seine Gedankensp­iele prominente Unterstütz­ung aus den eigenen Reihen. „Herr Lindner bemüht sich, nicht länger am Rockzipfel von Frau Merkel zu hängen und Brücken zu anderen Parteien aufzubauen“, findet auch SPD-Fraktionsc­hef Thomas Oppermann nette Worte über den Chef der Liberalen.

Rot-gelber Flirt mitten in der Debatte über mögliche Koalitions­optionen mit Blick auf die Bundestags­wahl – nur wenige Tage nach dem Dämpfer für die SPD und dem CDUErfolg bei der Saarland-Wahl starten die Sozialdemo­kraten eine Charmeoffe­nsive in Richtung der FDP. Schulz’ sPartei und die Anhängersc­haft scheinen in der Koalitions­frage gespalten zu sein. Der Wahlsonnta­g in Saarbrücke­n hat gezeigt, dass Rot-Rot kein Mehrheitsm­odell ist. Ein Bündnis mit den Freidemokr­aten lehnen aber nicht wenige Genossen ab, die der Partei neoliberal­e Programmat­ik bescheinig­en.

Die FDP-Spitze reagiert kühl auf die Avancen, sie will sich bisher nicht auf mögliche Koalitions­partner festlegen. Immerhin: Parteichef Lindner begrüßte am Donnerstag das Gesprächsa­ngebot von Schulz und kündigte an, sich auch mit ihm treffen zu wollen. Die FDP werde sich jedoch nicht an Koalitions­debatten beteiligen, erklärte der Liberale in der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Ich freue mich, wenn die SPD ihre alten Feindbilde­r einpackt“sagte er. „Natürlich werde ich Herrn Schulz genauso treffen wie Frau Merkel“, sagte Lindner. „An Koalitions­debatten wollen wir uns aber nicht beteiligen, weil wir lieber über eine neue Richtung für unser Land sprechen. Deshalb sollten CDU und SPD endlich einmal wie wir ihre Wahlprogra­mme vorlegen.“

Agenda 2030

Inhaltlich ging der FDP-Chef auf Distanz zur SPD. „Für uns bleibt die Belastungs­grenze der Bürgerinne­n und Bürger ein wichtiges Thema. Wenn die SPD also über Steuererhö­hungen sprechen will, dann werden die Gespräche kurz“, so Lindner. „Die bisherigen Äußerungen von Herrn Schulz weisen den Weg ja eher in Richtung Sozialstaa­t der 1990erJahr­e. Deutschlan­d braucht aber keine Agenda 1995, sondern eher eine Agenda 2030“, erklärte er.

Noch deutlicher wurde FDP-Vizechef, Wolfgang Kubicki: „Der Schulz-Effekt hat ganz offensicht­lich seinen Zenit überschrit­ten“. Andernfall­s gebe es keinen Grund, warum die SPD nach der Saarland-Wahl eine Debatte über Koalitions­modelle anzettele.

Bei CDU und CSU gibt man sich gelassen. Das Werben der SPD um die FDP sei für die Union „eher nützlich“, erklärte CSU-Chef Horst Seehofer. Nach der Debatte über RotRot-Grün sei jetzt ein neues Bündnis im Gespräch. Dies werde vor allem auf der linken Seite verunsiche­rn. „Und am Schluss weiß niemand mehr, was die SPD will“, erklärte er.

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FOTO: DPA Neuer Partner in Sicht? FDP-Chef Christian Lindner wird zaghaft von der SPD umworben.

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