Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Kieler erobern Pokal-Thron zurück
Zehnter Sieg – THW holt Cup im Prestige-Duell mit Erzrivalen Flensburg
(SID/dpa) - Alfred Gislason war außer Rand und Band. Nach der Rückkehr auf den Pokal-Thron tanzte der Meistertrainer des THW Kiel ausgelassen mit seinen Spielern über das Parkett, ließ sich von Nationalspieler Patrick Wiencek huckepack nehmen und reckte schließlich freudestrahlend die Trophäe in den Lamettaregen. Nach drei Jahren Abstinenz und einer komplett titellosen Saison hat sich der THW Kiel mit einem beeindruckenden Final-Triumph gegen den SG Flensburg-Handewitt und dem zehnten Pokalsieg zurückgemeldet. „Dieser Titel bedeutet mir sehr viel. Für diese Mannschaft ist das eine tolle Belohnung“, sagte Gislason nach dem 29:23 (13:12)-Erfolg gegen den Liga-Tabellenführer: „Das war ein Meilenstein für unser Team.“Auch Manager Thorsten Storm war begeistert: „Das tut der Mannschaft, den Spielern und dem ganzen Club gut.“
Tief enttäuscht war dagegen Flensburgs Trainer Ljubomir Vranjes. „Das tut unheimlich weh, aber man muss anerkennen, dass der THW einfach besser war“, sagte der Schwede, der die Bundesliga nach der Saison in Richtung Ungarn verlässt: „Wir werden uns jetzt zwei Tage ärgern und dann wieder aufstehen.“Auswirkungen auf den weiteren Verlauf der Meisterschaft befürchtet Vranjes nicht.
Einer der Kieler Matchwinner war neben dem unermüdlichen Kapitän Domagoj Duvnjak Torhüter Niklas Landin, der die Flensburger Angreifer mit spektakulären Paraden immer wieder entnervte. „Ja, das war ein überragendes Spiel“, sagte Landin: „Mit diesem Sieg fällt viel Druck von uns ab, es war der erste Titel für diese neue, junge Mannschaft, das ist sehr wichtig für die weitere Entwicklung.“Bester Werfer des Rekord-Pokalsiegers, der das Final Four zuletzt dreimal verpasst hatte, war Duvnjak mit sieben Treffern, der trotz einer schmerzhaften Überlastung der Patellasehne im Knie zum Einsatz kam. Seit Wochen schiebt er die notwendige Operation hinaus. Als Herz und Hirn der Mannschaft will der THW nicht auf ihn verzichten. Seine Bedeutung erwiese er erneut im Finale.
Den Grundstein für den verdienten Erfolg legten die Kieler aber mit einer bärenstarken Defensive und einem überragenden Landin im Tor.
Die Kieler waren als Außenseiter in die Partie gegangen, spielen seit Monaten holprig. Weil der erfolgsverwöhnte THW in dieser Bundesliga-Saison kaum noch über Chancen auf die Meisterschaft verfügt, hatte Trainer Gislason den Pokalsieg als Aufgabe von höchster Priorität eingestuft und seine Mannschaft optimal auf den Favoriten eingestellt.
Für die SG, bei der Rasmus Lauge, Kentin Mahe und Holger Glandorf mit jeweils vier Toren am häufigsten trafen, war die Partie eine weitere Episode einer bitteren Finalbilanz: Bei der siebten Endspiel-Teilnahme nacheinander hatten die Nordlichter bis auf 2015 immer das Nachsehen. Im sechsten Pokalfinale gegen den THW blieb Flensburg zum fünften Mal nur zweiter Sieger.
Doch bekamen die 13 200 Zuschauer in der ausverkauften Barclaycard Arena von Beginn an beste Handball-Unterhaltung geboten. Die Strapazen der Halbfinalspiele vom Vortag waren den Spielern nicht anzumerken. Kiel, das 24 Stunden zuvor den SC DHfK Leipzig 35:32 bezwungen hatte, setzte im Angriff vor allem mit Duvnjak und Kreisläufer Patrick Wiencek Akzente.
Liga-Spitzenreiter Flensburg, der am Vortag den deutschen Meister Rhein-Neckar Löwen mit 33:23 demontiert hatte, schöpfte zunächst Kraft aus der Breite seines exquisiten Kaders. Nach der Pause hatte das Team von Coach Vranjes allerdings nichts mehr zuzusetzen. Während seine Spieler kaum mehr zum Abschluss kamen, berauschten sich die THW-Spieler phasenweise an sich selbst und zogen unnachahmlich davon, feierten jede gelungene Aktion schon wie den Pokalsieg. Beim Stand von 21:15 (44.) war die Partie praktisch entschieden. In der Folge entwickelte sich ein offener Schlagabtausch, in dem vor allem die beiden Keeper Glanzlichter setzten.