Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Wenn der Wutbürger die Tür öffnet
CDU-Wahlkämpfer bereiten sich auf den Wahlkampf im Herbst vor – Motivation mittels App
- Eine große Kiefer-Haustür steht in der zweiten Etage des Adenauer-Hauses in Berlin. Wer klingelt, erlebt Überraschungen. „Gehen Sie doch wieder weg“, schreit ein originalgroßer „Wutbürger“auf dem Bildschirm, „sonst hole ich die Polizei.“Wer mehr Glück hat, wird von einer liebenswürdigen Hausfrau empfangen, die gleich noch zum Kuchen einlädt. Wie reagiert man richtig? Die CDU bereitet ihre Helfer auf den Haustürwahlkampf vor.
„Dieser Wahlkampf wird anders“verspricht CDU-Generalsekretär Peter Tauber seit Langem. Dass auch im Adenauer-Haus etwas anders wird, hatte er nicht gedacht. Die Wahlkampfzentrale der CDU sei jetzt das Kanzleramt, schimpft die Opposition, nachdem Kanzleramtschef Peter Altmaier mitverantwortlich zeichnen soll. Das kommt einer Teilentmachtung des CDU-Generalsekretärs gleich.
Doch Generalsekretär Peter Tauber zeigt sich nach außen hin unbeeindruckt und lächelnd. Er sei der Wahlkampfleiter – und als solcher präsentiert er Journalisten den „Maschinenraum“, wie er die in eine Wahlkampfzentrale umfunktionierte zweite Etage des Adenauer-Hauses nennt.
Die Partei bereitet sich akribisch auf einen Haustürwahlkampf vor. Geklingelt wird dort, wo man CDUnahe Wähler erwarten kann. Die Wahlhelfer kommen zu zweit oder dritt, sind freundlich und verteilen Werbematerialien. Dabei geht es darum, im Minutentakt viele Menschen zu erreichen. „Nur Eierlikör trinken mit ausgewählten Wählern hilft nicht“, meint Tauber in Anspielung auf Peer Steinbrück, der vor vier Jahren sein tapferes Versprechen, auf ein Gläschen Eierlikör vorbeizukommen, bei einer Familie in Edesbüttel einlöste, die allerdings ohnehin SPD wählte.
Der Tür-zu-Tür-Wahlkampf steigere den Erfolg nachweislich, heißt es im Adenauer-Haus. So seien im Saarland 50 000 Bürger besucht und in der letzten Woche noch einmal 25 000 Haustüren abgeklappert worden. Ist das nicht der gute alte Wahlkampf wie vor 30 Jahren, als die Kandidaten an den Türen klopften? Nicht ganz, denn auch der Haustür-Wahlkampf läuft jetzt digital ab.
Die Kanzlerin ruft an
Zusätzliche Motivation sollen die Helfer durch eine App erhalten. Wer 60 Haustüren hinter sich hat, gilt als „Hansdampf in allen Gassen“, nach 120 Türen ist man ein Marathonläufer. Und wer bundesweit am meisten getan hat, wird in der WahlkampfZentrale angezeigt. An diesem Tag sind es Oliver Schatta aus Braunschweig, Maximilian Z. aus Berlin und Roger Schenk aus Stuttgart. Belohnung: Angela Merkel will regelmäßig die besten zehn Wahlkämpfer anrufen und sich persönlich bedanken. Schließlich sei sie ja viel mit dem Auto quer durch die Republik unterwegs und habe dann auch mal Zeit anzurufen, so Tauber.
Junge Union stark vertreten
An 30 Schreibtischen in der Wahlkampfzentrale sitzen On- und Offliner, Agenturmitarbeiter, Helfer und viele von der Jungen Union zusammen. Dazwischen gibt es Sitzecken und Studios. „Ihr müsst mir helfen“, hatte Angela Merkel auf dem jüngsten CDU-Parteitag die Delegierten beschworen, daran erinnert Peter Tauber. Der Generalsekretär demonstriert, wie er selbst an der Wahlkampf-Übungstür den Wutbürger übersteht. Und hat sogar einen kleinen Seitenhieb parat. „Die Tür zu Peter Altmaiers Büro zeige ich jetzt nicht.“