Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Herzog lässt zwei Dörfer niederbrennen
Vor 500 Jahren hat Ulrich von Württemberg in Zwiefaltendorf und Untermarchtal gewütet
(hi) - Weil ihn seine Frau verlassen hatte, hat Herzog Ulrich von Württemberg vor fast genau 500 Jahren die Plünderung und Brandschatzung der Dörfer Zwiefaltendorf und Untermarchtal veranlasst. Herzog Ulrich von Württemberg (1487 bis 1550), in Reichenweier/Elsass geboren, war ein eigenwilliger, heißblütiger Fürst, der vor keiner Gewalttat zurückschreckte. Um die Hintergründe der Taten zu verstehen, muss man in die unheilvolle Kindheit des Herzogs blicken und somit seine Wesensart ergründen.
Die Mutter starb bei der Geburt von Ulrich. Sein Vater Graf Heinrich von Württemberg, der geistig gestört war, wurde 1490 – Ulrich war gerade drei Jahre alt – auf dem Hohenurach festgesetzt. Ulrichs Großvater, Graf Eberhard im Bart, seit 1495 von Kaiser Maximilian zum Herzog erhoben, nahm den neunjährigen Ulrich zu sich. Dichter Julius Kerner bezeichnete im 19. Jahrhundert nach „Melanchthons Erzählungen“und der Auffassung seines Volkes, Graf Eberhard im Bart als den „reichsten Fürsten“. Doch Eberhard im Bart starb schon 1496 – ein weiterer Schicksalsschlag für Ulrich. Vormund wurde dann sein Onkel Eberhard II. Doch Kaiser Maximilian setzte in Verbindung mit der Ständegemeinschaft, Herzog Eberhard II im Jahre 1498 ab.
1503 wurde Ulrich, nun 16-jährig, vom Kaiser für volljährig erklärt und mit dessen Nichte, Sabina von Bayern, verlobt. Jetzt konnte Ulrich selbstständig die Regierung des Herzogtums Württemberg ausüben. Seine diversen Vormunde litten selbst unter den misslichen, familiären und politischen Konstellationen. Ulrichs Ausbildung wurde dabei vernachlässigt. Höfische Prachtentfaltung, adlige Standeskultur wie zum Beispiel das Jagdwesen, waren bei dem Herzog ausgeprägt und machten den Stuttgarter Hof zu einem der prunkvollsten im Reich. Doch humanistische Bildungsinhalte oder Kenntnisse im Lateinischen wurden Ulrich nie vermittelt. Rücksichtsloser Eigensinn, gepaart mit tiefem Misstrauen gegenüber Personen seiner Umgebung, belasteten die Regierungszeit des Herzogs. Die Ehe mit Sabina von Bayern brachte zwei Kinder hervor: 1513 Tochter Anna und 1515 Sohn Christoph, den späteren Herzog ab 1550 bis 1568.
Bauernkrieg wurde vorübergehend befriedet
Mit harter Hand und unter Vermittlung und Einfluss des Tübinger Vogts Konrad Breuning wurde der Bauernkrieg des „Armen Konrad“brutal und unter Ulrichs Zugeständnissen durch den Tübinger Vertrag von 1514 zunächst befriedet. Der Tübinger Vertrag, zu dem sich Ulrich nur ungern bequemte, brachte dem Land keinen Frieden. Der eigenwillige und heißblütige Ulrich schritt von Gewalttat zu Gewalttat.
Im Mai 1515 erstach Ulrich auf der Jagd im Schönbuch seinen Stallmeister Hans von Hutten, zu dessen Gattin ihn eine heftige Leidenschaft erfasst hatte. Die unselige Tat veranlasste den Humanisten und Dichter Ulrich von Hutten, einen Verwandten des Ermordeten, den Herzog in erbitterten Flugschriften zu brandmarken. Die Gebrüder Breuning und den Cannstatter Vogt Vaut, die den Dichter Ulrich von Hutten unterstützten, ließ der Herzog wegen angeblichem Landesverrat hinrichten. Auch gegen die kaiserliche Acht von 1516 bis 1518 konnte sich Ulrich behaupten. 1515 – nach der Mordtat Ulrichs – verließ seine Gattin Herzogin Sabina den Hof in Stuttgart und fand Unterschlupf beim Uracher Obervogt Dietrich von Speth. Diesem gehörten die Orte Untermarchtal, Zwiefaltendorf, Hettingen und Gammertingen.
Untermarchtal und Zwiefaltendorf waren nur kurz Aufenthaltsorte der Herzogin Sabina auf der Flucht vor Ulrich. Ulrichs Zorn stieg unermesslich an, als er die beiden Fluchtorte immer verlassen von seiner Gattin antraf. Seine furchtbare Rache mündete in die „schwärzesten Tage der Orte“. Er plünderte und zündete alle Häuser der beiden Orte samt Schloss und der „Dorfkirche auf dem Berg“in Untermarchtal an. Beim kaiserlichen Rat Renner in der vorderösterreichischen Stadt Ehingen fanden die flüchtige Herzogin Sabina und ihre Begleiter Schutz. Ehingen war ein Ort jenseits der Landesgrenze und da griff Ulrich nicht ein. Den nahen Weiler Gütelhofen und Klosterort von Marchtal, konnte dessen Abt Johann Haberkalt durch seine Vermittlung retten.
Auf einer Feste in Hohentübingen festgesetzt
Schließlich wurde Ulrich wegen Landesfriedensbruch auf der Feste Hohentübingen festgesetzt. Dabei fiel sein Sohn Christoph in die Hände seiner Feinde. Von 1519 an wurde Ulrich über die Bergfeste Hohentwiel und dem württembergischen Besitz Mömpelgard im französischem Burgund nahe der Stadt Belfort bis 1526 festgehalten.
Ulrichs Versuche zur Rückeroberung scheiterten mehrmals. 1534 bis zum Ende der Regierungszeit 1550 war Ulrich wieder im Herzogtum Württemberg und setzte mit den Reformatoren Blarer, Schnepf und Brenz in seinem württembergischen Besitztum die neue lutherische Orientierung durch. Nach dem Tod Ulrichs wurde 1550 dessen Sohn Christoph Herzog von Württemberg. Obwohl auch er eine von familiären Auseinandersetzungen überschattete Kindheit und Jugend hatte, wurde er von hochgebildeten Erziehern in der Staatskunst ausgebildet. 1541 söhnte er sich mit seinem Vater Ulrich aus, seine administrative Zusammenarbeit mit den Ständen war wegweisend und er zog mit seiner Gattin Anna-Maria von Brandenburg-Ansbach zwölf Kinder auf.