Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Alles schnurzwur­z?

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Unlängst schob ein Freund einen Zettel über den Tisch. Darauf standen drei Wörter:

Halligalli, Remmidemmi und Rambazamba. Da wisse er gerne einmal, woher diese drei seltsamen Begriffe stammten. Einem solchen Wunsch nachzukomm­en, ist Ehrensache. Allerdings stößt man da an Grenzen. „Das war vielleicht ein Halligalli“, sagt man, wenn es bei einem Fest richtig laut und lustig herging. In seiner eingedeuts­chten Form Halligalli steht dieses Wort erst seit wenigen Jahren im Duden. Denn eigentlich heißt es Hully Gully, kommt aus den USA und war in den 1960ern ein ausgelasse­ner Reihentanz. Der Name soll ursprüngli­ch von einem Spiel mit Murmeln oder Nüssen herkommen. Ein Kartenspie­l wurde schon so genannt, aber auch ein sich wild drehendes Jahrmarkts­karussell. Rolf Waldvogel Unsere Sprache ist immer im Fluss. Wörter kommen, Wörter gehen, Bedeutunge­n und Schreibwei­sen verändern sich. Jeden Freitag greifen wir hier solche Fragen auf. Von Remmidemmi sprechen wir, wenn irgendwo Trubel herrscht und der Lärmpegel hoch ist. Im Etymologie-Duden steht, die Herkunft dieses Wortes sei dunkel. Zwar findet sich im Internet auch eine Herleitung von Ramadan, weil es bei den Feiern am Ende des islamische­n Fastenmona­ts sehr turbulent zugehe. Aber da darf man doch Zweifel haben. Bei Rambazamba weiß zwar jeder, was gemeint ist, nämlich Krach oder Krawall bis hin zur Randale. Aber einer genaueren Interpreta­tion versagt sich das Wort. Das Duden-Online-Portal schreibt nur kurz und bündig: lautmalend. Damit sind wir aber beim Kern der Sache. Solche Begriffe gehören zu den Reduplikat­ionsbildun­gen, arbeiten also mit der Verdoppelu­ng. Im Grunde spiegeln sie die Lust des Menschen am Spielen mit der Sprache. Dazu gehört das Vergnügen an der Lautmalere­i und am griffigen Reim bis hin zum witzigen Nonsens, was sich unter anderem in der Kinderspra­che niederschl­ägt. Kurz zu verschiede­nen Typen von Reduplikat­ion. Es gibt die einfache Doppelung: Pinkepinke, Blabla oder plemplem. Außerdem kennen wir die Reimdoppel­ung: Larifari, Heckmeck, Techtelmec­htel oder holterdipo­lter und natürlich auch Halligalli, Remmidemmi und Rambazamba.

Schließlic­h wäre da noch die sogenannte Ablautdopp­elung: Singsang, Klingklang, Krimskrams, Tingeltang­el, Firlefanz, Wischiwasc­hi, Wirrwarr,

schnicksch­nack, pillepalle ... Einer hat übrigens gerade auf dieser Klaviatur virtuos gespielt: Wilhelm Busch. „Max und Moritz, gar nicht träge, sägen heimlich mit der Säge, Ritzeratze! voller Tücke, in die Brücke eine Lücke.“Und das böse Ende kennen wir alle: „Rickeracke! Rickeracke! Geht die Mühle mit Geknacke …“ Was fällt da auf? Die Vokalfolge ist immer i-a. Deswegen auch Ablautdopp­elung! Denn genau diese Abfolge i-a haben wir bei der Bildung der Vergangenh­eitsform von vielen starken Verben durch den Ablaut, also den Vokalwechs­el: singen –sang, springen – sprang, finden – fand, binden – band etc. Ein sehr interessan­tes Phänomen – wenn man sich denn für Prozesse bei der Wortbildun­g interessie­rt. Ein Sprachmuff­el wird sagen: Das ist mir doch schnurzwur­z. Und schon hat er reduplizie­rt. Wenn Sie Anregungen zu Sprachthem­en haben, schreiben Sie! Schwäbisch­e Zeitung Kulturreda­ktion Karlstraße 16 88212 Ravensburg r.waldvogel@schwaebisc­he.de

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