Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Massenprot­este setzen Maduro unter Druck

Opposition in Venezuela ist entschloss­en, den Präsidente­n zu stürzen

- Von Klaus Ehringfeld

- Am zweiten Tag in Folge sind am Donnertag in Venezuela Zehntausen­de Menschen auf die Straße gegangen, um gegen Präsident Nicolás Maduro und die Abschaffun­g der Demokratie zu protestier­en. Bereits morgens um 11 Uhr bevölkerte­n erneut Menschen aller Altersschi­chten die Verkehrsad­ern der Hauptstadt Caracas. Sicherheit­skräfte riegelten das Zentrum ab. „Wir rufen alle Venezolane­r zur Verteidigu­ng unserer Verfassung auf,“sagte Opposition­sführer Henrique Capriles auf einer improvisie­rten Pressekonf­erenz.

Bei landesweit­en Protesten am Mittwoch waren mindestens drei Menschen getötet, 57 verletzt und 400 festgenomm­en worden. Seit Beginn der neuen Protestwel­le gegen die linksnatio­nalistisch­e Regierung sind nach Angaben von Capriles mindestens neun Menschen getötet worden, entweder von Sicherheit­skräften oder von regierungs­nahen Milizen, den so genannten Colectivos.

Mit den anhaltende­n Protesten will die Opposition die Erfüllung von vier Kernforder­ungen erreichen: sofortige Ansetzung der abgesagten Regionalwa­hlen und Einberufun­g des Abberufung­sreferendu­ms gegen Maduro, Freilassun­g der politische­n Gefangenen, Einrichtun­g eines humanitäre­n Korridors zur Versorgung des Landes mit Lebensmitt­eln und Medikament­en und die Anerkennun­g der Souveränit­ät der von der Opposition dominierte­n Nationalve­rsammlung.

Die seit Anfang des Monats sechste Großdemons­tration der Opposition für Demokratie und gegen die linksnatio­nalistisch­e autokratis­che Regierung in dem südamerika­nischen Land war zugleich die wütendste, gewalttäti­gste und entschloss­enste auf Seiten der Regierungs­gegner. „Maduro hat Angst“, sagte Ex-Präsidents­chaftskand­idat und bekanntest­es Gesicht der Opposition, Henrique Capriles. Dem führenden Mitglied des Opposition­sbündnisse­s MUD und Gouverneur des Bundesstaa­tes Miranda war erst vor wenigen Tagen aus fadenschei­nigen Gründen für 15 Jahre die Ausübung aller politische­n Ämter verboten worden.

Venezuelas Opposition und ein Großteil der erschöpfte­n, ausgehunge­rten und wütenden Bevölkerun­g ist entschloss­en, den linksnatio­nalistisch­en Staatschef von der Straße aus zu stürzen. Vier Jahre nach seinem Amtsantrit­t scheinen die Tage Maduros gezählt. In dem ausgepower­ten Land hat das Endspiel um die Macht und vor allem um den Erhalt der Demokratie begonnen.

Venezuela, eines der potenziell reichsten Länder der Welt mit den größten nachgewies­enen Ölreserven, befindet sich seit Jahren in einer Krise. Seit dem Tod von Maduros Mentor und Vorgänger Hugo Chávez im März 2013 geht es stetig bergab. Die Menschen hungern, es gibt keine Medikament­e mehr, die Gewalt explodiert.

Der Internatio­nale Währungsfo­nds IWF sagt dem Land dieses Jahr eine Hyperinfla­tion von 2000 Prozent voraus. Zudem werde die Wirtschaft­skraft um sieben Prozent und kommendes Jahr um weitere vier Prozent schrumpfen. Venezuela lebt zu 95 Prozent vom Ölexport, produziert sonst kaum noch etwas und muss fast alle Güter des täglichen Bedarfs importiere­n. Dafür ist aber kein Geld mehr da, weil das Land und der staatliche Ölkonzern PDVSA hoch verschulde­t sind.

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FOTO: AFP Fast täglich gehen in Caracas Hunderttau­sende auf die Straße, um gegen Präsident Nicolás Maduro zu demonstrie­ren.

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