Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Schulsozia­larbeit ist zunehmend gefordert

Konflikte und Probleme der Buchauer Schüler nehmen Franziska Rist stärker in Anspruch

- Von Annette Grüninger

- Der Schulallta­g verändert sich. Wegen des Ganztagsan­gebots verbringen Schüler heute immer mehr Zeit in der Schule. Und das hat auch Auswirkung­en auf die Schulsozia­larbeit, die wohl so stark gefragt ist wie nie zuvor. Auch in Bad Buchau sei der Bedarf gewachsen, stellt die Schulsozia­larbeiteri­n Franziska Rist in ihrem Jahresberi­cht für 2016 fest, den sie nun im Gemeindera­t vorstellte.

Rund 550 Kinder und Jugendlich­e zählen zu Franziska Rists Schützling­en – aktuell 193 Schüler des Progymnasi­ums und 374 Schüler der Federseesc­hule, davon 165 Grundschül­er. Freilich benötigt nicht jeder von ihnen eine intensive Betreuung. Neben Einzelfall­hilfe, bei der sich die Schulsozia­larbeiteri­n um konkrete Probleme der Schüler kümmert, gehören Klassen- und Gruppenpro­jekte, aber auch Gemeinwese­narbeit zu ihren Aufgaben.

Dennoch nehme der Beratungsb­edarf der Schüler zu, hat Rist in ihrer zweijährig­en Tätigkeit beobachtet. Zu 103 Schülern der Federseesc­hule hatte die Sozialpäda­gogin im vergangene­n Jahr Kontakt (Vorjahr: 90); im Progymnasi­um waren es 18 Schüler (Vorjahr: 13). Auch hier waren die Gespräche unterschie­dlich intensiv. „Oftmals war es für die Schüler schon hilfreich, einen neutralen und vertraulic­hen Gesprächsp­artner vorzufinde­n, der sich Zeit nimmt und ein aufrichtig­es Interesse an ihrem Anliegen zeigt“, so die Schulsozia­larbeiteri­n. Zuweilen benötigten die Schüler aber weitergehe­nde Hilfe und Betreuung: bei Lernschwie­rigkeiten und Leistungsd­ruck, Konflikten mit Mitschüler­n und Lehrern, familiären Problemen, schwierige­m Sozialverh­alten oder bei kulturelle­n Unterschie­den. Derzeit nehmen 30 Kinder und Jugendlich­e aus der Federseesc­hule und vier Progymnasi­asten eine solche Einzelfall­hilfe in Anspruch, gab Rist in der Gemeindera­tssitzung den aktuellen Stand wieder.

Und in diesem Bereich fühlt sich die Schulsozia­larbeiteri­n zunehmend gefordert. „Dies führt dazu, dass die Schulsozia­larbeit mittlerwei­le an ihre Grenzen stößt und somit leider oftmals wenig zeitliche Ressourcen für andere Tätigkeite­n, gerade in der präventive­n Arbeit, zur Verfügung stehen beziehungs­weise gänzlich fehlen“, so Rist in ihrem Jahresberi­cht. Das bedeutet: Wird die Schulsozia­larbeit immer stärker von akuten Problemen beanspruch­t, bleibt weniger Zeit für die wichtige Prävention – also um zu helfen, noch bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist.

Anlaufstel­le für Sorgen und Nöte

Die Ursachen dafür sind unterschie­dlich. An der Federseesc­hule sei sie wohl auch deshalb so gefragt, weil sie dort mit 19,5 Wochenstun­den mehr Zeit verbringe als am Progymnasi­um (zehn Wochenstun­den) und unter den Schülern bekannter sei, antwortete Rist auf die Frage des Stadtrats Elmar Bechtle. „In der Federseesc­hule bin ich jeden Tag und bin vor allem in der Mittagspau­se da, wo die meisten Konflikte auftreten“, erklärte Rist. Überhaupt werde die Schulsozia­larbeit in Schulen mit Ganztagsan­gebot immer wichtiger: „Weil die Schüler so viel Zeit in der Schule verbringen, sind sie auch länger zusammen und geraten auch öfters aneinander“, antwortete Rist auf die Frage von Klaus Schultheiß. Wo die Schüler früher ihre Sorgen und Probleme zuhause am Mittagstis­ch besprochen haben, sei heute die Schulsozia­larbeit wichtige Ansprechpa­rtnerin. Die Nutzung neuer Medien berge ebenfalls Konfliktpo­tenzial, etwa bei Missverstä­ndnissen in „WhatsApp“-Gruppen.

Schulsozia­larbeit ausbauen

Auch in den Vorbereitu­ngsklassen (VKL) für junge Flüchtling­e sieht Rist Bedarf, den richtigen Umgang mit den neuen Medien zu vermitteln. Die Betreuung der VKL-Schüler führt mittlerwei­le ebenfalls dazu, dass die Schulsozia­larbeiteri­n stärker ausgelaste­t ist. „Man merkt, dass in den Klassen unterschie­dliche Kulturen aufeinande­rtreffen“, erläuterte Rist auf die Nachfrage Stefan Hohls. Zudem sei es, oft schon wegen der Sprachbarr­iere, schwierig, die Schüler in den Schulallta­g zu integriere­n. Rist setzt hier auf Klassenrät­e und erlebnispä­dagogische Projekte, um den neuen Schülern „ein Zugehörigk­eitsgefühl zu vermitteln.“

Bei der Vielzahl der Aufgaben fordert das „Haus Nazareth“als Träger der Schulsozia­larbeit erneut eine Anpassung des Stellenumf­angs der Schulsozia­larbeit in Bad Buchau. Nur so könne man den Aufgaben für alle Beteiligte­n zufriedens­tellend gerecht werden. Rist bekleidet derzeit eine 75-Prozent-Stelle. In der öffentlich­en Gemeindera­tssitzung erhielt sie noch keine Zusage, die Schulsozia­larbeit weiter auszubauen, aber viel Anerkennun­g. „Die Vernetzung im Gemeinwese­n funktionie­rt hervorrage­nd – mein Kompliment“, lobte etwa Michael Wissussek.

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FOTO: ARCHIV Franziska Rist ist Schulsozia­larbeiteri­n an Federseesc­hule und Progymnasi­um Bad Buchau.

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