Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
„Es wird mit zweierlei Maß gemessen“
Die BI-Vorsitzenden Christoph Selg und Axel Henle zur Situation beim Gesundheitszentrum
- Nach dem Gespräch im Sozialministerium der Krankenhaus-Verantwortlichen der Raumschaft und dem Kabinettsbeschluss vom Dienstag ist klar: Ein Gesundheitszentrum in Riedlingen nach dem Runde-Konzept ist möglich. Wir haben mit den Verantwortlichen der Bürgerinitiative zum Erhalt der Riedlinger Klinik, Christoph Selg und Axel Henle, über die Situation und die weiteren Schritte gesprochen.
Wie bewertet die BI die Situation nach dem Minister-Intermezzo und der Entscheidung vom Dienstag?
Für uns wurde die Türe weiterhin offen gehalten. Auf die Probleme der Umsetzung hatte dies allerdings keinen direkten Einfluss. Die Chance auf ein leistungsfähiges Gesundheitszentrum in Riedlingen bleibt erhalten, die notwendigen Entscheidungen müssen jetzt von den jeweils Verantwortlichen kurzfristig gefällt und umgesetzt werden; hier hat der Sozialminister keinen Einfluss.
Der Minister hat sich sehr skeptisch zum Riedlinger Modell geäußert, und es als „Prinzip Hoffnung“bezeichnet. Wird man da nachdenklich? Ist es „nur“Prinzip Hoffnung?
Er hat seine Skepsis begründet. Er hat ja nicht Unrecht, wenn er darauf hinweist, dass es bei der Umsetzung eines solchen Konzeptes auch Risiken gibt. Wir wissen, dass viele Rädchen gut ineinander laufen müssen, damit dieses Modell für unsere Region funktioniert. Deshalb sind wir ja hartnäckig, wenn es darum geht, das Gesundheitszentrum in Riedlingen streng nach dem „Runde-Konzept“umzusetzen. Und Hoffnung – die gehört immer dazu. Wir wissen aber auch, dass es gelungen ist mit dem „Runde Konzept“ein zukunftsgerichtetes Konzept zu erstellen. Dieses Konzept basiert auf schlanken, effizienten Strukturen, von selbständig tätigen Leistungsanbietern. Vor allem für die Grundversorgung im ländlichen Raum sehen wir dieses Konzept als modellhaft und zukunftsweisend an.
Wird in anderen Kreisen weniger „zukunftsweisend“gearbeitet?
Was uns ein wenig stört ist, dass hier scheinbar mit zweierlei Maß gemessen wird. In unseren Gesprächen beim Sozialministerium haben wir darauf hingewiesen, dass etwa in den Kreisen Ehingen, Sigmaringen und Ravensburg ebenfalls mit hohen Verlusten und dezentralen Strukturen gearbeitet wird. Trotzdem sind für diese Strukturen Fördermittel in erheblichem Umfang vorgesehen. (siehe Kasten). Insofern ist die Situation in Riedlingen keine Außergewöhnliche. Ganz im Gegenteil: Im Kreis Biberach wurden die Hausaufgaben längst gemacht. Die „Sana Kliniken Landkreis Biberach GmbH“weist für das Jahr 2015 einen beträchtlichen Gewinn aus, trotz der „Belastungen“aus Riedlingen. Andere Landkreise, die Fördermittel erhalten, sind da noch lange nicht so weit. Man wird ohnehin bald an den Punkt kommen, wo es einer politischen Entscheidung bedarf: „Wieviel ist uns die Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum wert?“Hier geht es am Ende nicht nur um Wirtschaftlichkeit, sondern um das Gestalten der Daseinsvorsoge der Bevölkerung im ländlichen Raum.
Eines ist sicher, durch das Intermezzo wurde Zeit verloren. Was sind aus Sicht der BI nun die nächs- ten, dringlichen Schritte, die angegangen werden müssen?
Das mit dem Zeitverlust sollten wir jetzt gar nicht so hoch hängen. Wie bereits gesagt, in Riedlingen sind wir (BI, Stadtverwaltung, Kreis) immer am Ball geblieben. Außerdem wurde keines der schon bestehenden Probleme dadurch verstärkt. Die aktuell dringlichen Schritte sind: Erlangung der Facharztsitze für die „Innere“, wobei wir da wirklich keine Einflussmöglichkeit haben. Dann ist es jetzt ganz wichtig, dass für die Ärzte, die ihr Interesse bekundet haben sich am Ärztehaus einzubringen, eine klare längerfristige Planungssicherheit hergestellt wird, das heißt: wir benötigen eine Zusage von Sana deutlich über das Jahr 2019 hinaus. Und schließlich müssen wir mit der Umsetzung des Ärztehauses schnell in die Gänge kommen. St. Elisabeth und die jeweiligen Ärzte brauchen eine sichere Perspektive; wobei die Stadt Riedlingen hier schon auf einem ganz guten Weg ist.
Wie ist die Stimmungslage bei den BI-Verantwortlichen?
Massiv Dauer-Angespannt. Die Intensität, mit der wir dieses Thema angehen, neben unserer eigentlichen privaten und beruflichen Verantwortung, stellt für uns eine große Belastung dar. Wir müssen jetzt endlich zu einer Umsetzung kommen.