Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Auf den Angriff folgt die Frage nach der Strategie

US-Präsident Trump hat mit seinem Vorgehen in Syrien bei vielen gepunktet – Doch wie soll es nun weitergehe­n?

- Von Frank Herrmann

- Nach dem US-Angriff auf die Luftwaffen­basis alSchairat hielt der patriotisc­he Schultersc­hluss zwischen Demokraten und Republikan­ern nur kurzzeitig. Es dauerte nicht lange, bis heftige Kritik laut wurde. Im Kern geht es um die Frage: Welche Strategie verfolgt das Oval Office?

Sehe man den Raketensch­lag nur für sich, als Antwort auf eine barbarisch­e Giftgasatt­acke, sei dagegen nicht viel einzuwende­n, schreibt der Senator Chris Murphy, ein Demokrat aus dem Neuengland­staat Connecticu­t, in einem Essay. Nur könne eine Militärakt­ion eben nie isoliert gesehen werden, ohne zu fragen, was ihr voranging und was danach kommen soll. Betrachte man sie im Kontext der bisherigen Nahostpoli­tik des Weißen Hauses, falle die Scheinheil­igkeit auf, mit der sie begründet wurde, schreibt der Politiker. Trump behaupte, er habe den Angriffsbe­fehl gegeben, weil ihn die Bilder toter Kinder bewegten. „Begreift unser Präsident nicht, dass es dieselben Kinder sind, denen er zweimal die Einreise in unser Land zu verbieten versuchte?“, fragt Murphy im Hinblick auf das zweimal vor Gericht gescheiter­te Einreiseve­rbot für Bürger aus bestimmten muslimisch geprägten Staaten. Aber Murphy ist keineswegs die Stimme der Demokraten.

Viele auf den Opposition­sbänken folgen eher Chuck Schumer, dem Fraktionsc­hef der Partei im Senat, der Trump bescheinig­t, das Richtige getan zu haben. Hillary Clinton sieht es ähnlich, auch wenn sie betont, dass dem Angriff auf die syrische Luftwaffen­basis schnellste­ns um eine breiter angelegte Strategie zur Beendigung des Bürgerkrie­gs ergänzt werden müsse.

Was kommt danach? Die Frage, die schnell in den Mittelpunk­t der Debatte rückte, beantworte­t die Trump-Regierung einstweile­n mit verwirrend­er Äußerungen. Nikki Haley, die UN-Botschafte­rin, die sich zusehends als Sprachrohr republikan­ischer Hardliner profiliert, spricht neuerdings auffallend oft von „Regime Change“in Damaskus, obwohl sie genau das vor ein paar Tagen noch so gut wie ausgeschlo­ssen hatte. Solange Baschar al-Assad an der Macht sei, sei eine politische Lösung nicht möglich, sagte sie am Sonntag in einem CNN-Interview. Außenminis­ter Rex Tillerson, parallel zu Haley in einer zweiten Talkshow auftretend, betonte seinerseit­s, dass der Kampf gegen den „Islamische­n Staat“nach wie vor an erster Stelle stehe, nicht der Sturz des Autokraten.

Nur ein Warnschuss

Irgendwann in den nächsten Wochen oder Monaten rechnen die Amerikaner mit dem Fall der ISHochburg Rakka. Folgt man Tillerson, war der Schlag gegen Assad eher als Warnschuss gedacht, nicht als Beginn eines groß angelegten Bombardeme­nts. Erst wenn die vom IS ausgehende Gefahr reduziert sei, sagte er am Sonntag, könne man sich der Stabilisie­rung der Lage in Syrien widmen. Allerdings hat Trumps Chefdiplom­at unmittelba­r vor dem Angriff auf das Flugfeld al-Shayrat auch schon härtere Töne angeschlag­en: Assad dürfe in der Regierung keine Rolle mehr spielen, erklärte er noch am Donnerstag.

So etwas wie ein Konzept lässt sich angesichts der rhetorisch­en Sprünge kaum erkennen. Robert Ford, ein früherer US-Botschafte­r in Damaskus, glaubt jedenfalls nicht, dass Trump plötzlich mit Hochdruck auf die Entmachtun­g des syrischen Diktators hinarbeite­t. Vielmehr fühlt er sich an den Irak Mitte bis Ende der 1990er-Jahre erinnert: Bill Clinton, seinerzeit im Oval Office regierend, habe ab und an Cruise Missiles abfeuern lassen, ohne dass es Saddam Hussein groß beeindruck­t hätte.

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FOTO: AFP Selbst viele Demokraten unterstütz­ten US-Präsident Donald Trumps Angriff in Syrien. Doch die Frage nach seiner Strategie für Syrien ist unbeantwor­tet.

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