Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Ravensburg muss über Fahrverbote diskutieren
Regierungspräsidium Tübingen schreibt Luftreinhalteplan vor
- Das Regierungspräsidium Tübingen wird voraussichtlich bis Spätsommer 2018 einen Luftreinhalteplan für Ravensburg erlassen. Amtlich anerkannte Messungen der Prüfgesellschaft Dekra im Auftrag der Stadt haben ergeben, dass die Grenzwerte für Stickstoffdioxide im Jahresschnitt teilweise erheblich überschritten werden. Mögliche Konsequenzen dieser nachgewiesenen Luftverschmutzung sind unter anderem Tempolimits und Fahrverbote.
Wie die „Schwäbische Zeitung“berichtete, hat die Dekra im Jahr 2016 die Luft in Ravensburg untersucht. An der vielbefahrenen Schussenstraße waren vom 1. Januar bis 31. Dezember drei Messpunkte installiert worden. Dazu wurden nach der gleichen Methodik Proben in der fast autofreien Grünen-Turm-Straße genommen, um die Belastung im Hintergrund zu ermitteln. Die Ergebnisse waren eindeutig: Die Europäische Union hat den Grenzwert für Stickstoffdioxid auf 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft festgelegt. In Ravensburg wurden im Jahresmittel an den drei Stellen 54, 49 und 53 Mikrogramm gemessen. In der Grünen-Turm-Straße lag die Belastung bei 28 Mikrogramm – unter dem Grenzwert, aber für Baubürgermeister Dirk Bastin „erstaunlich hoch“.
Zum Vergleich: Auf der Schwäbischen Alb hat die Dekra 8 Mikrogramm gemessen, an einem Kontrollpunkt in Bad Cannstatt 32 Mikrogramm. Am Stuttgarter Neckartor, das inzwischen als landesweit bekannter Problempunkt durchgeht, beträgt die Schadstoffkonzentration 87 Mikrogramm.
Im Winter ist die Belastung in Ravensburg höher, im Sommer etwas niedriger – stets im Mittel aber über dem Grenzwert. Hauptquelle für das Stickstoffdioxid sei der Straßenverkehr, gefolgt von kleinen und mittelgroßen Befeuerungsanlagen so die Dekra. Baubürgermeister Dirk Bastin im Ausschuss für Umwelt und Technik: „Für uns eine überraschende Erkenntnis: In der Altstadt gibt es ganz Michael Lopez-Diaz viele Ölöfen. Das erklärt zum Teil auch die Belastung in der GrünenTurm-Straße.“
Nachdem jetzt eine zu hohe Luftverschmutzung nachgewiesen ist, muss das zuständige Regierungspräsidium (RP) in Tübingen handeln. Werden die Grenzwerte überschritten, bleiben zwei Jahre Zeit, um einen Luftreinhalteplan zu erlassen. Zuständig für diesen Maßnahmenkatalog ist das RP, die Kommune und deren Bürger werden aber beteiligt. In Ravensburg soll der Plan schon im Spätsommer nächsten Jahres stehen. Bastin: „Es werden dabei nur Maßnahmen anerkannt, die eine nachweisbare Wirkung haben.“
Die Stadt ist jetzt aufgefordert, mögliche Maßnahmen zu sammeln und als Vorschlag nach Tübingen zu schicken. Dort wird geprüft und ergänzt. Danach wird ein Gutachten simulieren, ob tatsächlich in der Summe eine maßgebliche Verbesserung der Luftqualität erreicht wird. Der Luftreinhalteplan bekommt dann Rechtskraft, das heißt, die Stadt muss die vorgeschriebenen Maßnahmen umsetzen und sie auch finanzieren.
Erste Ideen kamen im Ausschuss auf den Tisch. Maria Weithmann von den Grünen findet die Werte „alarmierend“. Sie ist froh, dass konkrete Schritte eingeleitet werden müssen. „Wir haben den Verkehr viel zu lange übergeordnet behandelt.“Die Fraktionschefin erwartet, dass viele unpopuläre Entscheidungen getroffen werden müssen: „Das ist kein Gewinnerthema.“Wilfried Krauss (Bürger für Ravensburg) betonte, dass Fahrverbote kein Tabu sein dürften, schlug aber auch autofreie Sonntage und bevorzugte Parkplätze für Elektroautos im Zentrum vor. Jochen Fischinger von den Freien Wählern („Wir haben viel zu spät gehandelt“) will einen kommunal finanzierten öffentlichen Nahverkehr und denkt über Tempo 40 nach. Kreisverkehre und Elektrofahrräder schweben Aytun Narcin (SPD) vor. Michael Lopez-Diaz (UL) mahnte an, nur Maßnahmen vorzuschlagen, für die die Stadt auch zuständig sei: „Wir müssen realistisch planen und die Bürger mitnehmen.“
„Wir müssen realistisch planen und die Bürger mitnehmen.“