Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Strafe für den illegalen Deal mit Daten

22-Jähriger wegen Computerbe­trugs zu 80 Sozialstun­den verurteilt

- Von Michael Kroha

- Nicht nur der Angeklagte, auch seine Mutter ist nach dem Prozess am Amtsgerich­t Biberach erleichter­t, dass dieses Kapitel abgeschlos­sen ist. „Es ist alles gesagt, was es zu sagen gibt“, sagte der 22-Jährige nach dem Plädoyer der Staatsanwä­ltin Elisabeth Seemann. Wegen Computerbe­trugs in mehreren Fällen ist er nach Jugendstra­frecht zum Ableisten von 80 Sozialstun­den verurteilt worden. „Vermutlich weniger, als Sie befürchtet haben“, schloss Richter Ralph Ettwein seine Urteilsbeg­ründung.

Der in Laupheim lebende junge Mann gestand, Daten – darunter auch Kontodaten – von unwissende­n Personen über den Messenger „ICQ“an Dritte weitergege­ben zu haben, die mithilfe dieser Daten es dann teilweise versucht, aber auch geschafft haben, auf Kosten der unwissende­n Personen bei OnlineKauf­häusern zu bestellen. Zwar wurden die betrügeris­chen Bestellung­en rückgängig gemacht, die Kaufhäuser lieferten die Ware jedoch aus und erlitten somit einen Wertverlus­t. In manchen Fällen verlangte der damals 18-Jährige vom Datenempfä­nger auch eine Gegenleist­ung. Dabei handelte es sich entweder um Schuhe oder TShirts, die mitbestell­t werden sollten, oder um eine anteilige monetäre Beteiligun­g je nach Höhe des Bestellwer­ts.

Knapp vier Jahre lagen zwischen den Vergehen und der Verhandlun­g am Freitag. Vier Jahre, in denen der Angeklagte nicht mehr strafrecht­lich in Erscheinun­g getreten ist. „Vier Jahre, die mich auch belastet haben“, sagte er vor Gericht. „Er saß deshalb auch oft weinend daheim“, sagte seine Mutter. Seither darf der 22-Jährige nur noch mit dem Computer seiner Eltern arbeiten. „Er hatte eine feste Freundin, hat viel Sport gemacht und war auch auf Wettkämpfe­n. Am Wochenende hat er seinen Vater geholfen. Ich kann mir das nicht erklären.“Eines Morgens habe „aus heiterem Himmel“die Polizei geklingelt und dann das Haus durchsucht. Die Nachbarn hätten alles mitbekomme­n.

„Es tut mir leid, was ich meiner Familie angetan habe“, zeigte sich der Angeklagte reumütig. Lucia Branz von der Jugendhilf­e sieht im „Erwischtwe­rden einen positiven Effekt“: „Vermutlich wäre er sonst noch kriminelle­r geworden, ein richtiger Betrüger.“

Täter bietet auch Drogen an

Denn auf der zwar gelöschten Festplatte seines Laptops hat die Kriminalpo­lizei weitere Chatverläu­fe wiederhers­tellen können, in denen der Angeklagte angibt, auch Drogen wie Kokain und Amphetamin­e zu verkaufen. Auch wenn er sich auf Internetse­iten schlau gemacht hat, wie man bestimmte Drogen herstellt, laut eigenen Angaben hat er nie Drogen besessen, schon gar nicht verkauft. Richter Ettwein vermutet „Aufschneid­erei“. Doch auch das Angebot zum Handel ist strafbar.

Seit diesem Semester studiert der 22-Jährige Wirtschaft­sinformati­k. Staatsanwä­ltin Seemann, Richter Ettwein, aber auch seine Mutter hoffen, dass er die neuen Kenntnisse in Zukunft in „Nützlicher­es“investiert. Finanziell­es Interesse sei auch damals schon nie der entscheide­nde Faktor für sein Tun gewesen, erzählt er. „Der Computer hat mich angezogen. Und dann sitzt man da und probiert Dinge aus.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany