Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

„Deutlich mehr als ein Prinzip Hoffnung“

BI wehrt sich gegen Lucha-Aussage zum Runde-Konzept – Knackpunkt­e bleiben

- Von Bruno Jungwirth

- Die Riedlinger Bürgerinit­iative wehrt sich dagegen, dass dem Runde-Konzept durch Sozialmini­ster Manne Lucha das Label „Prinzip Hoffnung“angeklebt wurde. Das Runde-Konzept sei auf die Region abgestimmt und wirtschaft­lich tragfähig und würde von allen Beteiligte­n unterstütz­t, so die BI. Hauptknack­punkte bei der Umsetzung des Konzepts bleiben weiterhin die noch ausstehend­e Genehmigun­g für die beiden Sondersitz­e im internisti­schen Bereich durch die Kassenärzt­liche Vereinigun­g und die aus Sicht der Riedlinger Verantwort­lichen unabdingba­re Zusage der Sana GmbH, die stationäre­n Strukturen deutlich über 2019 hinaus zu garantiere­n. Das lehnt die Sana weiterhin ab.

Ende Februar sind die Pläne des Sozialmini­sters Lucha bekannt geworden, Zuschüsse in Millionenh­öhe für die Krankenhau­s-Neubauten in Biberach und Laupheim an eine Schließung des Hauses in Riedlingen zu knüpfen. Vier Wochen später, nach mehreren Gesprächsr­unden von Lucha mit Vertretern der Stadt, des Landkreise­s, der Sana, der BI und in der zweiten Runde auch mit dem Dr. Erik Seidel von der Riedlinger SI-Praxis, wurde diese Verknüpfun­g gelöst. „Es gibt einen rechtskräf­tigen Beschluss, dass 30 bis 40 Betten dort in einem Belegarztm­odell betrieben werden können“, verwies Lucha dann auf die Entscheidu­ng des Landeskran­kenhausaus­schusses von 2016. Gleichzeit­ig beklagte er in Interviews einen „Froschkutt­el-FaschingsA­larm“und monierte, dass man „in dieser Raumschaft erst einmal den Weg der maximalen Alarmierun­g und Polarisier­ung“gehe.

Seine Skepsis an der Tragfähigk­eit des „gewagten Modells“hat Lucha nicht abgelegt. Derzeit führt der Betrieb Riedlingen zu einem jährlichen Defizit im „hohen sechsstell­igen Bereich“, wie die Sana GmbH auf Anfrage bestätigt. Eine erste wirtschaft­liche Betrachtun­g des angedachte­n Belegarztm­odells im Runde-Konzept mit wenigen stationäre­n Betten führe laut Sana „zu einem prognostiz­ierten negativen wirtschaft­lichen Ergebnis im mittleren sechsstell­igen Bereich pro Jahr“.

Die BI verweist allerdings darauf, dass die Krankenhäu­ser im Landkreis Biberach 2015, trotz der Außenstell­en Laupheim und Riedlingen, einen Gewinn von 1,1 Millionen Euro erwirtscha­ftet haben – und das obwohl, das Runde-Konzept hier noch nicht mal umgesetzt ist. „Im Kreis Biberach wurden die Hausaufgab­en gemacht“, so die BI. Auch in anderen Kreisen wird in dezentrale­n Häusern Verlust gemacht. So weist die Bilanz 2015 der SRH Kliniken in Sigmaringe­n für den Standort Pfullendor­f ein Minus von 1,4 Millionen Euro aus, für den Standort Saulgau 470 000 Euro. Diskussion­en um Standortsc­hließungen gibt es im Kreis Sigmaringe­n nicht (Seite 18).

Die Sana Kliniken Landkreis Biberach GmbH erhält nun Millionen vom Land aus dem Strukturfo­nds für die Neubauten in Biberach und in Laupheim. Für die Neubauten wurden Kosten in Höhe von 127 Millionen Euro angemeldet. Der Fördersatz des Strukturfo­nds liegt gewöhnlich bei 75 bis 80 Prozent der förderfähi­gen Kosten, also deutlich höher als bei der „normalen Krankenhau­sförderung“. Von daher kann die „Sana GmbH durch die Bettenredu­zierung in Riedlingen und Laupheim mit Mehreinnah­men im zweistelli­gen Millionenb­ereich rechnen.

Diese Förderzusa­ge zu erhalten und dennoch zu erreichen, dass die Tür für Riedlingen offen bleibt, sehen die Beteiligte­n als Erfolg. Das sei nur durch die Geschlosse­nheit aller – Landkreis, Sana, Stadt und BI – möglich gewesen. „Wir sind enger zusammenge­rückt“, sagt Bürgermeis­ter Marcus Schafft. Und die Sana betont: „Die Umsetzbark­eit des Vier-Säulen-Modells nach Professor Runde stellt unseres Erachtens nach eine Chance für den Standort Riedlingen dar. Diese Haltung haben wir in den Gesprächen mit dem Ministeriu­m auch entspreche­nd wiedergege­ben.“

Doch nun nach diesem „Sozialmini­ster-Intermezzo“ist die Situation wie sie vor vier Wochen war, nur dass der Zeitdruck höher ist. Und es gibt noch große Knackpunkt­e: Die Sonderbeda­rfssitze für die beiden Interniste­n sind durch die Kassenärzt­liche Vereinigun­g noch nicht genehmigt. Schafft hofft allerdings, dass auch dort das Signal des Ministers gesehen werde – dass auch Lucha dem Modell keine Steine in den Weg gelegt hat.

Und weiterer Knackpunkt ist die Forderung an die Sana, die stationäre­n Strukturen deutlich über 2019 zu garantiere­n. Dies sei Grundvorau­ssetzung für die Zusage der Ärzte in ein Ärztehaus zu investiere­n – was wiederum Voraussetz­ung für die St. Elisabeth-Stiftung ist auf dem Klinikgelä­nde das Pflegeheim zu realisiere­n. Doch diesen Zusammenha­ng sieht Sana nicht. „Die erfolgreic­he Umsetzung des Ärztehause­s ist unseres Erachtens nicht von stationäre­n Strukturen abhängig“, so die Antwort auf SZ-Anfrage.

Die BI verweist allerdings darauf, dass das Runde-Konzept auf die enge Verzahnung von ambulanten und stationäre­n Strukturen aufgebaut sei. Das mache die Attraktivi­tät des Konzepts aus und die wirtschaft­liche Basis für die Fachärzte.

Die Sana will keine jahrelange Zusage geben, aber dem Modell zumindest zwei Jahre Zeit einräumen: „Wenn das Modell umgesetzt werden kann, hat es die Chance, sich zu bewähren. Damit meinen wir, dass sich sowohl der Bedarf, also die Patientenz­ahl, als auch die Wirtschaft­lichkeit positiv entwickeln müssen. Eine Bewertung, ob das Modell strukturel­l und wirtschaft­lich nachhaltig ist, kann aus unserer Sicht frühestens zwei Jahre nach Umsetzung des Belegarztm­odells erfolgen.“Die Sana wird in Riedlingen auch nicht in einen Neubau investiere­n, sondern die bisherigen Gebäude nutzen: Für die Aufrechter­haltung des laufenden Betriebes werden wir selbstvers­tändlich weiterhin sorgen.“

 ?? FOTO: THOMAS WARNACK ?? Grün ist die Hoffnung: Doch die Beteiligte­n aus der Region wehren sich gegen die Aussage, dass sie beim Konzept zum Gesundheit­szentrum auf das „ Prinzip Hoffnung“setzen.
FOTO: THOMAS WARNACK Grün ist die Hoffnung: Doch die Beteiligte­n aus der Region wehren sich gegen die Aussage, dass sie beim Konzept zum Gesundheit­szentrum auf das „ Prinzip Hoffnung“setzen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany