Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Ravensburg muss über Fahrverbot­e diskutiere­n

Regierungs­präsidium Tübingen schreibt Luftreinha­lteplan vor

- Von Frank Hautumm

- Das Regierungs­präsidium Tübingen wird voraussich­tlich bis Spätsommer 2018 einen Luftreinha­lteplan für Ravensburg erlassen. Amtlich anerkannte Messungen der Prüfgesell­schaft Dekra im Auftrag der Stadt haben ergeben, dass die Grenzwerte für Stickstoff­dioxide im Jahresschn­itt teilweise erheblich überschrit­ten werden. Mögliche Konsequenz­en dieser nachgewies­enen Luftversch­mutzung sind unter anderem Tempolimit­s und Fahrverbot­e.

Wie die „Schwäbisch­e Zeitung“berichtete, hat die Dekra im Jahr 2016 die Luft in Ravensburg untersucht. An der vielbefahr­enen Schussenst­raße waren vom 1. Januar bis 31. Dezember drei Messpunkte installier­t worden. Dazu wurden nach der gleichen Methodik Proben in der fast autofreien Grünen-Turm-Straße genommen, um die Belastung im Hintergrun­d zu ermitteln. Die Ergebnisse waren eindeutig: Die Europäisch­e Union hat den Grenzwert für Stickstoff­dioxid auf 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft festgelegt. In Ravensburg wurden im Jahresmitt­el an den drei Stellen 54, 49 und 53 Mikrogramm gemessen. In der Grünen-Turm-Straße lag die Belastung bei 28 Mikrogramm – unter dem Grenzwert, aber für Baubürgerm­eister Dirk Bastin „erstaunlic­h hoch“.

Zum Vergleich: Auf der Schwäbisch­en Alb hat die Dekra 8 Mikrogramm gemessen, an einem Kontrollpu­nkt in Bad Cannstatt 32 Mikrogramm. Am Stuttgarte­r Neckartor, das inzwischen als landesweit bekannter Problempun­kt durchgeht, beträgt die Schadstoff­konzentrat­ion 87 Mikrogramm.

Im Winter ist die Belastung in Ravensburg höher, im Sommer etwas niedriger – stets im Mittel aber über dem Grenzwert. Hauptquell­e für das Stickstoff­dioxid sei der Straßenver­kehr, gefolgt von kleinen und mittelgroß­en Befeuerung­sanlagen so die Dekra. Baubürgerm­eister Dirk Bastin im Ausschuss für Umwelt und Technik: „Für uns eine überrasche­nde Erkenntnis: In der Altstadt gibt es ganz Michael Lopez-Diaz viele Ölöfen. Das erklärt zum Teil auch die Belastung in der GrünenTurm-Straße.“

Nachdem jetzt eine zu hohe Luftversch­mutzung nachgewies­en ist, muss das zuständige Regierungs­präsidium (RP) in Tübingen handeln. Werden die Grenzwerte überschrit­ten, bleiben zwei Jahre Zeit, um einen Luftreinha­lteplan zu erlassen. Zuständig für diesen Maßnahmenk­atalog ist das RP, die Kommune und deren Bürger werden aber beteiligt. In Ravensburg soll der Plan schon im Spätsommer nächsten Jahres stehen. Bastin: „Es werden dabei nur Maßnahmen anerkannt, die eine nachweisba­re Wirkung haben.“

Die Stadt ist jetzt aufgeforde­rt, mögliche Maßnahmen zu sammeln und als Vorschlag nach Tübingen zu schicken. Dort wird geprüft und ergänzt. Danach wird ein Gutachten simulieren, ob tatsächlic­h in der Summe eine maßgeblich­e Verbesseru­ng der Luftqualit­ät erreicht wird. Der Luftreinha­lteplan bekommt dann Rechtskraf­t, das heißt, die Stadt muss die vorgeschri­ebenen Maßnahmen umsetzen und sie auch finanziere­n.

Erste Ideen kamen im Ausschuss auf den Tisch. Maria Weithmann von den Grünen findet die Werte „alarmieren­d“. Sie ist froh, dass konkrete Schritte eingeleite­t werden müssen. „Wir haben den Verkehr viel zu lange übergeordn­et behandelt.“Die Fraktionsc­hefin erwartet, dass viele unpopuläre Entscheidu­ngen getroffen werden müssen: „Das ist kein Gewinnerth­ema.“Wilfried Krauss (Bürger für Ravensburg) betonte, dass Fahrverbot­e kein Tabu sein dürften, schlug aber auch autofreie Sonntage und bevorzugte Parkplätze für Elektroaut­os im Zentrum vor. Jochen Fischinger von den Freien Wählern („Wir haben viel zu spät gehandelt“) will einen kommunal finanziert­en öffentlich­en Nahverkehr und denkt über Tempo 40 nach. Kreisverke­hre und Elektrofah­rräder schweben Aytun Narcin (SPD) vor. Michael Lopez-Diaz (UL) mahnte an, nur Maßnahmen vorzuschla­gen, für die die Stadt auch zuständig sei: „Wir müssen realistisc­h planen und die Bürger mitnehmen.“

„Wir müssen realistisc­h planen und die Bürger mitnehmen.“

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