Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Fremdsprachenunterricht soll erst in Klasse 3 beginnen
Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) will damit Lehrermangel in der Grundschule vorbeugen
- Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) will unter anderem mit einem späteren Start der ersten Fremdsprache den Lehrermangel bekämpfen. „Ich kann mir vorstellen, dass wir die Fremdsprachen in der Grundschule erst ab Klasse 3 beginnen lassen und dadurch rund 630 Deputate gewinnen“, sagte sie in Stuttgart. Diese sollen in den Grundschulen als sogenannte Poolstunden zur Stärkung von Lesen, Schreiben und Rechnen belassen werden.
Bislang beginnen baden-württembergische Schüler – anders als in vielen anderen Bundesländern – in der ersten Klasse, Englisch und entlang des Rheins Französisch zu lernen. Grundschulen sind die einzige Schulart, die nicht über Poolstunden verfügt, in denen Lehrer flexibel auf Stärken und Schwächen der Schüler eingehen.
Gewerkschaft ist verärgert
GEW-Landeschefin Doro Moritz reagierte verärgert. „Es ist ein Armutszeugnis, wenn die notwendige Förderung in der Grundschule nur durch die Kürzung der Fremdsprache finanziert wird“, sagte Moritz im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“.
Es müssten zusätzliche Stellen her. Moritz erinnerte daran, dass es die damalige CDU-Landeskultusministerin Annette Schavan war, die den Fremdsprachenunterricht an Grundschulen einführte. „Das Argument war, dass Kinder sehr früh sehr unbefangen mit der Fremdsprache umgehen.“Auch die Kinder, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, hätten könnten mit Fremdsprachen „Erfolgserlebnisse“haben. Der grüne Koalitionspartner signalisierte Beratungsbedarf. „An den Grundschulen werden die Grundlagen für den Bildungserfolg gelegt. Dafür brauchen die Grundschulen selbst eine solide Grundlage: gut ausgebildete und hoch motivierte Lehrer in ausreichender Zahl“, sagte Bildungsexpertin Sandra Boser.
Die Grünen erwarteten von Eisenmann einen Plan zur Absicherung der Unterrichtsversorgung so rechtzeitig vor der Sommerpause, dass die Fraktionen darüber gemeinsam mit ihr beraten und geeignete Maßnahmen definieren könnten. In jüngsten Studien waren Qualitätsprobleme beim Unterricht in BadenWürttemberg offenkundig geworden. Zudem droht infolge einer gewaltigen Pensionierungswelle eine Lücke bei den Lehrern. Die Schwierigkeit, Lehrer zu gewinnen, werde sie in den kommenden vier Jahren beschäftigen, sagte Eisenmann. Danach würden sich Angebot und Nachfrage wieder die Waage halten. Sie habe das Problem von ihren Vorgängern geerbt: „Zurruhesetzungen fallen nicht vom Himmel – da hätte man vor Jahren die Weichen anders stellen können.“
Eisenmann sagte: „Wir sind bei der Versorgung mit Pflichtunterricht auf Kante genäht.“Der Landeselternbeirat spricht von den schlimmsten Ausfällen von Unterricht seit zehn Jahren. Eisenmann erklärte, sie verstehe die Sorgen der Eltern, wenn punktuell Unterricht ausfalle. „Man muss da aber auch keine überzogenen Horrorszenarien an die Wand malen.“
Betroffen sind die kleinen Grundschulen auf dem Land, die Fächer Mathematik und Physik sowie die Sonderpädagogik. Derzeit fehlten 1700 Lehrer. „Das heißt aber nicht, dass 1700 Klassen ohne Lehrer dastehen.“Die Lücke werde etwa durch Mehrarbeit, Vertretungen und aus der Elternzeit vorzeitig zurückkehrende Pädagogen geschlossen.