Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Kompromiss bei Reform der Pflegeberufe steht
Künftig zwei Jahre gemeinsame Ausbildung
- Nach langem Tauziehen hat sich die Große Koalition doch noch auf eine Pflegeberufsreform geeinigt. Alle Pflegeberufe sollen ab 2019 eine gemeinsame zweijährige Ausbildung erhalten, nach der man Pflegeassistent ist. In einem dritten Jahr Ausbildung zur Pflegefachkraft kann man den generalistischen Abschluss anstreben oder sich auf Krankenpflege, Kinderkrankenpflege oder Altenpflege spezialisieren.
Das Projekt, das einst als großer Wurf angekündigt war, sollte den Pflegenotstand in Deutschland beenden, indem die Altenpflege durch die gemeinsame Ausbildung aufgewertet und damit auch besser bezahlt wird. Zur Zeit fehlen in der Altenpflege schon 30 000 Kräfte.
Vor zwei Wochen war der Kompromiss schon einmal verkündet worden, bevor es dann doch noch Unstimmigkeiten mit der SPD-Fraktion gab. Alle Missverständnisse seien jetzt ausgeräumt, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Karl Lauterbach.
Neu ist die gemeinsame zweijährige Pflegeausbildung für alle. Das Schulgeld, das noch in einigen Ländern genommen wird, entfällt, weil es sich dann um einen Ausbildungsberuf im dualen System handelt. Die Länder hätten ihr Einverständnis signalisiert.
Die Pflegeverbände hatten zum Schluss eindringlich an Bundestag und Bundesrat appelliert, zu einer Pflegereform zu kommen und davor gewarnt, die Pflegeberufe zum Spielball der Interessen zu machen. Die Politik sollte sich nicht dem Druck der Arbeitgeberinteressen beugen, sagte der Präsident des Pflegerates, Andreas Westerfellhaus. Denn mit dem Kompromiss werden steigende Gehälter in der Altenpflege erwartet, wogegen sich viele private Anbieter von Pflegeleistungen zur Wehr setzten. „Das Lohngefälle von der Krankenzur Altenpflege wird sich zu Gunsten der Altenpflege verbessern“, sagt Karl Lauterbach. Doch genau das sei beabsichtigt gewesen. Für ihn ist es einer der wichtigsten Reformen dieser Legislatur. Denn im Jahr 2030 werde es über dreieinhalb Millionen Pflegebedürftige geben, deren Versorgung mit dem jetzigen Angebot nicht abzudecken sei.
Chance für Hauptschüler
Bedenken, dass mit der gemeinsamen Ausbildung Hauptschüler auf der Strecke blieben, seien ausgeräumt. Man habe darauf geachtet, dass auch Hauptschüler weiter eine Chance haben. Nach zwei Jahren Generalistik-Ausbildung kann man bereits als Pflegeassistent arbeiten, nach drei Jahren als Pflegefachkraft.
Insgesamt 150 bis 200 Millionen Euro wird die Verbesserung der Ausbildung kosten, die Länder, Krankenund Pflegeversicherungen zahlen.
Nach sechs Jahren soll das Gesetz evaluiert werden. Wenn sich nicht mehr als 50 Prozent für einen getrennten Abschluss entschieden haben, soll die Spezialisierung ganz abgeschafft werden. Dann würde nur noch, wie ursprünglich geplant, der gemeinsame Abschluss angeboten werden.