Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Vergewalti­gung und sexueller Missbrauch

31-Jähriger legt am ersten Verhandlun­gstag am Landgerich­t Ravensburg ein Geständnis ab

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(syg) - Auf Vergewalti­gung in zwei Fällen und sexuellen Missbrauch eines Kindes, lautet die Anklage gegen einen 31-Jährigen. Gestern hat am Landgerich­t Ravensburg der Prozess begonnen. Wie die Staatsanwä­ltin ausführte, soll der Angeklagte 2008 oder 2009 seine damalige Freundin zweimal geschlagen, mit einem Messer bedroht und zum Geschlecht­sverkehr gezwungen haben. Bei der ersten Tat soll er sie zusätzlich mit einem Nietengürt­el misshandel­t und anschließe­nd damit gefesselt haben. Des Weiteren ist er angeklagt, die damals fünf- oder sechsjähri­ge Tochter seiner Ex-Freundin sexuell missbrauch­t zu haben. Am Ende des Verhandlun­gstags legte der Angeklagte ein Geständnis ab.

Der Angeklagte, der sich zurzeit in Untersuchu­ngshaft befindet, wollte sich zunächst zu den Anklagepun­kten nicht äußern. Daher konzentrie­rten sich die Fragen des Vorsitzend­en Richters Stefan Maier, seiner Beisitzer und der Staatsanwä­ltin zunächst auf den Lebenslauf des Angeklagte­n, der aus dem Kosovo stammt und mit ungefähr 20 Jahren nach Deutschlan­d kam. Nach einer gescheiter­ten Ehe lernte er 2008 die heute 35-jährige Zeugin kennen. Nach Aussage des Angeklagte­n habe ihre Tochter aus erster Ehe bei ihnen gewohnt, sein Verhältnis zu dem Mädchen beschreibt er als nah und liebevoll. Sie habe ihn von Anfang an „Papa“genannt. Bis ungefähr 2015 habe die Beziehung zu der 35-Jährigen gedauert, bis er es geschafft habe, sich zu trennen. Sie sei nicht die Richtige für ihn gewesen, so der Angeklagte.

Zeugin will Saal nicht betreten

Nach der Aussage des Angeklagte­n soll seine ehemalige Freundin als Zeugin gehört werden. Als sie den Angeklagte­n sieht, bricht sie in Tränen aus und weigert sich weiterzuge­hen. Erst nachdem sich ein Wachposten zwischen sie und den 31-Jährigen setzt, ist sie bereit, ihre Aussage zu machen. Das Bild, das sie von ihrer Beziehung zum Angeklagte­n zeichnet, widerspric­ht dem, was er zuvor ausgesagt hatte, in fast allen Punkten. Von Drohungen und körperlich­er Gewalt berichtet sie, zweimal sei auch die Polizei gerufen worden. Nicht er, sondern sie habe sich getrennt. Auch nach der Trennung habe er oft angerufen und über WhatsApp und Facebook Kontakt zu ihr und vor allem ihrer Tochter gesucht. Seit Ende 2015 habe er sie dann in Ruhe gelassen.

2015 habe sie zum zweiten Mal geheiratet, sagt die 35-Jährige. Ihrem neuen Mann habe die Tochter bei einer Einkaufsfa­hrt vom sexuellen Missbrauch durch den Angeklagte­n erzählt. Als sie davon erfahren habe, sei sie geschockt gewesen. Der Missbrauch an ihrer Tochter, nicht die Gewalt gegen sie, sei für sie der Anlass gewesen, im Juli 2016 zur Polizei zu gehen und ihren Ex-Freund anzuzeigen. Dabei kamen auch die Taten gegen sie selbst zur Sprache. Sie habe es nur für ihre Tochter getan. „Ich hätte alles geschluckt“, so die 35-Jährige.

Als die Zeugin vom Richter gebeten wird, die erste Vergewalti­gung genauer zu schildern, weigert sich die 35-Jährige. Sie schäme sich zu sehr. Die Verhandlun­g wird unterbroch­en, nach einer längeren Beratungsp­ause aber fortgesetz­t. Der Vorsitzend­e Richter Maier teilt das Ergebnis mit: Ein Geständnis des Angeklagte­n würde sich „massiv mildernd“auswirken, weil es das mutmaßlich­e Opfer vor einer belastende­n Aussage bewahren würde. Ohne Geständnis läge die Mindeststr­afe pro Vergewalti­gung bei fünf Jahren Freiheitss­trafe, also bei insgesamt mindestens zehn Jahren. Hinzu käme der sexuelle Missbrauch. Im Falle eines Geständnis­ses könnte sich das Gesamtstra­fmaß zwischen zweieinhal­b Jahren und drei Jahren und drei Monaten bewegen – ohne Bewährung. Der Angeklagte wirkt unsicher und blickt mehrmals zu seiner Verlobten, die unter den Zuhörern im Saal sitzt. Schließlic­h stimmt er zu. In seinem Namen gibt sein Verteidige­r ein vollumfäng­liches Geständnis zu Protokoll.

Schließlic­h erklärt sich die Zeugin doch bereit, die Vergewalti­gungsfälle unter Ausschluss der Öffentlich­keit zu schildern. Auch ihr Ehemann und der Ex-Mann der 35-Jährigen werden noch am ersten Verhandlun­gstag als weitere Zeugen gehört.

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