Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Rasches Handeln ist gefragt
Verleumdungen im Netz treffen nicht nur Prominente – Ein Anwalt gibt Tipps, wie man sich wehren kann
(dpa) - Falsche Behauptungen verbreiten sich im Internet rasant. Vor kurzem traf es die Grünen-Politikerin Renate Künast, von der ein erfundenes Zitat in Umlauf gesetzt wurde. „Fake News“werden solche gefälschten Nachrichten genannt. Und längst nicht nur Prominente leiden darunter. Jeder kann betroffen sein.
Rechtsanwalt Michael Terhaag rät bei falschen Behauptungen im Netz zum raschen Handeln. Betroffene sollten nicht darauf hoffen, dass die Unwahrheiten in den Tiefen des Internets schon verschwinden werden. „Wenn Vor- und Zuname dabeistehen, sind Inhalte jahrelang mit Suchmaschinen zu finden“, sagt Terhaag. Personaler von Firmen scannen Bewerber oft mit einer Internet-Recherche.
Tauchen dann nationalistische, frauenfeindliche oder andere Aussagen auf, die man vermeintlich getätigt hat, sinken die Jobchancen rapide. Bekannte könnten ebenfalls irritiert sein, wenn sie zufällig darauf stoßen.
Aber wie gehen Betroffene vor? Zunächst sichern sie Beweise. Zum Beispiel mit einem Bildschirmfoto des betreffenden Facebook-Eintrags oder der Webseite. Dazu notieren sie das Datum und schicken das Beweismittel idealerweise noch an Bekannte, um sich abzusichern.
Danach geht es an das Entfernen der Beiträge. Hier rät Terhaag, zunächst den Verbreiter zu kontaktieren – falls der identifizierbar ist. Das ist der schnellste Weg, um die unwahren Behauptungen wieder aus dem Netz zu bekommen, klappt aber nicht immer. „Oft kennt man den Verbreiter leider nicht, oder er reagiert nicht“, sagt der Fachanwalt für IT-Recht. Dann kontaktiert man die Plattform – zum Beispiel Facebook oder Foren. Dort wird die Löschung des Beitrags gefordert – begründet mit dem Verweis auf den unwahren Inhalt.
Löschvorgang kann dauern
Das Löschen kann je nach Plattform aber sehr lange dauern. Gut drei Tage habe es gedauert, ehe das falsche Zitat von Renate Künast von Facebook schließlich entfernt wurde, sagte die Politikerin dem „Spiegel“. Nach Angaben des Magazins erstattete sie auch Strafanzeige. Die Möglichkeit hat jeder Betroffene: „Etwa wegen Verleumdung“, erläutert Terhaag. Zudem könne man zivilrechtlich auf Unterlassung und Schadenersatz klagen.
Von Zivilrechtsprozessen sollten Betroffene – zumindest an Schadenersatz – aber nicht zu viel erwarten. „Die gewonnenen Gelder decken oft nur die Anwaltskosten“, sagt Terhaag.
Ausnahmen seien hier Schmerzensgelder, wenn Opfer aufgrund der falschen Behauptungen und Verleumdungen krank geworden sind. „Das müssen sie aber nachweisen können.“Solche Fälle seien eher die Ausnahme. Aber auch wenn Nutzer mit einer Zivilklage nicht reich werden, so stellen sie doch auf jeden Fall sicher, dass der Verursacher nicht irgendwann wieder falsche Behauptungen verbreite, erklärt Terhaag dazu. Denn: „Nach einer einstweiligen Verfügung drohen bei erneutem Verstoß Ordnungsgelder bis 250 000 Euro oder ersatzweise bis zu sechs Monate Ordnungshaft.“
Michael Terhaag, Fachanwalt für IT-Recht „Oft kennt man den Verbreiter leider nicht, oder er reagiert schlicht nicht.“