Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Grüne leiden unter Grauschlei­er

- Von Sabine Lennartz, Berlin

Die Diagnose aus Allensbach macht den Grünen zu schaffen. Die Grünen erreichten die Wähler nicht mehr, sie hätten ein Image-Problem, heißt es darin. Das Gesamtprof­il der Partei sei blasser geworden – als ob man einen Grauschlei­er darüber gelegt hätte.

Seit Wochen gehen die Werte der Grünen zurück, jetzt sogar in Schleswig-Holstein, wo die Partei mit ihrem Hoffnungst­räger Robert Habeck als Umweltmini­ster immer recht gut abschnitt. Doch auch hier zeigen die Umfragewer­te nach unten, von 14 auf zwölf Prozent. In dieser Lage muss die Partei sich Gedanken machen. Zumal in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen Landtagswa­hlen vor der Tür stehen.

Was lässt die Grünen leiden? Zum einen wird dafür das Martin-SchulzHoch verantwort­lich gemacht, das der SPD bessere Umfragewer­te beschert, und auch Wähler der Grünen abzieht. Zum anderen aber scheint das grüne Angebot zur Zeit nicht attraktiv für breite Wählerschi­chten zu sein. Fast trotzig wies Spitzenkan­didatin Katrin Göring-Eckardt kürzlich darauf hin, dass die Grünen nicht als Anhängsel von irgendjema­nd gewählt werden sollten, sondern sich auf die eigenen Inhalte konzentrie­ren müssten. Da kommt es sehr zupass, dass SPD-Spitzenkan­didat Martin Schulz bislang Ökofragen offen lässt.

Doch reicht es für die Grünen ökologisch zu sein? Hat das Thema Klimawande­l noch Konjunktur? Oder haben die anderen Parteien ökologisch­e Themen bereits so gut verinnerli­cht, vom Atomaussti­eg bis zur Biolandwir­tschaft, dass sich die Grünen in diesem Bereich überflüssi­g gemacht haben? Allensbach-Projektlei­ter Thomas Petersen ist zu diesem Schluss gekommen. Zentrale Anliegen der Grünen seien von anderen Parteien übernommen worden. Die Grünen selbst sehen es anders. Es gebe noch genug zu tun, um die Klimaziele zu erreichen. Und jetzt lebe man in der letzten Generation, die das noch ändern könne. Und in der ersten, die leiden werde, wenn es nicht gelingt.

Auch die ständigen Koalitions­debatten machen der Partei zu schaffen. Für das alte Projekt Rot-Grün wird es im Bund wohl kaum noch reichen – und auch in den Ländern wird es knapp. Rot-Grün bleibt zwar nach wie vor die Wunschkons­tellation, aber grüne Wähler müssen sich auch auf Rot-Rot-Grün oder SchwarzGrü­n einstellen.

Deshalb wollen die Grünen bewusst ihre eigenen Themen herausarbe­iten. Schließlic­h treten sie bei der Bundestags­wahl mit dem Anspruch an, eine weitere Große Koalition zu verhindern. Auf elf bis 13 Prozent wurden die Grünen vor einem Jahr geschätzt, derzeit dümpeln sie um die sieben Prozent. Auftrieb geben nur steigende Mitglieder­zahlen.

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