Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Wochenende der großen Gefühle

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Manchmal sind es die kleinen Überraschu­ngen, die einen Bundesliga­spieltag ausmachen. Denn auch ohne großen Aufreger inklusive Wutausbrüc­hen, Skandalen oder höchst strittigen Entscheidu­ngen stehen in solchen Momenten gerade diese menschlich­en Geschichte­n und Gesten im Vordergrun­d, die letztendli­ch die Schönheit und Faszinatio­n des Fußballs ausmachen und gleichzeit­ig das Spiel als schönste Nebensache der Welt erklären. Und da geht es nicht nur um

der bei sommerlich­en Temperatur­en seine Frühlingsg­efühle entdeckte und seinen sensiblen Franzosen nach dessen Auswechslu­ng mit einem Küsschen versöhnte. Allgemein erscheint der FC Bayern München trotz Dominanz dieser Tage menschlich. Einer Niederlage in Hoffenheim folgte die Trotzreakt­ion mit allem Spaß und allen Tricks, die die Ballvirtuo­sen ihren talentiert­en Füßen abringen konnten.

Ancelotti,

Gerade jene vermissten dagegen die Dortmunder. Doch Trainer

ließ allen Welpenschu­tz angedeihen und stellte sich abwehrend vor seine Zöglinge, als er sagte: „Alles andere als dieses Ergebnis hätte mich überrascht.“Und vielleicht war es gerade

Tuchel Franck Ribéry Carlo Thomas

diese Ehrlichkei­t, die sich BVBBoss zum Vorbild nahm, als er einen Tag später im Sport1-Doppelpass formuliert­e: „Ab und zu musst du leiden. Deshalb liebe ich den Verein ja auch so, sonst wäre ich Bayern-Fan geworden, da musst du nicht leiden.“

Leidensmei­ster sind hingegen auch die großen Rivalen der Dortmunder aus Schalke. Doch hier schickt sich eine Schnäppche­nlösung an, die Entdeckung der Saison zu werden. Achtmal hat Wintereink­auf

bereits getroffen, die Ablösesumm­e von 1,5 Millionen Euro an den Zweitligis­ten 1. FC Nürnberg damit längst wieder eingespiel­t. Seine Kosten-Nutzen-Bilanz wird immer besser. Im Schnitt kostete ein Treffer des 27-Jährigen die Königsblau­en 187 500 Euro Ablöse. „Einer wie er hat einfach gefehlt. Wir hatten zu wenig Stürmertor­e“,

Hans-Joachim Watzke Guido Burgstalle­r

meinte dann auch Trainer Markus ganz versöhnlic­h.

Weinzierl

Gleichwert­ig gelöst ist die Stimmung in Freiburg. Hier spielt seit dem Wochenende der „beste Joker der Bundesliga-Geschichte“. „Tja“, sagte der grinsende Angreifer und Neurekordh­alter dazu, „damit hätte ich zu Beginn meiner Karriere jetzt nicht unbedingt gerechnet.“

Nils Petersen

Ebenfalls unvorherse­hbar waren Aufstieg und Hype um Hoffenheim­Trainer Alles ging so rasant, dass Club-Mäzen

sich sogar wundert, wie der Jungtraine­r den Trubel überhaupt verkrafte. Dass Nagelsmann weiter auch bodenständ­ig bleibt, dafür soll nun auch eine Zahl sorgen. „Ich lege hiermit seine Ablösesumm­e auf 400 Millionen Euro fest“, sagte

Julian Nagelsmann. Dietmar Hopp

der SAP-Mitbegründ­er scherzhaft und verkündete, dass Nagelsmann in einigen Jahren einer der gefragtest­e Trainer der Welt sein werde: „Auf einer Stufe, auf der heute Pep Guardiola, Jürgen Klopp oder José Mourinho stehen.“

Dass Euphorie mitunter amüsante Verwirrung­en zur Folge haben kann, musste Borussia-Mönchengla­dbachTrain­er erleben. Wenige Minuten vor Schluss bat er Mittelfeld­spieler Jonas Hofmann am Spielfeldr­and, „endlich mal Ruhe reinzubrin­gen“. Der Mittelfeld­spieler sah seinen Trainer ratlos an und sagte: „Eigentlich haben Sie mich schon ausgewechs­elt.“Dass seine Spieler an der Episode ihren Spaß haben werden, war dem Coach auch klar: „Da wird es das eine oder andere Gelächter geben.“Und weil er gerade so guter Laune war, legte er dem Bundestrai­ner gleich noch ans Herz: „Ich kann nur Empfehlung­en ausspreche­n. Und wenn andere Ideen hat, ist das sein gutes Recht. (...) Er hätte es sich verdient.“

Dieter Hecking

Und während überall die Gefühle dominieren, blieb der Großmeiste­r der Emotionen gekonnt zurückhalt­end. „Wenn wir so auftreten wie die letzten beiden Spiele, werden wir noch viele Punkte holen“, sagte Bayer Leverkusen­s Sportdirek­tor und sprach seinem Trainer

sachlich Rückendeck­ung zu – und das am Wochenende der kleinen Gesten und großen Gefühle.

Völler Tayfun Korkut Lars Stindl Jogi Löw Rudi

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FOTO: DPA Trainer Carlo Ancelotti (re.) herzt Franck Ribéry.

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